»Geist der Goetheschule sei prägend«

Verabschiedung von Oberstudiendirektor Hartmut Bertram als Schulleiter der Goetheschule

Feierlich verabschiedet wurde Oberstudiendirektor Hartmut Bertram (links). Alles Gute für die Zukunft wünschte das Schulleitungsteam mit (von rechts) Ilka Beyer-Pohl, Annett Steinberg, Elisabeth Kaiser und Martin Baselt.

Einbeck. »Willst Du Dich am Ganzen erquicken, so musst du das Ganze im Kleinsten erblicken« zitierte Personalratsvertreter Christoph Schnapperelle Johann Wolfgang von Goethe bei der Verabschiedungsfeier von Oberstudiendirektor Hartmut Bertram. Wie ein Puzzle, das er mit Goetheschul-Motiv als Präsent überreichte, sei das Schulleben. Viele einzelne Segmente prägen es, manches sei zeitintensiv und oft wisse man nicht - als Schüler, Lehrer oder Schulleiter -, ob man auf dem richtigen Weg sei.

Jungen und Mädchen sammeln von der fünften Klasse bis zum Abitur zahlreiche Erfahrungen, sie prägen die Schule für einen geraumen Zeitraum. Viel länger und intensiver war der »Aufenthalt« von Hartmut Bertram an der Goetheschule - seit 2000 engagierte er sich für seine »Schule« im Kleinen wie im Großen, jetzt gehe eine Ära zu Ende.

Dass so viele Gäste, Wegebegleiter und Freunde von Bertram zu Verabschiedung gekommen waren, erfreute Elisabeth Kaiser, stellvertretende Schulleiterin. Umrahmt wurde die Veranstaltung musikalisch von Rudi Trommer, Sören Schirmer und dem Schulorchester unter Leitung von Malte Splittgeber. Geboren in den geburtenstarken Jahrgängen Ende der 1950er Jahre wuchs Bertram in Kohnsen auf. Es folgten überfüllte Klassen, Hörsäle und Studienseminare.

Wegen angeblich zu vieler Lehrern gab es einen Einstellungsstopp, Bertram »unternahm einen kleinen Ausflug in die Wirtschaft«. Nach Rückkehr in den Schuldienst wechselte er 2000 als Koordinator an die Goetheschule, wurde schnell stellvertretender Leiter und 2004 Schulleiter.

Zusammen mit dem Schulleitungsteam, dem neben Bertram auch sie angehört, wurden viele Herausforderung gemeistert wie Baumaßnahmen, die Hängung der »Tonne« im Neubau, Einführung der offenen Ganztagsschule oder Umstellung auf G8. Gelassenheit, Kreativität, unkonventionelles Denken, Weitherzigkeit, aber auch ab und zu mit Dickschädel und Hartnäckigkeit versehen, um Ziele zu erreichen, das zeichne Bertram aus. Oft wurde intensiv diskutiert, die Tür zu seinem Büro stand immer offen, den Schülern war er freundlich zugewandt.

Für das große Engagement - auch in schwierigen Zeiten - dankte Kaiser, sie wünschte dem scheidenden Schulleiter alles Gute für die Zukunft. Ein Schuljahr gehe zu Ende, viele freuen sich auf die Ferien, um dann mit neuem Elan wieder neu zu starten, sagte Dr. Hartmut Heuer, Erster Kreisrat des Landkreises Northeim. Für Bertram ende jetzt ein Lebensabschnitt. Viele Jahre war er im Lehrerberuf tätig, 18 davon an der Goetheschule in Einbeck.

Als Schulleiter müsse man sich um unzählige Bereiche kümmern, nicht nur um die pädagogische Arbeit mit jungen Menschen, sondern auch um administrative und organisatorische Tätigkeiten, Außendarstellung sowie um die Verantwortung für Schüler, Kollegen und Schulpersonal. Zudem kommen noch ergänzende Faktoren wie Sanierungs- und Baumaßnahmen am Gebäude hinzu, die oft während des laufenden Schulbetriebs zu meistern seien.

Dies sei oft nicht einfach und hinterlasse auch Spuren. Zusammen mit seinem Leitungsteam habe Bertram großes Engagement gezeigt sowie die Herausforderung gezielt angegangen und gemeistert. Für kollegiale und gewinnbringende Zusammenarbeit dankte Dr. Heuer. Wenn eine Ära ende, gebe es oft ein lachendes und weinendes Auge, sagte Antje Sölter, stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Einbeck, so auch bei Hartmut Bertram.

Er habe nun keine Verpflichtungen mehr, bräuchte keine Zeugnisse erstellen oder Elterngespräche zu führen, an Schulleitertreffen teilzunehmen oder sich mit Belangen von Trägern und Behörden rumzuschlagen, dafür könne er jetzt schon am frühen Morgen Radfahren. Goethe sagte: »Wenn auch die Welt im Ganzen fortschreitet, die Jugend muss doch immer wieder von vorn anfangen«; in seinen 18 Jahren habe Bertram mehr als 1.000 Schüler geprägt und zum Abitur geführt. Vieles erreichte er mit seinem Leitungsteam.

Sölter wünschte Bertram zum Abschied: »Setzen sie jetzt die Segel auf Freiheit.« Der Rekordhalter für Goethezitate und Statistiken in Abiturreden sei Hartmut Bertram, oft habe er sie damit garniert, sagte Schnapperelle. Warmherzig leitete er die Schule und inspirierte neue Kollegen, nach Einbeck und an die Goetheschule zu kommen. Offenheit und Menschlichkeit seien ihm wichtig, aber auch jedes Individuum wie ein Puzzle sukzessive zusammenzusetzen, das ein großes Ganzes entstehe. Eine kollegiale und freundschaftliche Beziehung existiere zwischen Paul-Gerhardt-Schule und Goetheschule, betonte Schulleiter Gerhard Wittkugel, ein großer Verdienst von Bertram.

