Freude, Frust – und der gespannte Blick nach vorn

Stadtratswahl: Parteien bewerten den Wahlausgang vom Sonntag / Wahlgewinner: GfE und die Grünen / Verluste bei CDU, FDP, SPD

Erwartungsgemäß auf unterschiedliche Weise haben die Ratsfraktionen und die weiteren Parteien den Wahlausgang vom Sonntag kommentiert. Freude bei den einen, Frust bei den anderen – und wenig Ansatz zur Selbstkritik bei denen mit den dicken Verlusten. Zugleich ging der Blick auf weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit.

Einbeck. Nicht nur den Wählern, sondern gerade auch den Wahlhelfern dankte die SPD-Fraktionsvorsitzende im Rat, Margrit Cludius-Brandt, für ihren Einsatz: »Das war echte Arbeit, der Wahlzettel hat vermutlich viele fast zur Verzweiflung gebracht.« Sie freue sich über das Ergebnis ihrer Partei und auch über ihr persönliches Resultat, so die Politikerin, die als einzige Kandidatin mehr als 1.100 Stimmen erreichen konnte. Die SPD hat zwei Sitze verloren, sie ist mit 14 Abgeordneten im Rat vertreten. Es werde eine »schwierige Konstellation« geben, vermutet sie mit Blick auf die künftige Zusammensetzung des Rates. Aus dem Stand könne sie dazu keine Aussage machen, wie’s gehen könnte. »Das wird eine große Herausforderung, daraus für Einbeck etwas Vernünftiges zu stricken«, sagt sie mit Blick auf die sechs Gruppierungen, die es im Rat geben wird. Allen wolle sie aber zu ihrem Erfolg gratulieren. Es komme künftig darauf an, aufeinander zuzugehen und viele Gespräche zu führen. Sie freue sich darüber, dass die SPD weiter die stärkste Kraft in Einbeck sei.

»Insgesamt bringt die Wahl ein interessantes Ergebnis«, stellt der CDU-Fraktionsvorsitzender Dirk Ebrecht fest. »Wie auch bei der letzten Wahl haben SPD und Bürgermeister zwar die meisten Mandate, aber eben keine Mehrheit.« Seine Fraktion hat fünf Sitze verloren, ist von 14 auf jetzt neun Mandate abgesackt. Mit dem Auftreten der Wählergemeinschaft habe sich die bürgerliche Seite weiter aufgeteilt, das sei so zu erwarten gewesen. Die Prozent- und Mandatsverschiebungen zeigten, dass die Sitze der Wählergemeinschaft schwerpunktmäßig aus der CDU und der FDP heraus gewandert seien. »Die Wählergemeinschaft und die Grünen beglückwünschen wir zu ihren Zugewinnen.« Die Frage sei nun, wie man die verbleibenden anderthalb Jahre bis zur nächsten Wahl mit der Situation umgehe und was man daraus mache. »Aus unserer Sicht bieten sich Möglichkeiten in jede Richtung«, so Ebrecht. »Für die Einbecker FDP ist der Wahlabend kein Grund zur Freude«, räumt der FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Reinhard Binder ein. Die Ratsfraktion hat sich von vier auf zwei Sitze halbiert. »Es ist uns nicht gelungen, für sachgerechte Arbeit Anerkennung zu bekommen. Die Wähler haben den ungedeckten Versprechungen der GfE mehr Vertrauen geschenkt als bei realistischer Betrachtungsweise machbar sein wird.« Die FDP werde auch aus einer Oppositionsrolle heraus ihre wesentlichen Ziele wie Ansiedlung von Handel oder die Fusion mit Kreiensen bei weitgehendem Erhalt der sozialen und kulturellen Errungenschaften weiterverfolgen. Maßstab für politische Entscheidungen werde weiter der Nutzen für Einbeck sein. Es sei gut, dass nach einer möglichen Fusion mit Kreiensen bereits in zwei Jahren erneut gewählt werden müsste. »Besonders ärgerlich ist das Wahlergebnis für uns in Salzderhelden«, so Dr. Binder weiter, der künftig das einzige FDP-Ortsratsmitglied im Flecken sein wird. Das Wahlsystem führe dazu, dass 12,6 Prozent Wählerstimmen dieselbe Repräsentanz im Ortsrat hätten wie fünf Prozent eines Einzelbewerbers. Dass die SPD, von der in der letzten Legislaturperiode nichts zu hören gewesen sei, nun stärkste Fraktion sei, entspreche nach FDP-Auffassung nicht den erbrachten Leistungen. Die Liberalen befürchten, dass viele angeschobenen Projekte nun einschlafen würden.

