Frauen sollen nicht so streng sein mit den Männern

Kabarettist Stephan Bauer analysiert die Geschlechterrollen auf bissig-lustige Weise / Frauen wünschen sich richtige Männer

»Auf der Suche nach dem verlorenen Mann« ist ein echtes Stephan Bauer-Programm über die durcheinander geratenen Geschlechterrollen der heutigen Zeit. Selbstironisch und ehrlich überzeugte Bauer das Einbecker Publikum mit Kabarett und Comedy auf hohem Niveau.

Einbeck. Mit Scharfblick beleuchtete er die Lieblingsthemen der vermeintlichen Spaßgesellschaft und nahm die Rollenklischees seiner Zeitgenossen boshaft aufs Korn. Da waren zunächst die Männer: Sie haben zuhause heute kaum noch was zu sagen. Ihre natürlichen Charaktereigenschaften sind verkommen zu einem »labbrigen Händedruck«. 75 Prozent der Bücher werden nicht nur von Frauen gelesen,  sie können den Inhalt auch noch wiedergeben. Mittlerweile bleibe dem Mann nur noch die Möglichkeit, sein Selbstvertrauen aus Extrem-Sportarten zu ziehen – wobei »Free Willi« das Herumlaufen mit offener Hose bedeute. Die Frauen heutzutage aber verlangten einen durchtrainierten Körper. Der Besuch eines Fitness-Studios bedeutete für den Kabarettisten, der beim Einbecker Publikum ausgesprochen gut ankam, aber eine »Nah-Tod-Erfahrung«.

Zurückzuführen ist sein Minderwertigkeitskomplex auf eine schwere Kindheit: Selbst seine einzigen zwei Freunde, die nur in seiner Fantasie existierten, spielten ohne ihn. Seine Eltern hatten komische Angewohnheiten: Die Mutter konnte ihren Sohn nicht loslassen, freute sich zum Valentinstag selbst über dreckige Wäsche in einer herzförmigen Schachtel. Der Vater glänzte durch Nicht-Wissen, verglich Transvestiten und Transsexuelle mit Stalaktiten und Stalakmiten. Seine Mutter schwärmte nicht für Lex Barker, sondern für Meister Propper. Und die Familie war so arm, dass in der Buchstaben-Suppe nur der I-Punkt schwamm. Und dennoch: Die Mutter scheint die einzige Frau zu sein, die den Sohn ein bisschen versteht.

Dass sich Paare mit Kindern verändern, stand für Bauer außer Frage. Das »Zeugen Jehovas«-Spiel mit der Tür-vor-der-Nase zuschlagen kommt nicht bei allen Muttis gut an, schon gar nicht bei »Waldorf-Uschis mit Doppelnamen«. Frauen, stellte Bauer fest, wollen einen echten Mann. Aber müsse der sich nicht auch um echte Fragen kümmern: Warum hat Mineralwasser, das jahrhundertelang durch Gestein fließt, ein Haltbarkeitsdatum?Auf manche Fragen gibt es keine Antwort, dennoch hatte Bauer einen Appell an die starken Frauen parat: Sie sollten nicht so streng sein mit ihren Männern. Denn die Frauen haben auch ihre Macken – beispielsweise den Deko-Wahn oder ihre Defizite beim Auto fahren.

Die Frauen wünschten sich aber immer noch richtige Männer – und so bevorzugte Bauer dann auch die harten Zahnbürsten, nicht die sensitiven – auch, wenn er literweise Blut spucken muss beim Zähne putzen. Leider können die heutigen Frauen auch nicht mehr kochen, wenn sie die Kinder zum Essen rufen, laufen diese zum Auto. Allerdings sei die Gastronomie mit »feuchten Bierdeckeln mit Maggi« auch keine Alternative. Aber nicht nur die erstarkten Frauen mit ihren Unzulänglichkeiten bekamen ihr Fett weg, auch die Männer mussten Kritik einstecken: dass sie Hypochonder sind, dass sie zum Putzen nicht nur eine Putz-, sondern besser eine Trümmerfrau brauchen. Denn in der Single-Küche laufen mittlerweile die »Käfer vom Band«.Am Ende konnte Bauer feststellen: Wer­bungs­versuche des Mannes, mit »Fick dich ins Knie« zu beantworten, basieren auf keiner gültigen mathematischen Grundlage: Denn Frau hat sich bei dieser Ansage schlicht und einfach verrechnet.

Große Kunst auf kleiner Bühne hatte Dieter Linne vom KulturRing am Anfang des Abends versprochen – und dieses Versprechen erfüllte Stephan Bauer aufs Beste.  sts