»Es wäre gut, wenn wir aus jedem Dorf etwas hätten«

Ortsheimatpfleger-Versammlung / Aus kleinen Orten »lieber weniger als gar nichts« / Udo und Marco Strohmeier berichten

»Es gibt einiges zu berichten«, kündigten Dr. Elke Heege und Willi Hoppe vom Vorstand des Einbecker Geschichtsvereins beziehungsweise als Leiterin des Stadtarchivs bei der jüngsten Sitzung der Ortsheimatpfleger der Stadt Einbeck an. Die Teilnehmer hörten Neues aus der Arbeit im vergangenen Jahr, und Udo und Marco Strohmeier gaben Einblick in ihre der Erforschung der Historie von Holtershausen.

Einbeck. Als neuen Ortsheimatpfleger von Immensen, gerade eben erst vom Ortsrat gewählt, stellte Ortsbürgermeisterin Ingeborg Cramm Karl-Friedrich Heise vor. Zur Erforschung alter Flurnamen habe der Geschichtsverein »Aratora« aus Einbecks Partnerstadt Artern ein hilfreiches Formblatt erarbeitet, es könne über das Internet herunterladen werden, so Willi Heise. Zu den besonderen Ereignissen des vergangenen Jahres zählten die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Albert Behrens aus Sülbeck und die Erweiterung des Museums in Salzderhelden. Für 2011 sind aus dem Kreis der Ortsheimatpfleger verschiedene Termine angekündigt worden: Über das Jahr verteilt werden Jubiläumsfest der Vereine sowie andere ortstypische Veranstaltungen begangen. Im Stadtmuseum eröffnet am 22. Mai die Ausstellung »Angekommen, aufgenommen«, die die Integration der Patschkauer in Einbeck nach dem Zweiten Weltkrieg zeigt. Das 25-jährige Bestehen der Ortsheimatpflege in Einbeck soll im Oktober auf der Heldenburg gefeiert werden. 

»Einen ganzen Stapel« Berichte hat Willi Hoppe für 2010 erhalten, in denen Ortsgeschichte anschaulich dokumentiert und somit festgehalten wird. Alles geht ins Archiv, wo es für jeden Ort einen Ordner gibt. Mit Blick auf das Jubiläum der Ortsheimatpflege stellte er fest, dass noch einige Vertreter der ersten Stunde in diesem Kreis dabei seien. Es sei aber bedauerlich, dass einige noch nichts geliefert hätten. Das sei sehr schade für die Orte, denn nicht alles könne aus der großen Geschichte abgeleitet werden. »Wir sind Ortschronisten«, verwies er auf die wichtige Arbeit im Kleinen. Es müsse ja nicht viel sei, vielmehr komme es darauf an, flächendeckend für alle Dörfer etwas zu haben. Hilfreich wäre es sicher, wenn die Ortsräte das Thema in den Blick nehmen würden und dort einmal pro Jahr ein Bericht über die Arbeit der Ortsheimatpflege abgerufen werde. Die Meldungen, so Willi Hoppe, müssten  nicht unbedingt auf den Formblättern erfolgen, und wenn in kleinen Dörfern wenig passiere, dann sei dieses Wenige besser als gar nichts.

Dass die Beschäftigung mit alten Akten und Urkunden zuweilen sehr spannend sein kann, berichtete Walter Hahn aus Avendshausen: Einen Zufallsfund habe er gemacht, denn über das Internet könne man die Liste der in Russland verbliebenen Soldaten aus dem Jahr 1812 einsehen, zu finden unter dem Stichwort Leutnant Meier. Hier habe er auch Soldaten aus der Region entdeckt. Zudem sei er auf einen rund 200 Jahre alten Mordfall gestoßen. Dazu werde er die Prozessakten studieren.

