Für Versöhnung und Miteinander stetig einsetzen

Gottesdienst zum Volkstrauertag in der Münsterkirche St. Alexandri | Kranzniederlegung am Mahnmal

Bei der Kranzniederlegung erinnerte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek an die Opfer von Krieg, Hass und Gewaltherrschaft.

Einbeck. »Wir sind die Glücklichen, weil wir die Überlebenden sind. Nicht nur weil wir leben, sondern weil wir durch unser Wirken Sterben und Leid verhindern können«, zitierte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek beim Gottesdienst in der Münsterkirche St. Alexandri zum Volkstrauertag aus der Rede des deutsch-franzöischen Publizisten Alfred Grosser, die dieser 2014 zum 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges im Bundestag hielt. Seit sieben Jahrzehnten lebe man in Deutschland in Frieden; Krisenherde und Kriege gebe es weltweit jedoch weiter. Jeder solle Populismus entgegentreten, sich für Gemeinschaft, Freiheit und Frieden einsetzen sowie Gewaltherrschaft und Kriege mit Not, Leid und Sterben verhindern, rief sie auf.

Zu Beginn des Gottesdienstes erinnerte Pastorin Anne Schrader, dass der Volkstrauertag in Deutschland 1952 auf Anregung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge wieder eingeführt wurde. Die Ursprünge reichen bis in das Jahr 1922, als im Reichstag die erste offizielle Feierstunde durch den Volksbund stattfand, um das Gedenken an die Kriegstoten des Ersten Weltkrieges zu wahren. Die Nationalsozialisten wandelten den Volkstrauertag in einen »Heldengedenktag«. Nach 1945 erfolgte seine Abschaffung bis zur Wiedereinführung 1952. Gedacht wird der Toten und Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Es sei ein wichtiger Mahntag für den Frieden, so Schrader, jeder müsse sich für das friedliche Miteinander einsetzen – vor 100 Jahren am Ende des Ersten Weltkrieges, aber auch jetzt in der Gegenwart.

Ulrike Jaeger ging mit Psalm 126 auf die Hilflosigkeit und Verzweiflung der Trauernden ein. Aus Kriegen kehrten viele nicht zurück, diejenigen, die es schafften, vergaßen das Erlebte nie. Unzählige zerstörte Familien gab es, große Trauer herrschte. In Kriegsgegenden und in Gewaltregimen werde verfolgt, gequält und ermordet – die Menschen sehnen sich nach Frieden.

Egal, welche Krise vorliege, man müsse aufstehen, wenn man falle; umkehren, wenn man sich irre, mahnte Schrader. Gefährlich für jeden Menschen können Klimakatastrophen und Artensterben sein, aber ebenso mächtige Politiker mit populistischen Aussagen. Gräberschändungen wie in Northeim dürfe es nie wieder geben. Mit dem Kreiskonvent war sie vor geraumer Zeit in Coventry in England.

Dort entdeckte sie das Versöhnungsgebet, das mehrmals wöchentlich gesprochen wird und dies ende mit: »Seid untereinander freundlich, herzlich und vergebt einer dem anderen, wie Gott euch vergeben.« Es liege an jedem Einzelnen, dass die Welt nicht wieder in Trümmer liege, für den Frieden müsse man sich immer und überall einsetzen, so Schrader.

2018 werde an das Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren gedacht, der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, betonte Dr. Michalek. Mehrere Millionen Tote gab es, im Zweiten Weltkrieg wurde es noch schlimmer. Europa lag in Schutt und Asche. Es folgte der Kalte Krieg, aber auch 1989 die friedliche Revolution mit dem Sieg der Freiheit, der Einheit Deutschlands und dem Zusammenleben Europas.
Das diesjährige Motto des Volksbundes laute »Versöhnung über den Gräbern«. In den vergangenen Jahrzehnten wurden aus ehema-ligen Feinden Freunde.

Was 1963 mit dem Elysée-Vertrag begann, hat sich immer weiterentwickelt. Ihr sei kürzlich die große Ehre zuteil geworden, zu den Feierlichkeiten zum Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren nach Thiais geladen worden zu sein. Dort sagte sie, dass die gegenseitige Begegnung zu pflegen sei – man auch jüngere Mitmenschen immer wieder heranführen müsse. Man könne sich glücklich schätzen, im Frieden zu leben, daraus erwachse aber auch die Verantwortung: populistischen Strömungen entgegenzutreten sowie durch das eigene Wirken Sterben und Leid zu verhindern.

Der Gottesdienst wurde musikalisch vom Projektchor der Goetheschule unter Leitung von Annett Steinberg und Dorothea Wolfrum sowie Ulrike Hastedt an der Orgel begleitet. Anschließend ging es zum Einbecker Mahnmal zur Kranzniederlegung. Vertreter von DRK, THW, Feuerwehr und Stadtverwaltung sowie Politiker und Bürger waren zur Gedenkfeier gekommen. Zur Musik der Bläsergemeinschaft Kuventhal-Einbeck und einfühlsamen Worten von Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek wurden Kränze der Stadt Einbeck und des Volksbunds zum Gedenken niedergelegt.mru