»Gelungenes und schlüssiges Konzept für Poser-Gelände«

SPD-Projektsommer informiert sich über Vorhaben mit Ansiedlung von Kaufland, Möbel Boss und expert Medialand / Rundgang

Ortskenntnis und Informationen aus erster Hand statt Spekulation: Auf großes Interesse ist die jüngste Veranstaltung des SPD-Projektsommers »Besser für Einbeck« gestoßen. Rund 60 Teilnehmer waren bei der Besichtigung des ehemaligen Poser-Geländes dabei. Hermann Sievert als Vertreter des insolventen Unternehmens sowie Marcus Schlösser und Thomas Leimbach vom Investor Wombat stellten den aktuellen Zustand des riesigen Gebäudekomplexes und die Pläne dafür vor.

Einbeck. Er freue sich über das große Interesse an diesem Ortstermin, sagte Thomas Leimbach zu Beginn des Rundgangs. Wombat stellte er vor als einen der großen Industrie-Entwickler im Osten – und möglicherweise auch bald in Einbeck. Zunächst, so sein Vorschlag, sollte man sich das Poser-Gelände an der Hullerser Landstraße einmal »erlaufen«, um so die Dimension des Standorts zu sehen.

Zur Historie gab Hermann Sievert Erläuterungen. Das Unternehmen wurde 1948 von Walter Poser gegründet. Zwischen 1950 und 1971 wurde auf dem Gelände ständig gebaut. Hier stehen 55.000 Quadratmeter Fläche beziehungsweise 315.000 Kubikmeter umbauter Raum. Bis 1976 war Walter Poser Geschäftsführer. Anschließend übernahm ein niederländischer Textilkonzern die Firma. Nach der Wende habe es Anfang der 90er Jahre gute Zeiten gegeben, aber veränderte Märkte führten schließlich zum Verkauf, und 1999 übernahmen vier Globus-Mitarbeiter das Haus als Geschäftsführer. Verschiedene ungünstige Einflüsse führten dazu, dass am 17. September 2002 Insolvenz angemeldet wurde. Viel Geld musste inzwischen für die Entsorgung ausgegeben werden, beispielsweise von Farben und Chemikalien.

Die Hallen, davon konnten sich die Teilnehmer des Rundgangs überzeugen, sind immens: Zu Spitzenzeiten arbeiteten bei Globus im Jahr 1961 850 Mitarbeiter. Ein Teil der Hallen soll erhalten bleiben: »Daran haben wir großes Interesse«, so Thomas Leimbach, »abgerissen ist leichter als neu gebaut.« Zu den Bereichen, die bleiben sollen, zählt beispielsweise die 1966 gebaute Tufting-Halle mit 7.250 Quadratmetern Fläche. Enorme Mengen an Stahl und Holz wurden hier verbaut. »Das ist für uns absolut erhaltungswürdig«, betonten Leimbach und Schlösser. Ein Teil der Fläche soll für Möbel Boss genutzt werden, wobei natürlich Verbesserungen an Fußboden, Decke oder Brandschutz vorgenommen werden müssen. Das Erdgeschoss der Halle soll für das große Abhollager des Möbelhauses genutzt werden. Möbel Boss erfülle die Bedürfnisse von 60 bis 80 Prozent aller Möbelkunden, wobei ein Schwerpunkt auf dem unteren Preissegment liege, so Schlösser. Weitere 2.000 Quadratmeter der Halle sind für expert Medialand eingeplant. Die Umsiedlung vom Butterberg solle dem Betrieb mehr Kundenpotenzial bringen. Zwischen beiden Bereichen ist eine weitere Verkaufsfläche vorgesehen, die nicht-zentrumsrelevanten Sortimenten vorbehalten bleibt. Dass man nicht alles abreiße, sondern etwa 40 Prozent der Hallen erhalten wolle, sei zum Teil auch der Erinnerung an die Firma Poser beziehungsweise Walter Poser geschuldet, so die Vertreter von Wombat. Man wolle einen vernünftigen Umgang mit der vorhandenen Substanz. Aber auch Hermann Sievert und dem Insolvenzverwalter bringe man unbedingten Respekt entgegen, betonte Marcus Schlösser.

