Höchster Überschuss seit 17 Jahren

Einbecker Brauhaus hat schwieriges Jahr gut gemeistert | Zehn Cent Dividende, Sonderdividende war angedacht

Brauhaus-Vorstand Martin Deutsch (links) konnte den Aktionären über ein sehr gutes Geschäftsjahr berichten, gerade angesichts der Krisensituation; daneben der Aufsichtsrat mit (von links) Knut Schiemann, Irina Bohne, dem Aufsichtsratsvorsitzenden Robert A. Depner, Notar Daniel Nebel, dem stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden Jürgen Brinkmann, Gerhard Mertes und Kai-F. Binder.

Einbeck. Endlich wieder in Präsenz: Ihre Freude darüber machten die Aktionäre des Einbecker Brauhauses bei der gestrigen Hauptversammlung mit Applaus deutlich. In der PS.Halle haben sich die Anteilseigner nach zweijähriger Corona-Pause wieder getroffen. Anlass zur Freude gab auch die Geschäftsentwicklung. Das Ergebnis für 2021, das beste seit 17 Jahren, machte es möglich, eine Dividende von 0,10 Euro pro Stückaktie zu zahlen. »Wir sind überdurchschnittlich gut durch die Krise gekommen, und wir sind für die weiteren Herausforderungen gut aufgestellt«, betonte Brauhaus-Vorstand Martin Deutsch. Aber er verwies mit Sorge auf die aktuelle Lage: Der Pandemie folge die Ukrainekrise, man erwarte Schwierigkeiten angesichts der Verfügbarkeiten und steigenden Preise für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe.

»Wir haben den höchsten Jahresüberschuss seit 17 Jahren«, mit dieser erfreulichen Mitteilung begann Brauhaus-Vorstand Martin Deutsch seinen Bericht. Das Leben und auch das Geschäftsfeld Gastronomie kehre langsam in den Vor-Pandemie-Modus zurück. Aber man habe einen heftigen Sturm vor sich, ausgelöst durch die Ukrainekrise und damit einher gehende Veränderungen.

In den ersten fünf Monaten des vergangenen Jahres sei der Fassbierabsatz durch die Corona-Beschränkungen nahezu bei null gewesen, und auch zum Jahresende hin sei aufgrund der Einschränkungen, etwa wegen ausgefallener Feiern, nicht aufs frühere Niveau gekommen. Die Schließung der Gastronomie habe den Bierkonsum nach Hause verlagert.

Marke »Einbecker« hat sich besser als der Markt entwickelt

Das Brauhaus stemme sich gegen die Wertevernichtung, es gebe über große Rabattaktionen einen ruinösen Wettbewerb, der auch der Wertschätzung der hochwertigen Biere fundamental entgegenstehe. Der deutsche Biermarkt habe im vergangenen Jahr um 3,4 Prozent verloren, durch die anhaltenden Pandemie-Einschränkungen und durch einen kühlen und nassen Sommer. Mit einem Minus von 2,3 Prozent habe die Marke Einbecker aber besser als der Markt entwickelt, Nörten-Hardenberger mit minus 18,4 Prozent dagegen deutlich schlechter. Das sei zurückzuführen auf eine Preiserhöhung um einen Euro pro Kasten. »Unsere Biere sind von hervorragender Qualität und daher ihren Preis wert«, betonte Deutsch. Im Sinne einer nachhaltigen Unternehmensstrategie werde man sich weiter auf Ertragsmarken und -gebinde fokussieren und in Wachstumssegmenten das Sortiment erweitern.

Biermischgetränke mit starken Wachstum

Einbeck sei als profilierteste und hochpreisige Marke weiter der wichtigste Baustein der Umsätze und Erträge. In die typische Flasche und den Kasten habe man weiter investiert. Das Fassbiervolumen sei auf dem Niveau des Vorjahres geblieben, die erhoffte Gastronomieerholung im vergangenen Jahr nicht eingetreten. Im Flaschenbierbereich hatten Biermischgetränke mit einem starken Wachstum großen Anteil am Unternehmenserfolg. Ein Minus gab es ausschließlich bei Pilsener im 30-er Kasten. Besonders verwies Deutsch auf das Wachstumssegment Biermischgetränke: Die Marke HopfenFrucht sei da eine echte Innovation. Von 2017 bis 2020 sei Nörten-Hardenberger jährlich gewachsen. Die Ende 2020 erfolgte Verkaufspreis- und Erlöserhöhung um 13 Prozent sei mit dem Absatzrückgang verbunden gewesen. Die Peiner Marke Härke mit einem Fassbieranteil von 30 Prozent wurde von den monatelangen Gastronomieschließungen am stärksten getroffen. Fassbierrückgang betraf ebenfalls die Lokalmarken Göttinger, Martini und Kasseler. Der Export sei dagegen wieder angelaufen nach dem Ende der Lockdown-Beschränkungen. Die Lohnproduktion war stabil, der Bereich Lohnabfüllung wurde ausgebaut.

