Freispruch für den Angeklagten

Mehrfacher Handel von Betäubungsmitteln war nicht nachweisbar

Einbeck. Ein 31-jähriger Einbecker war vor dem hiesigen Amtsgericht angeklagt, mehrfach zwischen November 2019 und Januar 2020 Betäubungsmittel zum gewinnbringenden Weiterverkauf erworben zu haben. Die Taten konnte ihm nicht nachgewiesen werden, alle Zeugen entlasteten ihn. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidiger sprachen sich für einen Freispruch aus, dem folgte das Schöffengericht unter der Leitung von Richterin Martina Sievert.

Über mehrere Verhandlungstage zog sich der Prozess hin. Zahlreiche Zeugen wurden geladen – einige kamen erst nach telefonischer Auffor­derung oder gar nicht. Bei Nichterscheinen wurden Ordnungsstrafen auferlegt. Der Hauptbelastungszeuge, der wegen ähnlicher Vergehen kürzlich zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt wurde, wollte zuerst keine Aussage machen. Anschließend gab er zu, dass der Angeklagte ihn mehrfach besucht habe, um sich Werkzeug oder Material auszuleihen. Veräußerungen von Betäubungsmitteln fanden seinen Angaben zufolge nicht statt.

Früher habe er zwei oder mehr Gramm Marihuana täglich konsumiert, räumte der Angeklagte ein. Jetzt sei es weniger, er versuche »davon wegzukommen«. Er lebe »vom Amt«, teilte er mit, sei auf der Suche nach Arbeit in einer Einrichtung und möchte mit seiner neuen Freundin ein besseres Leben führen. Lange genug habe er Probleme mit der Polizei gehabt, er wolle ruhiger und unbeschwerter die Zukunft bestreiten. Den Hauptbelastungszeugen kenne er, da er sich von ihm ab und zu Dinge ausgeliehen habe. Die Vorwürfe, dass er mehrfach jeweils 100 Gramm Marihuana zum Weiterverkauf erworben habe, stimmten nicht.

Der Angeklagte vermutete, dass eine weitere Person, von der er einen E-Scooter sehr günstig gekauft habe, ihn »angeschissen« hätte. Nachträglich gab es Ärger über den Preis, der Verkäufer wollte mehr als die vertraglich festgelegte Summe. Als dies abgelehnt wurde, gab es wohl die ausgedachten »Anschwärzungen« bei Jugendamt und Polizei.

Bei der Durchsuchung seiner Wohnung wurden eine große Menge Geld sowie etwas Cannabis gefunden. Die Summe habe er über Monate zusammengespart, um sich etwas Schönes zu leisten, erklärte der Angeklagte, die Betäubungsmittel gehörten dem Mitbewohner.

Hilfe bekam er von seiner Schwester, die für ihn kocht, ihn in Dingen unterstützt und die auch als Zeugin aussagte. Bei den Streitigkeiten wegen des E-Scooters setzte sie den gültigen Vertrag auf. Die Vorwürfe, dass ihr Bruder mit Betäubungsmitteln handele, habe sich der Verkäufer ausgedacht, da er mehr als das vereinbarte Geld haben wollte, sagte sie.

Weitere Zeugen erklärten, dass sie den Angeklagten schon längere Zeit kennen würden, aber nicht wüssten, ob er Drogen konsumiere. Ein ehemaliger Mitbewohner bestätigte, dass ihm das Cannabis gehörte. Vor Gericht wurde er kürzlich rechtskräftig verurteilt.

Die Wohnung des Angeklagten wurde durchsucht, da es entsprechende Hinweise gab, erklärte ein Polizeibeamter als Zeuge. Neben einigen Drogen wurden auch Umverpackungen mit der DNA des Mitbewohners gefunden. Bei der Observierung des Hauptbelastungszeugen tauchte der Angeklagte mehrmals auf, Handel konnte man ihm nicht nachweisen.

Unter laufender Bewährung stehe der 31-Jährige, erklärte die Bewährungshelferin. Sie betreue ihn schon einige Jahre; mit der Zeit habe er sich verbessert. Die vergangenen 18 Monate wurde er zugänglicher. Er habe einen ambulanten Betreuer; ein Gutachter von 2015 bescheinigt ihm Arbeitsunfähigkeit. Es gab Überlegungen, ihn in einer Einrichtung einzugliedern, damit er eine Tagesstruktur bekomme, doch sei er ungeimpft, was das Vorhaben erschwere.

Denkprozesse seien bei dem Angeklagten verlangsamt, und er benötige in vielen Bereichen Unterstützung, doch liege insgesamt eine positive Entwicklung vor, sagte die Bewährungshelferin.

Der Hauptbelastungszeuge stützte die Aussage des Angeklagten, dass er keinen Handel mit Betäubungsmitteln betrieben habe. Da keine weiteren Beweismittel vorlagen, sprach sich die Staatsanwaltschaft für Freispruch aus. Dem schlossen sich Verteidiger und Schöffengericht an. Die Tatvorwürfe konnte man im Prozess nicht erhärten, sie wurden bestritten, sagte Richterin Martina Sievert. Alle Zeugen widersprachen den Anschuldigungen. Für eine Verurteilung gebe es keinen hinreichenden Grund, daher sei der Angeklagte freizu­sprechen.mru