Gruß vom Gasthaus »Reinserthurm«

Einbeck. Im Februar 1907 ging diese sparsam beschriebene Ansichtskarte (Prosit!) des Gasthauses »Reinserthurm« (alte Schreibweise) an Wilhelmine Niebuhr in das Ostertor 1, der Villa von August Stukenbrok. Wilhelmine war die Verlobte eines der Unterzeichner, Curt Richter.

Eigentlich war sein richtiger Vorname Kurt, aber das C gab dem Vornamen einen vornehmen Touch. Richter arbeitete zu diesem Zeitpunkt seit vier Jahren für Stukenbrok und zeichnete sich jetzt schon als einer der erfolgreichsten Mitarbeiter aus. Später sollte er es zum zweiten Mann in der Firmenhierarchie bringen. Wilhelmine wohnte bei ihrer besten Freundin Dorothea Stukenbrok, der Ehefrau des Firmeninhabers.

Das Gasthaus »Reinserthurm« war eines der beliebten Einbecker Ausflugslokale. Heute ist nicht mehr viel von der damaligen Sommerfrische vorhanden. Das Gebäude ist im Prinzip noch wie auf der Postkarte vorhanden, nur nicht mehr ganz so schön. Auch vom Außengelände finden sich heute noch Spuren: Auf der gegenüberliegenden Straßenseite erkennt man steinerne Tische und Bänke im verwachsenen ehemaligen Biergarten.

Den Namen hatte die Gaststätte vom Reinser Turm, einem der Einbecker Landwehrtürme. Die mehr als 20 Kilometer lange Landwehr war die erste Verteidigungslinie vor der Stadtbefestigung, sie wurde ab dem Ende des 14. Jahrhunderts angelegt. Noch älter ist an diesem Standort das untergegangene Dorf Reinhardessen.

Aus diesem Namen entwickelten sich die Bezeichnungen Reinersen und schließlich Reinsen. Wann genau der Ort wüst fiel, lässt sich nicht exakt sagen. Die noch vorhandenen Urkunden reichen zeitlich von 1224 bis 1483. Seit Ende des 14. Jahrhunderts geht es in den Schriftstücken nur noch um Ackerland, möglicherweise war das Dorf da schon verlassen. Heute erinnert nur noch der Name Reinserturmweg an das Dorf, den Turm und das Gasthaus.wk