23-Jähriger vor Gericht: Viel Stoff, aber schlechte Qualität

Einbeck. Eine große Menge Marihuana, aber mit nur geringem Wirkstoffgehalt: Das hat den jungen Mann, der jetzt vor dem Amtsgericht Einbeck stand, vor einer härteren Strafe gerettet. Im Zusammenhang mit dem Brand in der Salzderheldener Laubenkolonie im vergangenen August ist ihm die Polizei auf die Spur gekommen, hat seinen Drogen-Selbstanbau hochgenommen. Dass der aufgrund gesundheitlicher Probleme erfolgt sei, glaubte das Schöffengericht dem 23-Jährigen. Die Haftstrafe von sechs Monaten wurde zur Bewährung verhängt.

Der Mann war durchweg geständig, und das wurde zu seinen Gunsten gewertet. Er gab an, ohne Ausbildung zu sein, zum Großteil »vom Amt« zu le­ben, aber derzeit ein paar Stunden pro Monat zu arbeiten – mehr sei geplant. Seine in Salzderhelden an der Saline gepachtete Gartenparzelle war im August von einem der Feuer der Brandserie betroffen. Dabei entdeckte die Polizei im Gewächshaus auf dem großen Grundstück zwölf Cannabispflanzen, bis zu zwei Meter hoch.

Die Ernte mit einem Gewicht von rund 270 Gramm sei zum Eigenverbrauch bestimmt gewesen, gab der Angeklagte an. Er habe gewusst, dass es nicht erlaubt sei, Hanfsamen in die Erde zu drücken, »aber ich habe das für meine Gesundheit gemacht, für mein Wohlbefinden.« Er leide unter einer speziellen Form von Kopfschmerzen, und die Wirkstoffe würden ihm helfen. Er habe bereits CBD-Tropfen mit medizinischem Cannabis im Internet bestellt, aber auf Dauer war ihm das zu teuer. Nach dem Brand auf seinem Grundstück und in der Nachbarschaft wollte er retten, was zu retten war; von den ursprünglich 25 Pflanzen hatte er zuvor die männlichen ohne Wirkstoff bereits entfernt.

Marihuana konsumiere er seit vielen Jahren, berichtete er weiter, nicht durchgängig und dauerhaft, aber er habe die Effekte für sich entdeckt. Neben den Kopfschmerzen leide er noch »an vielen Sachen, die nicht als offizielle Krankheiten gelten.« Die Untersuchung des Landeskriminalamtes habe ergeben, dass die Wirkstoffmenge der Pflanzen zu gering sei für ein Verbrechen, erläuterte Richterin Sievert. Von der Menge her wurde zwar viel sichergestellt, aber die Qualität sei schlecht. Somit verändere sich die Anklage vom »unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge« zu »unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln«.

In ähnlichen Fällen hat der 23-Jährige bereits mehrfach vor Gericht gestanden, ohne dass es zu einer Verurteilung gekommen sei.

Die Staatsanwaltschaft hielt dem Angeklagten zugute, dass er die Vorwürfe voll eingeräumt und aus gesundheitlichen Gründen beziehungsweise für den Eigenkonsum angebaut habe. Sein Motiv habe er umfassend dargestellt. Da er aber schon wegen einschlägig in Erscheinung getreten sei, könne man es jetzt nicht mehr bei einer Geldstrafe belassen: Im Raum standen sechs Monate auf Bewährung, auch angesichts einer guten Sozialprognose. Zudem sollten 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit verrichtet werden.

Dass sein Mandant sehr kooperativ gewesen sei, darauf verwies Verteidiger Sile Akinci; die Gründe für sein Handeln habe er nachvollziehbar dargelegt. Er halte allerdings eine Geldstrafe für vertretbar. Eine Haftstrafe, auch zur Bewährung, hätte gravierende Folgen.

Das Gericht schloss sich der Staatsanwaltschaft an: sechs Monate auf Bewährung, die Bewährungszeit läuft über drei Jahre. Außerdem sind 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit zu leisten. Der geringe Wirkstoffgehalt bewahre den Angeklagten davor, dass man seinen Fall als Verbrechen einordnen müsse, hieß es.

Man habe dabei selten einen Angeklagten erlebt, der sein Vorgehen so detailliert geschildert habe. Strafmildernd wirke sein Motiv, die Auswirkungen auf seine Gesundheit; allerdings sei er bereits in Erscheinung getreten, und das sei für eine Geldstrafe einfach zu viel. Das Gericht habe sich auch deshalb für eine Bewährungsstrafe ausgesprochen, weil der Einbecker einen sehr guten Eindruck hinterlassen habe. »Nutzen Sie Ihre Chancen«, gab ihm die Richterin mit auf den Weg.ek