»Wir sind erfreut darüber, dass wir als einzige der bisher im Rat vertretenen Parteien Stimmen hinzugewinnen konnten«, zieht Dietmar Bartels ein zufriedenes Fazit für die Grünen. »Wir betrachten das als Bestätigung unserer bisherigen Politik, dennoch liegt das Ergebnis unter unseren Erwartungen.« Es sei sehr unwahrscheinlich, dass die Grünen bei einer künftigen Mehrheitsgruppe dabei sein würden. »Wir versuchen trotzdem, die im Wahlprogramm beschriebenen Ziele umzusetzen«, kündigt er an. »Besonders erfreut sind wir über das Ergebnis der Kreistagswahl: Aus allen fünf Wahlbereichen sitzt zukünftig ein Grünen-Vertreter im Kreistag.«

»Zunächst freuen wir uns, dass wir unser Mandat in Einbeck behaupten und stabilisieren konnten, obwohl wir uns in Einbeck etwas mehr erhofft hatten«, sagt Rainer Hamann, Die Linke, zum Wahlergebnis. Trotzdem sei das ein Erfolg. Die Situation sei für Einbeck nicht einfacher geworden, gerade vor dem Hintergrund, dass es eine neue Gruppierung in Form einer Bürgerliste, GfE, mit einem enormen Werbeaufwand in den Rat geschafft habe. Interessant werde sein, ob den Ankündigungen nun Taten folgten und sich ihr Handeln im politischen Alltagsgeschäft nicht nur auf Möncheplatz und Neustädter Kirchplatz reduziere. »Trotzdem Respekt und Gratulation von meiner Seite.« Während sich die Grünen-Kollegen im bundespolitischen Trend etablieren konnten, hätten FDP und CDU ihre Quittung für einen unausgewogenen sozialpolitischen Kurs in Bund, Land und nun auch vor Ort bekommen. Unklar bleibe die Richtung der SPD, das habe sie zwei Sitze gekostet. Er werde sich, so Hamann, vernünftigen Initiativen zur Sozialpolitik nicht verschließen und die Zusammenarbeit anbieten.

»Die Zahl des Wahlabends lautet: 21,51 Prozent«, so der Vorsitzende von »Gemeinsam für Einbeck«, GfE, Georg Folttmann, in einer Stellungnahme. Und noch eine Zahl werde in Erinnerung bleiben: GfE habe bei der Kommunalwahl aus dem Stand nur sechs Monate nach der Gründung acht Ratsmandate erreichen können. Eine neue politische Gruppierung ziehe in den Stadtrat ein. Bei der Wahl zum Kreistag war GfE ebenfalls erfolgreich und konnte zwei Mandate erringen. Der Vorstand der Unabhängigen Wählergemeinschaft dankt Wählern und Mitgliedern für die tatkräftige Unterstützung. »Nur durch eine breite Werbung für die Ziele der GfE konnten wir dieses Ergebnis erreichen«, erklärt der Vorsitzende. »Und dieses gute Ergebnis ermöglicht uns, im neuen Rat sachorientierte Politik zu verwirklichen – mit Transparenz und Offenheit im ständigen Dialog mit den Bürgern, so wie wir das versprochen haben. Wie wir uns genau positionieren und aufstellen werden, wird der Vorstand mit den gewählten Ratsmitgliedern noch beraten und erforderlichenfalls hierzu eine Mitgliederversammlung einberufen.«

»Es hat mich gefreut, dass so viele Wähler mir ihr Vertrauen geschenkt haben, trotz des geringen Werbeaufwandes«, sagt Einzelbewerber Holger Niedrig, für den es auf den letzten Metern doch nicht mehr für einen Sitz im Rat gereicht hat. »Dieses Vertrauen werde ich in meine politische Arbeit mit einfließen lassen, denn ich stehe, wie vor der Wahl angekündigt, jedem Bürger montags von 15 bis 17 Uhr für Sorgen, Nöte, Fragen und Antworten zur Verfügung.« Bürgernähe bedeute für ihn, so Niedrig, die Gedanken anderer aufzunehmen und direkt in den Rat zu tragen.ek