Aus Salzderhelden berichtete Klaus Sommerlatte vom Kultur-Förderkreis, dass das Museum seine Ausstellungsfläche fast verdreifachen konnte. Nächste Ziele waren die Restaurierung von Bohrturm und Solebehälter. Derzeit bemühe man sich um Fördermittel, um wieder  Sole zu Schauzwecken fördern zu können. Guten Nutzen für den Ort hatte die Dorferneuerung für Rengershausen, erläuterte Gudrun Schulze, das Programm habe viel gebracht.

Weiter wurde berichtet, dass alte Häuserlisten ab 1850 bei Gericht einzusehen sind. Das 150-jährige Bestehen der Kapelle Kuventhal kündigte Willi Hoppe an. Er habe dazu eine Geschichte zusammengestellt, die nach dem Jubiläumsgottesdienst im Sommer präsentiert werde. Die Kapelle, eigentlich eher schmucklos, sei der dritte Bau auf diesem Platz, bisher ließen sich die Vorgänger bis 1592 zurückverfolgen.

70 Einwohner und 16 Häuser, das ist das Dorf Rengershausen. Ortsheimatpfleger Udo Strohmeier kümmert sich, unterstützt von Sohn Marco, seit 1989 um die Geschichte des Dorfes. »Aller Anfang war schwer«, blickte er zurück, zunächst habe er keinerlei Aufzeichnungen vorgefunden. Ein Ortswappen, was sich auf früher hier ansässige Mönche und einen 1991 wiederentdeckten Brunnen bezieht, wurde 1993 entworfen. 1998 konnte die 850-Jahr-Feier begangen werden. Ältere Quellen zeigten, dass man längste die 1.000-Jahr-Feier hätte durchführen können. 2010 wurde am Mönchelieth eine Bank mit Schautafel und Kreuz aufgestellt.

Nachforschen, sammeln, archivieren – viel Zeit verwendet Udo Strohmeier für seine Aufgaben, und er hatte viele wertvolle Hinweise: So sei es wichtig, Erzähltes schriftlich festzuhalten. Leihgaben sollte man schnell zurückgeben, und man müsse mutig genug sein, die Bürger um um Funde zu bitten. Unterlagen des Katasteramtes seien bei der Arbeit ebenso hilfreich wie alte Karten oder Luftbilder sowie Dokumente in Staatsarchiven. Sehr nützlich seien Mails und Internet, so könne man schnell neue Quellen erschließen und Kontakte knüpften.

Die älteste existierende Urkunde über Haholdeshusen stamme aus dem Jahr 1148, aber vermutlich gab es hier schon vor dem Jahr 1000 einen sächsischen Edelhof. Der Ortsname veränderte sich bis 1715 mehrmals, dann war von Holtershausen die Rede. Auf die Existenz eines Klosters beziehungsweise auf die Ansiedlung von Mönchen deuteten verschiedene Flurnamen hin. Chronist Harland ging 1868 ebenfalls auf das Thema ein: Möglicherweise habe es ein kleines Vorwerk des Klosters Amelungsborn hier gegeben, »nach heutiger Vorstellung war es aber kein Kloster«, machte Strohmeier deutlich. Interessant sei auch ein Steinwerk, über das es 1385 eine Urkunde über eine Verpfändung gab. Ein solcher Speicher war ein Zufluchtsort für den Adel, schützte gegen Feuer und Räuber. Der Edelhof habe vermutlich ein solches Steinwerk gehabt. Ein interessantes Luftbild, so Strohmeier weiter, stamme vom April 1945, aufgenommen vor dem Einmarsch der Amerikaner.

Die Internetseite www.holtershausen.de ging 1997 an den Start. Neue Erkenntnisse werden von Marco Strohmeier stets schnell eingearbeitet. Jedes verfügbare Dokument seit dem achten Jahrhundert ist mit Quellenangaben einzusehen. Es gibt ein Gästebuch und einen Sagenschatz. »Wenn erst einmal eine Grundlage gelegt ist, kann man das leicht fortführen«, sagte er mit Blick auf den damit verbundenen Arbeitsaufwand. Auch er lobte die Möglichkeiten des Internets: Man finde viel, für das man früher mühsam habe recherchieren müssen.ek