Freispruch für den Angeklagten

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nicht nachweisbar

Einbeck. In der Wohnung eines 61-Jährigen in der Einbecker Südstadt fand die Polizei im Januar 2019 1,7 Kilogramm Marihuana im Keller. Vor dem Schöffengericht Einbeck war er angeklagt wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Das Vergehen konnte ihm nicht sicher nachgewiesen werden, da auch der Stiefsohn als Hauptbelastungszeuge von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machte.

Weiteres belastendes Material fand die Polizei nicht auf den drei ausgelesenen Smartphones des 61-Jährigen, auch nicht im Keller – weder Feinwaage noch gestückeltes Geld. Einträge im Strafregister sind nicht vorhanden, der Einbecker trat bisher noch nie negativ in Erscheinung. Das Schöffengericht folgte mit dem Freispruch der Forderung von Staatsanwaltschaft und Verteidigung.

Verpackt in Kühltaschen

Mit anonymen Briefen und Aussagen des Stiefsohns nach körperlichen Auseinandersetzungen wurde der 61-Jährige bezichtigt, mit Betäubungsmitteln zu handeln. Bei Durchsuchungen der Wohnung, der Garage und des Kellers fand die Polizei im Januar 2019 1,7 Kilogramm Marihuana. Verstaut war die große Menge in zwei Kühltaschen und eine Plastiktüte. Zudem wurden 19 Plastik-Kleinbeutel sichergestellt. Auf dem Verschluss von einem waren Fingerspuren von mehreren Personen zu erkennen – unter anderem auch vom Angeklagten.

Der 61-Jährige bestritt den Tatvorwurf, er wusste auch nicht, wie und woher die Betäubungsmittel in den Keller kamen. Die Vermutung äußerte er, dass sein Stiefsohn dahinterstecken könnte. Mit ihm gebe es schon länger Streitigkeiten, die bis zu körperlichen Auseinandersetzungen reichten. Der Stiefsohn brach dem Angeklagten auch schon die Nase. Teilweise wohnte der jüngere Mann mit in der Wohnung des 61-Jährigen und seiner kranken Frau.

Damals litt er unter Psychose, teilte der Stiefsohn mit, jetzt lebe er in einer Einrichtung für betreutes Wohnen. An die Vorfälle könne er sich nicht erinnern, sagte er und berief sich danach auf sein Aussageverweigerungsrecht.

Im Juni 2018 gab es eine körperliche Auseinandersetzung zwischen den beiden Männern, teilte ein Polizeibeamter mit. Gemeldet wurde eine Bedrohung mit dem Messer in der Wohnung der Familie in der Südstadt. Beim Eintreffen der Beamten stellten sie beim Stiefsohn keine Verletzung fest. Der Angeklagte war beim Eintreffen der Polizei nicht vor Ort. Als er rund zehn Minuten später wiederkam, hatte er Verletzungen. Ein Messer mit Blutspuren fand man nicht vor Ort. Im Anschluss wurde der Stiefsohn der Wohnung verwiesen; dabei äußerte er die Vermutung, dass der Angeklagte mit Drogen handele.

Anonymer Brief

Dies wurde erhärtet, als eine anonymer Brief mit Fotos bei der Polizei Einbeck einging. In dem Schreiben wurde der Angeklagte ebenfalls des Handels mit Betäubungsmitteln beschuldigt. Auf den Fotos waren Drogen und eine Hand zu sehen. Das Interieur glich der Wohnung des Angeklagten, die Hand auch seiner.

Eine Bestätigung durch den Stiefsohn gab es nicht. Feststellen konnte man auch nicht, wann die Bilder erstellt wurden. Spezifische Kennzeichnungen der Aufnahmen fehlten. Ob es sich um die gleichen Betäubungsmittel wie die bei der Durchsuchung im Keller gefundenen, handelte, entzog sich der Nachweisbarkeit. Es gab belastende Hinweise, eine Anklage zu erheben, teilte die Staatsanwältin mit.

Bei der Durchsuchung im Januar 2019 fand man 1,7 Kilogramm Marihuana. Der Angeklagte wies den Beamten den Weg in den unverschlossenen Keller und war über den Befund überrascht. Er bat die Polizisten darum, nichts seiner kranken Frau zu sagen.

Da es in dem Haus noch weitere Wohnungen gibt, in der mehrere Personen leben, bestehe die Möglichkeit, dass jemand anderes die Betäubungsmittel in den Keller gelegt habe. Weiteres belastendes Material wurde nicht gefunden, vom Stiefsohn gab es keine Aussagen. Der bestehende Verdacht erhärtet sich nicht, für eine Verurteilung reiche es nicht aus. Daher sprach sie sich für einen Freispruch aus.

Es gebe viele Mutmaßungen, sagte der Verteidiger. Die Anklagepunkte wurden nicht bewiesen. Belastende Indizien fehlen, Observationen und Telefonauslesung ergaben nichts. Dass der Stiefsohn dahinterstecke, das könne gut sein – stellte aber nur eine Vermutung dar. Wie die Staatsanwältin beantragte er Freispruch.

Tatvorwurf nicht erhärtet

Dem folgte das Schöffengericht. Es gab Indizien für eine Täterschaft, so Richterin Martina Sievert, die Anhaltspunkte reichen aber nicht für eine Verurteilung aus. Verwertbare und konkrete Angaben gab es vom Stiefsohn nicht, er verweigerte die Aussage. Ohne Befund blieben Observationen und Telefondurchsuchung. Typische Utensilien wie Feinwaage oder gestückeltes Geld fand die Polizei ebenfalls nicht. Kooperativ zeigte sich der Angeklagte bei der Durchsuchung und erklärte den Beamten den Weg zum unverschlossenen Keller. Weiter liegen keine Eintragungen im Strafregister vor. Der Tatvorwurf wurde in der Hauptverhandlung nicht erhärtet, so dass es für den 61-jährigen Angeklagten einen Freispruch gab.mru