»Ihm ging es um die Wahrhaftigkeit«

Cestnik-Ausstellung in der Marktkirche zeigt religiöse Werke des Einbecker Künstlers

Die religiösen Werke des vor kurzem verstorbenen Franz Cestnik sind Thema einer Ausstellung in der Marktkirche, die am vergangenen Sonntag eröffnet wurde. Zu sehen sind Zeichnungen, Holzschnitte, Ölbilder und Radierungen des Einbecker Künstlers. Zur Vernissage führte Dr. Klaus-Dieter Eubel in die Werke Cestniks ein. Für die musikalische Umrahmung sorgte Kantorin Ulrike Hastedt.

Einbeck. Zu Beginn des Jahres habe man mit dem Künstler die Ausstellung vereinbart, »er hat sich sehr darauf gefreut«, erinnerte sich der Vorsitzende des St. Jacobi-Kirchenvorstandes, Ulrich Hoppe, in seiner Begrüßungsrede. Obwohl es ihm gesundheitlich schlechter ging, habe er darum gebeten, an der Ausstellung festzuhalten. Schließlich sei er über die Brücke gegangen, die er so oft in seinen Bildern gemalt habe. »Seine Werke treten herb und ungeheuer entgegen. Ihm ging es weniger um die Schönheit, als um die Wahrhaftigkeit«, stellte Hoppe fest. Das in der Marktkirche hängende große Tafelbild sei ein beeindruckendes Werk, auch wenn viele Betrachter sich zunächst beim Anblick des verspotteten und gekreuzigten Jesus erschreckten.

In die Werke Cestniks führte Dr. Klaus-Dieter Eubel ein, der die Bilder des Einbeckers nicht als primär religiös einstufte. Dennoch habe der Einbecker Künstler immer wieder sakrale Motive aufgegriffen, so zum Beispiel das »Matisse-Kreuz« von Henri Matisse, »der einer der Fixsterne in der Welt der Kunst des Franz Cestniks war.« Das Hauptwerk bilde das 1967 entstandene Tafellbild »Kreuzigung«, das der Kirchengemeinde von Einbecker Mäzenen übertragen wurde. Darin wähle er ein anderes Arrangement als in üblichen Kreuzigungsszenen, in dem er auf die linke Seite Pontius Pilatus und auf die rechte Seite die um die Kleider würfelnden römischen Kriegsknechte platziere. Er erzähle eine Ge-schichte von Tätern und Opfern, wobei er zwischen Schreibtischtätern und denen, die gehorsam die Befehle in die Tat umsetzen, unterscheidet.

Diese Deutung habe er am eigenen Leib während des Zweiten Weltkriegs erfahren müssen, als sein Vater im NS-Regime denunziert und verhaftet wurde, stellte Eubel fest.

In weitere Bildern greife Cestnik immer wieder Variationen des gekreuzigten Jesus auf. »Er wählt den Moment des größten Schmerzes und der tiefsten Erniedrigung und visualisiert das durch die Dornenkrone und das tief herabge-sunkene Haupt«, erläutert der Kunstexperte. Neben den Ölbildern »Kain und Abel«, »Brand der Synagoge« und »Salome« habe Cestnik besonders der »Ungläubige Thomas« fasziniert, »Er behauptete von sich selbst, so ein Thomas zu sein«, sagte Eubel. Dennoch passten die naive Frömmigkeit und die Übernahme der Rolle des skeptischen Thomas bei Cestnik nicht recht zusammen. Doch habe ihn sein kritischer Verstand und die Skepsis nicht daran gehindert, sein abendliches Gebet an Gott zu richten.

Obwohl die Bilder Cestniks, denen biblische Themen zugrunde liegen, teils in sehr unterschiedlichen Absichten geschaffen wurden, ist eine klare Handschrift des Künstlers zu erkennen. »Der Komplex der religiösen Bilder stellt folglich keinen unbedeutenden Nebenzweig im Schaffen Franz Cestniks dar«, schloss Eubel seine Einführung ab.thp