In der Wolperstraße gab es Timpenbrot zu kaufen

Einbeck. In der Wolperstraße stehen noch drei Häuser aus dem 16. Jahrhundert. Zwei davon sind bewohnt, eines steht schon lange leer: das Haus Nr. 23 (frühere Hausnummer 12) wurde 1573 erbaut. Das dreigeschossige, fünfachsige Gebäude hat ein auskragendes, stockwerksweise aufgesetztes Obergeschoss und auf der Ecke zum Petersilienwasser ein zwei Gefache breites, rundes Dielentor. Das Tor ist mit einem gegenläufigen Tauband mit Kehle ausgeführt, das von innen nach außen verläuft.

In den »Zwickeln« rechts und links des Bogens finden sich Schnitzereien, nämlich die Jahreszahl 1573 und Symbole für die Produkte, die im 16. Jahrhundert in diesem Haus erhältlich waren: Die goldene Brezel (rechte Seite) weist daraufhin, dass hier ein Bäcker seine Backwaren verkaufte. Die beiden Zeichen neben der Jahreszahl (linke Seite) sind ebenfalls Symbole für Teigwaren. Eines davon zeigt ein Timpenbrot. Das Timpenbrot (kalter Kuchen) war ein Brot mit Ecken, ein Nebenprodukt aus Milch und Weizenmehl.

Es wurde noch in den 1950er Jahren im Westfälischen hergestellt, heute ist es noch in Süddeutschland erhältlich. Zur Fastenzeit wurde dieses Brot gebacken oder gesotten und bekam dabei, je nach Zubereitungsart (dreieckig oder viereckig) drei oder vier Zipfel an den Seiten. Kinder bissen beim Verzehr zuerst diese kugelförmigen Verdickungen an den Spitzen ab. Heute würde man dieses Gebäck als »Pausensnack« bezeichnen, in manchen Gegenden wurde es auch als Taufgebäck verwendet. In Einbeck gab es im 16. Jahrhundert mehr Bäcker als heute. Noch um 1750 gab es in unserer Stadt 51 Bäcker. So kann man zum Beispiel auch im Torbogen der Tiedexer Straße 22 ein Timpenbrot entdecken. Es gibt alte Sprichwörter, die das Gebäck zum Inhalt haben:

»Ich gedachte woll, es wurde mit mihr der Wegge auf den Timpen gebissen sein« (Es würde mit mir aus sein). »Einen im Timpen haben« (betrunken sein) oder »eenen Timpen vom Stuten abbyten«. Die Schnitzereien am Haus Wolperstraße 23 wurden im Laufe der Jahre in verschiedenen Farben dargestellt. Heute sind sie goldfarben, wobei das Timpenbrot eher wie ein Kleiderbügel aussieht.

Das kleine Bild aus dem Archiv des Autors ist etwa 30-40 Jahre alt und zeigt die Schnitzereien in braun und grün.wk