Weitere Gewerbeflächen könnten über die Wirtschaftsförderung vermietet werden – zu günstigen Tarifen, hieß es, denn diese Hallenmiete sei für das Objekt nicht die primäre Ertragsquelle. Zu den Teilen, die abgerissen werden, gehört unter anderem das 1961 gebaute Verwaltungsgebäude.

Die für das Investitionsvorhaben benötigte Fläche beträgt 70.000 Quadratmeter. Mit der Erschließung über einen Durchstich wird ein alter Leitgedanke der Stadtplanung aufgenommen, eine Verbindungsachse zwischen den Hauptachsen Hannoversche/Markoldendorfer Straße und Hullerser Landstraße. Als Zufahrt zum Gelände ist ein Kreisverkehr geplant. Sollte es zu einer späteren Entwicklung des Raab-Karcher-Geländes kommen, wäre auch dort eine günstige Zufahrt möglich. Die Erschließung, betonte Marcus Schlösser, sei kein generöses Geschenk an die Stadt Einbeck, sondern es sei üblich, dass der Investor die Erschließung selbst zu zahlen habe.

Der Vorhaben- und Erschließungsplan sehe verschiedene GE-Gebiete vor: Deren Nutzung sei auf Gewerbe beschränkt; Einzelhandel sei nicht möglich. Platz sei hier beispielsweise für Handwerk und Dienstleister, die zu einem Möbelmarkt passen würden. Eine weitere Fläche stehe für den Tausch mit dem Raab-Karcher-Gelände zur Verfügung. Im Bereich Handel sind Möbel Boss und der Kaufland-Markt als Mieter vorgesehen, der am nördlichen Rand des Geländes mit 4.000 Quadratmetern Fläche entstehen soll. »Es handelt sich nicht um ein SB-Warenhaus, der Schwerpunkt liegt auf dem Bereich Lebensmittel«, machte Schlösser deutlich. Es werde barrierefrei gebaut, und eine Bushaltestelle soll in die Nähe kommen.

Zudem entstehen Parkplätze: 329 am Kaufland, 213 am Möbelmarkt. Es gebe ausreichend Raum, um Parkplätze mit großzügiger Länge und Breite zu schaffen, und die Fahrwegsbreite werde mit sieben Metern ebenfalls gut dimensioniert.

»Wir finden, das ist ein gelungenes und schlüssiges Nachnutzungskonzept für eine große Industriebrache«, stellten Leimbach und Schlösser fest. 2002 sei Globus in die Insolvenz gegangen – da stelle sich die Frage, was in den vergangenen neun Jahren für Industrie- und Gewerbeansiedlungen getan wurde: »Warum ist denn nichts passiert?« Man müsse sehen, dass ein solches Vorhaben schwer zu finanzieren sei, aber Wombat traue sich das zu. Dem SPD-Ortsvereinsvorsitzenden René Kopka sprach Schlösser Anerkennung für das Interesse aus. Der Stadtentwicklungsausschuss wird sich im Herbst mit dem Thema beschäftigen und die erste Beteiligung von Bürgern und den Trägern öffentlicher Belange einleiten. »Ziel ist es, im Frühjahr 2012 anzufangen – und das ist machbar, wenn alle das wollen. Es gibt keine Entschuldigung, wenn es nicht funktioniert«, betonte Schlösser.

Die Mieter, sagte er auf Nachfrage, wollten sehr bewusst nach Einbeck gehen. Die Beteiligten hätten genügend Auswahl und Erfahrung für eine solche Entscheidung, und ihr Angebot sei auf Einbecker Kunden zugeschnitten. »Hoffentlich wird es nicht zerredet«, so die Befürchtung aus dem Kreis der Besucher. »Wir wünschen uns, dass hier wieder Leben einzieht«, betonte René Kopka, verbunden mit dem Dank an die Wombat-Mitarbeiter für ihr Engagement und ihren Mut. ek