Wie eine Pflanze seien Schüler zu hegen und zu pflegen, dass sie gut heranwachsen und sich zu einem großen Gewächs entwickeln. Das gelinge an beiden Schulen gut. Für die Zukunft wünschte er sich ein weiteren regen Austausch, ab jetzt nur noch im privaten Bereich, schmunzelte er. Die Vertreter der Fachgruppen Mathematik und Physik, Martin Schwartz und Dr. Hennig Vogt, lobten Bertram als warmherzigen, wissbegierigen, engagierten und interessierten Schulleiter.

Viel wurde zusammen erreicht wie der neue Physikraum mit Sammlung; zum Abschied schenkten überreichten sie Präsente mit Bezug zu Mathematik und Physik. Alles Gute für die Zukunft wünschten auch Gisela Hundertmark als Vertreterin der Einbecker Grundschule und Andrea Schlüter vom Fördererverin des Gymnasiums. Vom Schulvorstand und vom Schulelternrat ging Dr. Marion Villmar-Doebeling auf die vergangenen Jahre ein.

Zusammen mit Andrea Reschke bedankte sie sich für die gewinnbringende Zusammenarbeit zum Wohl der Schüler und der Schule. Mit Bertram verbinde sie Kreativität und Querdenken, das komme in der heutigen Zeit leider oft zu kurz. Die Schulleitungsrunde mit Ilka Beyer-Pohl, Martin Baselt und Annett Steinberg meinte im launischen Vortrag, Bertram werde heute pensioniert und sei damit privilegiert.

Zu Hause könne er jetzt anstoßen und dies mit großer Kraft, sagte Beyer-Pohl, während Baselt und Steinberg diesen und ähnliche Begriffe wie Zeit, Energie, Ellipse oder Kugel physikalisch oder alltagstauglich definierten. Zum Schluss meinten sie, mit Energie und Spaß sei alles möglich, jetzt könne Bertram eine ruhige Kugel schieben, Zeit genießen und seine Energie frei einsetzen.

Ihm falle es schwer, sich zu verabschieden, sagte Hartmut Bertram, gesundheitliche Gründe zwingen ihn leider dazu. Der »Geist der Goetheschule« habe ihn geprägt, dieser sei etwas ganz Besonderes. Zur Suche nach ihm lud er ein. Aufgewachsen ihn Kohnsen übernahm er schon früh Aufgaben auf dem Hof seiner Eltern, aber er hatte auch große Freiheiten. Fantasie und Neugier trieben ihn an.

Am Hang der ehemaligen »Burg zu Kohnsteinhausen« sammelte er Erfahrungen im Abfahrtsskifahren. Nach der geliebten Dorfschule ging es zur Realschule. Da ihn Mathematik und Physik in den Bann zogen, folgte das Abitur an den BBS Einbeck und das Lehramtsstudium in Göttingen.

Nach dem Referendariat wurden damals keine Lehrer eingestellt, es stand ein Wechsel an. Als Mathematiker berechnete er bei einer Versicherung Lebensversicherungen und wirkte an der Entwicklung mathematischer Module mit. Sein damaliger Chef gab ihm Freiheiten, um das große Ganze weiterzuentwickeln. In seinem Kopf war weiter der Lehrerberuf. Zum Unmut seiner Kollegen verließ er die Wirtschaft, um als Beamter in den Staatsdienst zu wechseln.

Die Arbeit an der KGS in Göttingen bereitete ihm Spaß: die Oberstufe wurde neu eingerichtet, er konnte die Mathematik und Informatik neu aufbauen. Im August 2000 nahm er eine Studiendirektorenstelle an der Goetheschule an und zog mit Familie nach Einbeck. Kurz danach wurde die Orientierungsstufe abgeschafft: die fünften und sechsten Jahrgänge kamen an die Goetheschule. Das Gymnasium bekam ein Nebengebäude hinzu.

Als kommissarischer Schulleiter hatte Bertram bald die Verantwortung für die Schule. Mensa, Ellipse, neuer Computerraum oder großer Raum für Konferenzen und Veranstaltungen standen als Herausforderung an - zuerst unter der Trägerschaft der Stadt Einbeck später des Landkreises Northeim. G8 und G9 erlebte er hautnah - auch in seiner Familie. Seine Kinder Manon und Malte Beltram feierten trotz unterschiedlichen Alters zeitgleich Abitur 2011.

Die Rückkehr zur längeren Schulzeit begrüßt er. Ute Langhorst, die ihm in einer schwierigen Zeit einen festen Halt gab, dankte er. Den Schulträger, den Landkreis Northeim, lobte er für die vielen Investitionen und die gute Zusammenarbeit. Weiter dankte er Sekretariat, Hausmeisterehepaar, Reinigungsteam, Essensausgabe, Kollegen und Schulleitungsteam, Schulleiterkollegen und allen, die sich für das Gymnasium einsetzen, für die gute Zusammenarbeit.

1.075 Schüler legten in seiner Zeit als Schulleiter die Abiturprüfung, so Bertram. Gemeinsam habe man ihnen mit Feingefühl und Freiraum eine gute Ausbildung mit auf den Weg gegeben, das wünschte er auch für zukünftige Schülergenerationen. Zum Abschluss sagte Bertram: »Danke und allen alles Gute mit dem Geist der Goetheschule.«mru