Großbaustelle in luftiger Höhe
Marktkirchturm St. Jacobi: Stadt und Kirche investieren gemeinsam vier Millionen Euro
Einbeck. Eberhard Tiemann, Fachingenieur für Naturstein, hat im Auftrag des Amtes für Bau- und Kunstpflege und in Abstimmung mit der Denkmalpflege am Turm umfangreiche Voruntersuchungen durchgeführt. Stein für Stein wurde daraufhin überprüft, ob er ausgetauscht oder repariert werden muss. Nach bisherigem Kenntnisstand könne man davon ausgehen, dass sich die Maßnahme verkürze und dass sie tatsächlich günstiger werde als erwartet. »Aber bei alten Gebäuden ist man nie vor Überraschungen sicher«, warnte er vor zu großem Optimismus, »da findet man immer wieder kaputte Bauteile, die ersetzt werden müssen.«
Am Oktogon ganz oben am Turm seien die Schäden nicht so schlimm, wie nach einer ersten Bestandsaufnahme befürchtet. Das werde unter anderem dazu führen, dass die Kosten reduziert werden könnten – immerhin sei einmal von insgesamt mehr als zehn Millionen Euro die Rede gewesen, jetzt müsse man von etwa vier Millionen Euro ausgehen. Bei der Bauzeit gehe man jetzt von vier Jahren aus.
»Noch 2010 können wir die Arbeiten am Oktogon bis auf die Verfugung abschließen«, kündigte er an. Zu den Überraschungen zähle beispielsweise, dass man im Oktogon zwei Ringanker gefunden habe, eingebaut in der Mitte des 19. Jahrhunderts. »Die fassen den Turm zusammen«, so der Experte. Ihre Aufgabe sei es, Setzungsrisse zu vermeiden. Diese Ringanker seien für so ein Bauwerk hier nur minimal belastet, man belasse sie an ihrem Platz, auch als historischen Bestandteil.
Bei den Maßwerkfenstern wurden inzwischen die Gläser ausgebaut und die Wind- beziehungsweise Flacheisen freigelegt und erneuert. Das Eisen habe begonnen, den Naturstein auseinanderzutreiben, vor der Freilegung habe man das gar nicht sehen können, sondern erst beim Ausbau der Steine. Ein anderes Phänomen sei, dass man früher mit dem gebaut habe, was man vor Ort fand. Dazu zählte beispielsweise Gips. Gipsmörtel treibe aber ebenfalls, man verwende nun moderne Baustoffe, damit das Treiben nicht weiter angeregt werde. Sobald dieser Teil beendet sei, könne man schon einen Teil des Gerüsts abbauen: Der Wind sei wichtig, um das Bauwerk zu trocknen, führte Tiemann aus; hinter der Verhüllung von Plane oder Netz werde das Trocknen länger dauern als im Freien.Nach Fertigstellung des Oktogons gehe es in die Winterpause, niedrige Temperaturen erlaubten das Bauen im Freien dann nicht mehr.
Im Anschluss seien die vier Seiten des Turmes an der Reihe, das Turmquadrat, an dem auch die drei Uhren angebracht sind, fuhr er fort. Die Arbeiten am Mittelrisalit schließen sich an. Dieses Bauteil wurde im Barock vor den Turm gesetzt. Es sei wesentlich besser erhalten als zunächst gedacht; allein durch den Wegfall der umfassenden Arbeiten hieran reduzierten sich die Kosten weiter. Das Mittelrisalit sei schon in mehreren Phasen restauriert worden, führte Tiemann aus. Wenn man nur kleine Flächen verputze und die Seiten steinsichtig lasse, werde sich das Bild des Turms nur geringfügig verändern. Aber auch hier gelte, dass jede einzelne Stelle begutachtet werde. An den Sanierungskosten, die derzeit bei rund vier Millionen Euro, verteilt auf vier Jahre, liegen, beteiligen sich die Stadt und das Amt für Bauund Kunstpflege gemeinsam. Die Stadt engagiere sich hier sehr stark, bestätigte Baudirektor Gerald Strohmeier. Man sei aber auch der Meinung, dass eine solch aufwändige Sanierung nachhaltig und langfristig haltbar sein müsse: »Mindestens 50 Jahre, hoffentlich länger.« ek