Hinter jedem Namen steht ein Schicksal

Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge richtet Fokus auf Salzderheldener Kriegsgräberstätte

Michael Gandt, Geschäftsführer der Bezirksgeschäftsstelle Braunschweig des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Elfie Haupt, Landrätin Astrid Klinkert-Kittel, die auch Kreisvorsitzende des Volksbundes ist, und Dr. Rainer Bendick, Bildungsreferent im Bezirksverband Braunschweig, möchten ein Bildungsprojekt starten. Schüler könnten sich auf der Kriegsgräberstätte Salzderhelden mit Heimatgeschichte auseinandersetzen.

Salzderhelden. Auch nach mehr als 60 Jahren seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland sollten die Themen Krieg und Gewaltherrschaft zur Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges, aber auch der Nachkriegszeit immer noch von großem Interesse sein. Ein Schwerpunkt der Arbeit des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge bildet zusammen mit Schulen die Erarbeitung von »Geschichts- und Erinnerungstafeln«, die seit 2005 auf besonderen Kriegsgräberstätten in Niedersachsen aufgestellt werden. Seit 2004 arbeitet Elfie Haupt aus Vogelbeck daran, dass eine solche Erinnerungstafel für den Ehrenfriedhof in Salzderhelden erstellt wird.

Auf der Kriegsgräberstätte Salzderhelden  haben 375 deutsche Soldaten – 45 davon sind unbekannt – von Heer, Luftwaffe, Volkssturm und Wehrmachtsgefolge ihre letzte Ruhestätte erhalten. Sie sind überwiegend in den letzten Kriegstagen im April 1945 gefallen und wurden von Dorffriedhöfen und anderen Grabstellen aus den acht südlichen Landkreisen des ehemaligen Regierungsbezirks Hildesheim hierher überführt und bestattet. Der Soldatenfriedhof ist am Südhang des Leinetales terrassenförmig angelegt. Am 14. Juni 1959 wurde er feierlich eingeweiht. Die Namen der Toten der Gemeinde  beider Weltkriege sind in der Ehrenkapelle verzeichnet worden.

Die Anlage ist gepflegt, dafür zuständig ist das Landesamt für Hochbau, erläuterte Michael Gandt, Geschäftsführer der Bezirksgeschäftsstelle Braunschweig des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Nach den vielen Jahren sind die Grabkreuze jedoch von Flechten und Moosen überzogen. Nichtsdestotrotz macht der Ort betroffen: Hinter jedem Kreuz verberge sich ein Schicksal und damit eine unglückliche Familie, stellte Landrätin Astrid Klinkert-Kittel fest, die Kreisvorsitzende des Volksbundes ist. Hier werde auch an viele Menschen erinnert, die zum Teil sehr jung waren.

Genau wie Elfie Haupt, die in mühevoller Recherche dem Leben des Soldaten Willi Haupt nachspürte und das entsprechende Buch verfasste, möchte die Landrätin die Kriegsgräberstätte in den Fokus rücken und im Rahmen einer Projektarbeit wieder ins Bewusstsein rücken. Viele Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges leben nicht mehr, nun könne die Geschichte fast nur noch anhand der Grabkreuze aufgearbeitet werden.

Das Projekt zielt darauf, den Schülern die Geschichte des Nationalsozialismus und des Krieges in ihren Heimatorten nahezubringen und dadurch Anstöße zu geben, über die Entstehung von Konflikten und die gesellschaftliche und politische Bedeutung des Friedens nachzudenken. Wie Dr. Rainer Bendick, Bildungsreferent im Bezirksverband Braunschweig erläuterte, könnten Schüler »über diesen Ort arbeiten« und sich mit den Biografien auseinandersetzen.

Dieses anwendungsbezogene Arbeiten »bringt etwas«, ist er sicher. »Schüler können was entdecken, was schreiben, was produzieren.« Dieser außerschulische Lernort eigne sich gut dafür.  Der promovierte Historiker hält diese Geschichtsarbeit für umsetzbar in den Wahlpflicht-Kursen der Realschulen oder im Seminarfach in der Oberstufe. Hier könnten Schüler Geschichte anwenden und ihr Wissen und ihre Fähigkeiten im öffentlichen Raum unter Beweis stellen.

Mit einer Erinnerungstafel würden die Besucher der Kriegsgräberstätte über die Ereignisse informiert, und so würde die Erinnerung an die Schicksale der Opfer im öffentlichen Bewusstsein wach gehalten. »Ich helfe auch mit«, unterstreicht Haupt das Anliegen des Volksbundes.

Nun also werden Schulen gesucht, die sich für das Projekt begeistern. Die Kosten für die Erinnerungstafel, regt die Landrätin an, könnte möglicherweise über die Kultur- und Denkmalstiftung des Landkreises finanziert werden. Bildungsreferent Bendick geht noch einen Schritt weiter: Auch der Einbecker Zentralfriedhof würde sich für eine solche Bildungsarbeit anbieten. Im Bezirk Braunschweig existieren bereits 24 dieser Tafeln, ergänzt Gandt, der sich freuen würde, wenn weitere dazukommen.sts