Impfungen sind gut, aber langsam angelaufen

Hausarztpraxen impfen seit kurzem gegen Corona | Gut informieren | Dominierendes Thema im Praxisalltag

Seit einigen Tagen ist die Corona-Impfung auch in den Hausarztpraxen in der Region möglich. Der Bedarf ist dabei groß, die Impfmengen sind dagegen klein.

Einbeck/Markoldendorf. Nach Ostern haben die Hausärzte in Niedersachsen mit den Impfungen zum Schutz gegen Covid-19-Infektionen beginnen können. Nicht alle haben direkt angefangen, einige waren zunächst noch mit ihren Praxen im Oster-Urlaub. Inzwischen haben aber viele Ärzte, auch in der Region, die ersten Impfdosen verabreicht. Insbesondere die Menschen, die nicht so mobil sind, dass sie das Impfzentrum in Northeim oder das ebenfalls nach Ostern für vier Tage eingerichtete Impfzentrum in Dassel erreichen konnten, haben diese Angebot wahrgenommen. Der Flaschenhals, die Engstelle, die das Fortkommen begrenzt, ist dabei die zur Verfügung stehende Menge an Impfstoffen.

Weit mehr hätten es sein können, denn die Nachfrage sei groß, berichtete der Einbecker Allgemeinmediziner Thomas Schlachter, Vorsitzender des Ärztevereins Einbeck. In den Praxen arbeite man nach der vorgegebenen Priorisierung. Man kenne die Patienten aber in der Regel lange und gut, so dass auch schwerkranke Jüngere geimpft würden: »Wir wissen, wer erkrankt und somit besonders gefährdet ist.« Grundsätzlich finde er es sehr positiv, dass die Hausärzte die Impfungen übernehmen könnten, und er sei optimistisch, dass das Durchimpfen durch die Praxen an Tempo gewinne.

Impfzentrum oder Praxis

Mit 30 Dosen ist diese Praxis gestartet, das sei gut angelaufen, so der Mediziner. Sich beim Hausarzt impfen zu lassen, sei keine Entscheidung gegen das Impfzentrum, sondern das hänge unter anderem mit der Mobilität der Patienten zusammen – und auch mit der Frage, wo man früher an der Reihe sei. Er rät dazu, sich zu erkundigen, wo man früher zum Zuge kommen könne, denn in den Praxen gebe es, genau wie beim Impfzentrum, eine Warteliste.

Den Termin, den man nicht wahrnehmen möchte, solle man dann selbstverständlich absagen. Für die laufende Woche wird es in seiner Praxis, das ist angekündigt, weniger Impfstoff geben; zum Monatsende seien aber bundesweit zwei Millionen Impfdosen angekündigt, und das werde den Fortgang deutlich beschleunigen, hofft Thomas Schlachter.

Für Verwirrung hat bei einigen Patienten ein Brief aus dem Gesundheitsministerium in Hannover gesorgt: Man gehöre zum besonders schutzwürdigen Personenkreis und werde hiermit informiert, dass man ab sofort berechtigt sei, sich gegen das Covid-19-Virus impfen zu lassen, heißt es darin. Basis seien die bei der Krankenkasse beziehungsweise bei der privaten Krankenversicherung vorliegenden Abrechnungsdaten, die auf bestimmte Vorerkrankungen hinweisen würden. Auch Junge und Gesunde haben solche Post bekommen. Möglicherweise sei da etwas bei den ICD-Diagnoseschlüsseln der Kassen durcheinandergeraten, vermutet Schlachter. Andererseits könne es sich aber tatsächlich um Personen mit Vorerkrankungen handeln, die auch schon länger zurückliegen könnten.

Aufwendiges Dokumentationsverfahren

Einmal in der Woche wird derzeit in der Praxisgemeinschaft von Dr. Susanne Bohne, Anneke Schoop und Dr. Klaus-Ulrich Steinfeld in Markoldendorf geimpft. 28 Patienten waren es am ersten Nachmittag. Es wurde mehr Impfstoff bestellt, so Dr. Susanne Bohne, die Mengen seien aber nach wie vor begrenzt. Man müsse sehen, dass man dabei viel informieren und dokumentieren müsse, entsprechend aufwendig sei das Verfahren, es müsse viel kommuniziert werden. Aber da sich Arzt und Patient auch länger kennen würden, werde möglicherweise auch mehr gefragt als im Impfzentrum. Vieles sei in den Augen der Patienten kritisch, insbesondere der Einsatz von AstraZeneca nach widersprüchlichen Aussagen in den vergangenen Wochen.

Eine sehr gute Wirkung hätten aber alle drei derzeit zur Verfügung stehenden und zugelassenen Impfstoffe, betonte die Medizinerin. In Einzelgesprächen aufzuklären, das sei wichtig, und auf besorgte Patienten einzugehen, damit sie sich sicherer fühlten. Das sei, hob sie ebenfalls wie Thomas Schlachter hervor, eben ein Vorteil der Hausärzte, die die lange kennen würden. Dass viele Patienten sich im Vorfeld schon umfangreich kundig gemacht hätten, sei ebenfalls wichtig: Da sei der Arzt in der Praxis das Scharnier zwischen den vielfältigen Informationen.

Mehr Impfstoffe würden Probleme lösen

»Wir würden gern mal Herrn Spahn einladen, sich in der Praxis anzuhören, was hier los ist«, beschrieb eine medizinische Fachangestellte aus einer Praxis in der Region die Lage. Das Thema sei dominant im Praxisalltag, es gehe fast nur noch ums Impfen, und das bringe das gesamte Team inzwischen ans Limit.

»Aufwendig ohne Ende« sei das, wobei man längst nicht alle Patienten bedienen könne. Nahezu alle Mitarbeiter im medizinischen Bereich würden vom Gesundheitsminister gelobt, »nur uns hat man vergessen«, das fänden sie und ihre Kolleginnen sehr schade. Und einige Patienten, da äußerte sie durchaus Kritik, sähen die Möglichkeit, in den Hausarztpraxen geimpft zu werden, als »Wunschkonzert«.

Dazu seien bemerkenswerte Argumente vorgebracht worden, wieso jemand es schnell auf die Impfliste schaffen müsse, obwohl er noch nicht an der Reihe sei. Der normale Praxisalltag komme angesichts der immensen Nachfrage deshalb mitunter zu kurz – das sei schon am Telefon so; wer etwas besprechen wolle, müsse angehalten werden, sich kurz zu fassen, denn die nächsten Anrufer warteten bereits in der Leitung. Mehr Impfstoff würde viele Probleme lösen, aber was zum lange ersehnten ersten Impftermin geliefert wurde, sei leider nur eine »lächerliche Menge« gewesen.ek