Nachhaltigkeit

Das Unternehmen habe das Thema Nachhaltigkeit immer im Blick. Als starke Marke im Kerngebiet profitiere das Brauhaus vom Verbraucherwunsch nach Regionalität und kurzen Lieferwegen. So werde zunehmend regionale Braugerste aus Südniedersachsen genutzt, angebaut von Landwirten im Umkreis von etwa 50 Kilometern. Schwermetallfreies Recyclat für Mehrwegkästen, Verzicht auf Stanniol bei der Etikettierung, Investitionen zur Reduktion von CO2-Emmissionen sowie eine Biokläranlage mit Blockheizkraftwerk und Eigenstormversorgung seien weitere Bausteine im Bereich Ökologie und Nachhaltigkeit. Seit mehreren Jahren werde eine Bierfiltration genutzt, die frei von Mikroplastik sei.

Der Preis- und Margendruck setze sich fort, und aggressive Aktionspreise im Handel seien weiter die Regel, nicht die Ausnahme. Nicht nur der Ukraine-Krieg sei Auslöser von Preissteigerungen, sondern auch bei Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen seien die Kosten schon seit einigen Jahren gestiegen, 50 bis 100 Prozent mehr seien keine Ausnahmen. Hinzu kämen Probleme bei Beschaffungen.

Wachstumschancen

Wachstumschancen sehe er weiter bei Spezialitäten und regionalen Produkten sowie im Export, sagte Deutsch. Man werde den Herausforderungen dieses Jahres begegnen. Im April sei eine Preiserhöhung für alle Marken und Gebinde durchgeführt worden. Da man weitere Einschränkungen und Belastungen nicht ausschließen könne, sei eine Prognose für das Geschäftsjahr 2022 aber schwierig. »Ein positives Unternehmensergebnis streben wir weiterhin an.«

Eigentlich habe man mit dem Jahresabschluss, erstellt zwei Tage vor Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine, eine Sonderdividende von 50 Cent pro Stückaktie vorschlagen wollen – als Dank an die Aktionäre, die in den vergangene Krisenjahren mit dem Verzicht auf Dividende den Fortbestand des Unternehmens gestützt und gefördert hätten. Aufgrund der Unsicherheiten in der geopolitischen Lage, die durch den Ukraine-Krieg ausgelöst wurden, hielten aber sowohl Aufsichtsrat als auch er eine solche Sonderdividende für nicht mehr vertretbar, so Deutsch. Man werde die Ausschüttung einer Dividende von 0,10 Euro je Stückaktie vorschlagen.

Weiter verwies er auf die Neubesetzung eines Aufsichtsratssitzes. Gerhard Mertes ist im vergangenen September durch das Amtsgericht bestellt worden, seine Amtszeit soll bis zur Hauptversammlung 2026 gelten. Er komme, stelle sich Mertes vor, aus der Automobilindustrie und sei »überzeugter Biertrinker«.
Nach einem besonderen Jahr mit vielen Herausforderungen könne er feststellen, dass das Brauhaus überdurchschnittlich gut durch die Krise gekommen und für die weiteren Herausforderungen gut aufgestellt sei. »Trotz Sturm vor uns« halte man das Steuer in Zukunft fest in der Hand

Schwieriges Jahr sei gut gemeistert worden

In der Aussprache stellten Aktionärsvertreter fest, dass »bombige Zahlen« vorgelegt wurden. Ein schwieriges Jahr sei gut gemeistert worden. Das sollte man mit anständigem Dank an die Mitarbeiter verbinden. Eine Baustelle seien die Rohstoffpreise. Aktivitäten und Bekanntheitsgrad zu steigern, sei wichtig, gerade auch für die alkoholfreien Produkte. Für das nächste Jahr sollte, soweit es mit den Preissteigerungen nicht so schlimm werde, die Sonderdividende gezahlt werden, so die Aktionäre. Auf einen Wunsch ging Deutsch gleich ein: Der Geschäftsbericht soll entgegen seiner Ankündigung doch weiterhin in Papierform erscheinen.

Im vergangenen Geschäftsjahr setzte das Einbecker Brauhaus 596.000 Hektoliter Bier ab. Die Umsatzerlöse erhöhten sich auf 32.098 Euro, ein Plus um 2,5 Prozent. Der Jahresüberschuss belief sich auf 614.000 nach 273.000 Euro.

Mit einer Mehrheit von mehr als 90 Prozent sprachen sich die Anteilseigner – 76,1 Prozent des Grundkapitals waren anwesend – dafür aus, vom Bilanzgewinn in Höhe von 735.787,29 Euro eine Dividende von 0,10 Euro je Stückaktie zu zahlen. Vorstand Martin Deutsch wurde mit 99,99 der Stimmen entlastet; bei den Aufsichtsratsmitgliedern bewegte sich die Zustimmung zwischen 99,99 und 42,38 Prozent.ek