»Färben und schneiden ist das A und O«

Seit Montag haben die Friseure wieder geöffnet | Kundenansturm ist groß

Mund-Nasenschutz so gestaltet, dass die Haare gut geschnitten werden können: Walter-Wilhelm Funcke war als einer der ersten Kunden im Salon Fittger – mit auf dem Foto Inhaberin und Friseurmeisterin Doris Fittger und Friseurin Katrin Spick.

Einbeck. Manch einer fühlt sich mit seinem derzeitigen Haarschnitt wie Robinson Crusoe, andere griffen angesichts des ungefärbten Haaransatzes zum Hut oder bändigten die ungewollte Mähne mit eigenen Schnitt-Versuchen: Nach sieben langen Wochen haben die Friseure ihre Türen wieder aufgeschlossen.

Die Zwangsschließung hat der Salon Fittger genutzt, um den Salon auf Vordermann zu bringen. Alle Anforderungen des Pandemie-Arbeitsplans des Friseurhandwerks sind umgesetzt. Mitarbeiter müssen genauso wie Kunden einen Mundschutz tragen, und es darf nur am gewaschenen Haar gearbeitet werden. Stellwände trennen die Kunden ab, laufend wird desinfiziert Trockenhaarschnitte fallen aus. Laufkundschaft wird nicht angenommen, eine Terminvergabe erfolgt telefonisch oder seit Montag auch an der Tür.

»Das Telefon steht nicht still«, sagt Friseurmeisterin Doris Fittger. Mittlerweile beträgt der Vorlauf zwei Wochen. »Wir sind für die Kunden da, sind flexibel«, unterstreicht sie. Das Wiederhochfahren sei für den Betrieb existenziell, denn die beantragten Gelder seien noch nicht eingetroffen.

Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe, Mundschutz – alles musste beschafft werden. Deshalb mussten auch die Preise angehoben werden.

Das Arbeiten unter Mundschutz ist nicht angenehm, aber es muss sein. Die Kunden verlangen Haarfärbungen und Schnitte. »Färben und Schneiden ist derzeit das A und O.« Wenn das Wetter gut ist, kann sogar im Garten die Schere angesetzt werden, so dass nicht nur die im Salon begrenzte Kundenzahl bedient werden kann.

Auch in anderen Friseursalons in Einbeck wurde der Start heiß ersehnt. Sogar am Montag, sonst traditioneller Ruhetag in vielen Betrieben, wurde diesmal geöffnet. Das Telefon klingelte nahezu pausenlos, und auch die Türglocke schellte. Aber: »Zutritt bitte nur mit Gesichtsmaske«, hieß es immer wieder – und es wurde ebenso nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Maske auch während der Behandlung getragen werden muss. Auf Kaffee und Zeitschriften, um etwa die Zeit unter der Trockenhaube oder des Einwirkens von Haarfarbe zu überbrücken, müssen die Kunden derzeit verzichten.
Zu den veränderten Arbeitsbedingungen kommt als zusätzlicher bürokratischer Aufwand eine neue »Verordnung des Landes zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Coronavirus«, die die niedersächsischen Friseure zur Erfassung der Kontaktdaten aller Kunden mit dreiwöchiger Speicherung beziehungsweise Aufbewahrung verpflichtet.

Bundesweit dürfen Friseursalons bestimmte Leistungen noch nicht anbieten, die zu nah am Kunden stattfinden: Augenbrauen- und Wimpernfärben, Rasieren und Bartpflege.

»Letztendlich ist es der niedersächsischen Interessenvertretung des Handwerks zu verdanken, die mit Nachdruck die Öffnung gefordert hat, dass nicht hunderte Salons in die Insolvenz gehen und somit tausende Gesellinnen und Auszubildende entlassen werden müssen«, sagt Handwerkspräsident Delfino Roman. »Weil Haarewaschen jetzt Pflicht ist, weniger Kunden in einer Arbeitswoche bedient werden können und eventuell Rückstände für Fixkosten und Rechnungen auf Seiten der Betriebe anfallen, sind Preiserhöhungen für einen Haarschnitt absolut gerechtfertigt«, schlussfolgert Roman. »Alle Salons sollten bitte realistisch einschätzen, ob sie ihre Preise an die Gegebenheiten anpassen sollten. Ich bin mir sicher, dass die meisten Kunden dafür vollstes Verständnis haben.«sts/oh/ek