Rat Einbeck

Für Leser wird die Bibliothek jetzt wieder günstiger

Neue Gebührenordnung für die Bücherei beschlossen / Jahresgebühr statt Einzeltarif / Erhöhung teilweise zurückgenommen

Neue Benutzungsgebühren für die Stadtbiblio-thek Einbeck hat der Rat bei seiner jüngsten Sitzung mit den Stimmen von CDU, FDP und Grünen beschlossen. Damit wurde die zum Jahresbeginn in Kraft getretene Erhöhung teilweise zurückgenommen. Eine von der SPD vorgeschlagene noch stärkere Reduzierung der Gebühren fand keine Mehrheit. Dabei nutzten die Politiker das Thema erneut für einen Schlagabtausch über den richtigen Kurs zu dieser Streitfrage.

Einbeck. Für die SPD sagte Helmut Giesel, er habe nicht erwartet, »dass uns die Realität so schnell einholt.« In der Dezember-Sitzung des Rates, als die höheren Gebühren beschlossen worden waren, habe man schon einen »dramatischen Einbruch« bei den Nutzerzahlen befürchtet, und diese Befürchtungen seien von der Mehrheit auf dem »Altar der Haushaltskonsolidierung geopfert« worden. Die Bücherei sei in eine Situation geraten, die ihren Bestand gefährde. Es sei dabei nicht so, dass die SPD die Bibliothek schlecht rede, wie Dr. Ewald Hein-Janke, Grüne, es formuliert habe.

Vielmehr habe die Fraktion ein Auskunftsrecht, betonte Giesel, Fragen nach Nutzerzahlen seien erforderlich. Jetzt komme es darauf an, das Interesse an der Bibliothek - neu - zu wecken und zu überlegen, wie man Leser zurückgewinnen könne. Sie seien bereit zu zahlen, aber eben nicht in der gedachten Höhe. Die SPD-Fraktion schlage deshalb ergänzend zum Beschlussvorschlag vor, die Lesegebühr für Erwachsene auf 15 Euro pro Jahr festzusetzen und Kinder und Jugendliche freizustellen. Gerade sie könne und müsse man ans Lesen heranführen, und diejenigen, die den Fortbestand der Bibliothek wünschten, dürfe man nicht enttäuschen. Eine maßvolle, sozial ausgewogene Gebührenstruktur sei eine Garantie für den Fortbestand der Bibliothek, so Giesel.

Die Bücherei sei eine freiwillige Leistung des Haushalts, führte Walter Schmalzried, CDU, aus, und man müsse sich entscheiden, ob man mehr Kosten auf die Nutzer statt auf die Allgemeinheit umlegen wollte. Natürlich sehe die Mehrheit den Bildungsauftrag, aber es könne nicht so sein, dass nur wenige die Einrichtung nutzten, aber alle zahlten. Dass der Leser so viel stärker dafür zahle, diese Rechnung sei nicht aufgegangen, räumte er ein. »Aber der Haushalt entgleitet uns«, warnte er. Es sei wichtig, Entscheidungen zu überprüfen, aber nicht schon nach vier Wochen. Die zum Jahresbeginn getroffene Entscheidung sei der Bibliothek nicht zuträglich gewesen, sagte er, aber man habe jetzt den Mut zu sagen, dass es nicht geklappt habe und dass eine neue Grundlage notwendig sei, wenn es nicht nur Einnahmen, sondern auch eine Zukunft geben sollte. Selbst bei der neuen Struktur, die beispielsweise eine Flatrate vorsehe, zahle man trotzdem noch drauf. Nun hoffe man auf eine bessere Bilanz in der Zukunft. An die Eltern schickte er den Aufruf, als Leser ein gutes Beispiel zu sein und die Kinder in die Bibliothek zu schicken. Auf die Notwendigkeit, den Haushalt zu konsolidieren und dazu freiwillige Leistungen zu reduzieren, verwies Christian Grascha, FDP. Bei einem Defizit von 240.000 Euro pro Jahr seien das Ausgaben von 280 Euro pro Nutzer. Was man getan habe, sei skandalisiert worden. Es seien Kinder vorgeschickt worden, »die angeblich Leserbriefe geschrieben haben.« Von einem Herunterfahren der Leistungen für die Bibliothek hänge das Wohl und Wehe der Stadt nicht ab. Eine einheitliche Gebühr sei für ihn keine soziale Gerechtigkeit.

