Ganz Iber im Blaudruck-Fieber

Iber. Im Rahmen des Einbecker Blaudruckjahres ist das alte Waschhaus in Iber Ziel der Färberfreunde aus der Einbecker »Druckerbande« geworden. Mit Unterstützerinnen, die durch Initiatorin Elsa Höffker zusammen kamen, verwandelte sich der Pfarrgarten in eine lebendige Blaudruck-Experimentierlandschaft. Zahlreiche Menschen hatten Truhen und Dachböden durchstöbert und altes Leinen und Baumwollstoffe mitgebracht. So flatterten Nachthemden und Getreidesäcke, aufwändig bestickte Tischdecken und umhäkelte Wandbehänge in der Sonne.

Gerätschaften zur Stoffwäsche wurden von Ortsheimatpflegerin Hannelore Kretzer zur Verfügung gestellt. Nebenbei kamen Menschen verschiedener Generationen ins Gespräch und erzählten sich die Geschichten der Stoffe. Bei bestem Wetter konnten sich die Menschen verschiedenen Alters ein Wochenende lang beim ersten Färbersommer in Iber an verschiedenen Stationen kreativ austauschen und handwerkliche Möglichkeiten wieder entdecken. Christine Höltje gab einen Einblick in das filigrane Verfahren der Nähbatik, Ursula Schlimme unterstützte beim Direktdruck. Unter Anleitung von Übungsleiterin Angelina von YoungART gestalteten viele Kinder mit Schablonen und Stempeln Taschen, Shirts und Fahnen. Auf diese Weise konnten 23 Konfirmanden der Kirchengemeinden Iber-Odagsen und Dassensen-Wellersen ihre eigenen Konfi-Turnbeutel bedrucken. »Das hat echt Spaß gemacht. Am liebsten hätten wir noch viel mehr bedruckt«, betonten sie.

Das »BlaudruckLAB« der »Druckerbande« stellte für den Anlass eine Küpe her, damit im traditionellen Sinn das Färben mit Indigo erlebt werden konnte. Leinen wurde achtsam ins Färbebad getaucht, bei dem Anke Halm unterstützend zur Seite stand. Faszinierende Muster entstanden bei der japanischen Abbindetechnik Shibori und beim Stoffbad und Veredeln mit Michaela Detlof von Detlof Design. Wilfried Hentschel ließ sich bei der Arbeit des Formstechens über die Schulter schauen, er stellte ein Kreuz-Model her. »So viele Stoffschätze wurden mitgebracht, ihre Geschichten sind rührend«, schwärmte die Projektleitung des Blaudruckjahres, Patricia M. Keil. »Wir haben es geschafft, eine Verbindung zwischen Stadt und Land herzustellen«, freute sich Elsa Höffker. Am Abend feierten viele Teilnehmer im Pfarrgarten eine Andacht zum Thema »Stoffgeschichten«. Musikalisch begleitet wurden sie vom Projektchor JoSis unter der Leitung von Marcus Manig und der Kirchenkreis-Gospelband unter der Leitung von Matthias Vespermann. »Ein neues Kleid anziehen« steht in der Bibel häufig sinnbildlich für den Glauben, und so war es leicht, biblische mit den Stoffgeschichten der Kleider vor Ort zu verknüpfen. »Mein mitgebrachtes Nachthemd gehörte meiner Oma Marie, die 1888 geboren wurde.

Es ist schön, dass der Stoffgeschichte neues Leben eingehaucht wird«, so Teilnehmerin Almuth Hacke. Durch ein Stoffbad in gelber Farbe bekam dieses Nachthemd neuen Glanz, es wird nun wieder getragen. Am Ende wehte ein selbst gefärbtes Taufhemd im Wind, das eine Woche später von einem kleinen Jungen bei seiner Taufe im Pfarrgarten getragen wurde. Auch unter der Woche wurde weiter gefärbt: Einen ganzen Tag lag konnten Schüler der Grundschule Drüber eigene Taschen und ein Schulbanner herstellen. Eine Gemeindegruppe der Kirchengemeinde Stöckheim war fröhlich beim Blaudruck dabei, und am Kindergottesdiensttag zum Thema Taufe wehten ebenfalls blau bedruckte Fahnen im Wind. Nach dem ersten Färbersommer in Iber waren alle Beteiligten erschöpft, aber glücklich, denn so viele Kleidungsstücke hingen auf den Wäscheleinen und schienen, als wären sie aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt worden. Im nächsten Jahr soll der Färbersommer wieder am letzten Juniwochenende stattfinden.oh