Kinder vorgeschickt zu haben, dieser Vorwurf entbehre jeglicher Grundlage, setzte sich Alexander Kloss, SPD, zur Wehr. Verantwortungsvoller Umgang mit der Bibliothek bedeute nicht, 12.800 Euro an Einnahmen auf »gigantische 83.000 Euro zu erhöhen«, wie die Mehrheit dies getan habe. Das seien 200 Euro pro Nutzer mehr, so etwas könne nicht funktionieren. Als seine Fraktion einen Rückgang um 70 Prozent nach acht Wochen publik gemacht habe, habe es Vorwürfe gegeben - jetzt stehe man vor dem Scherbenhaufen. Man wolle sich nicht freuen, dass man Recht behalten habe, sondern man müsse schnell verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen mit neuen Gebührensätzen. Mit entsprechenden finanziellen Angeboten wolle man zudem rasch neue Zielgruppen erschließen. »Sie haben uns den Fehdehandschuh hingeworfen, und wir haben ihn aufgenommen«, wandte sich Dr. Ewald Hein-Janke, Grüne, an die SPD. »Sie haben das Thema reichlich strapaziert«, gut sei das nicht gewesen. Immerhin seien Hartz-IV-Empfänger gebührenfrei, das sei doch wohl nicht unsozial. Bei der Haushaltskonsolidierung sitze der Politik die Faust im Nacken, die Situation werde immer schwieriger. Das neue Konzept, bei dem auch die Angestellten mitgewirkt hätten, könnte ein Erfolg sein. Die Idee, Kinder und Jugendliche nun freizustellen, höre sich populistisch an.

»Pathetisch und schwülstig« fand Dirk Ebrecht, CDU, die Diskussion auf SPD-Seite. Man solle doch die Kirche im Dorf lassen. Freiwillige Leistungen wie die Bibliothek könne sich die Stadt leisten, weil die Mehrheitsgruppe unter Schmerzen andere Maßnahmen durchgesetzt habe. »Sie waren immer nur dagegen«, sagte er in Richtung SPD. Weniger als drei Prozent der Einwohner nutzten die Bibliothek, auch diese Fakten müssten betrachtet werden. Selbst wenn die Nutzung komplett frei wäre, »würden nicht mehr Leute dorthin gehen.« Die Erhöhung sei nicht der Untergang des Abendlandes gewesen.

Die vorgeschlagene Freistellung junger Leser sei kein Wahlgeschenk, betonte Helmut Giesel, das habe die SPD schon immer gewollt. Ebrechts Aussagen entbehrten der politischen Substanz.

Mit den Stimmen von CDU, FDP und Grünen wurde die neue Gebührenordnung beschlossen.

Neue Gebühren für die Stadtbibliothek

Folgende Gebührensätze hat der Rat bei seiner jüngsten Sitzung für die Stadtbibliothek beschlossen: Die Ausleihgebühren betragen 24 Euro pro Jahr für Erwachsene und zwölf Euro für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr.

Für Bücher wird dann keine Einzelausleihgebühr mehr erhoben. Empfänger von Leistungen zum Lebensunterhalt können kostenlos ausleihen. Eine Einmal-Ausleihe für einen Monat kostet fünf Euro. Audio-visuelle Medien werden mit einem Euro pro Exemplar berechnet, Jugendliche zahlen 50 Cent.

Eine jährliche Flatrate gibt es für AV-Medien zu verschiedenen Gebührensätzen zwischen drei und acht Euro für Kinder und Jugendliche und sechs und 16 Euro für Erwachsene, je nachdem, ob CDs, Hörbücher, DVDs, Videos oder Konsolenspiele ausgeliehen werden. Damit soll auf die Bedürfnisse von Vielausleihern in diesem Bereich Rücksicht genommen werden.

Bei den neuen Sätzen habe man auf die Rückmeldungen der Bibliotheksnutzer geachtet, die sich gegen eine erhöhte Einzelausleihgebühr ausgesprochen hätten, die aber bereit seien, eine erhöhte Jahresgebühr zu zahlen, hieß es in der Verwaltungsvorlage. Nach der Regelung der Formalien soll die neue Gebührenordnung schon in dieser Woche in Kraft treten.ek