In einem »Marathon« ist eine Vision wahr geworden

Offizielle Einweihungsfeier für die Multifunktionshalle | Viele Hindernisse, aber auch große Unterstützung

Das Team der Multi arbeitet daran mit, dass die Vision, die jetzt Realität geworden ist, künftig mit Leben gefüllt wird, etwa durch Sport und Veranstaltungen.

Einbeck. Offiziell »läuft« es dort schon eine ganze Weile, das symbolische rote Band zur Eröffnung ist im Sommer durchtrennt worden, und jetzt gab es die lang erwartete »richtige« Einweihungsfeier für die Multifunktionshalle am Kohnser Weg, die »Multi«, wie sie inzwischen genannt wird. 2,5 Millionen Euro hat die Stadt Einbeck, kräftig unterstützt vom Land Niedersachsen, hier investiert. Mit der Halle erfüllt sich für die Jugendpflege ein langgehegter Wunsch, und für die Kinder und Jugendlichen in Einbeck, aber nicht nur für sie, eröffnen sich zahlreiche Möglichkeiten.

Die Multi steht für Vielfalt, für Einheit in Unterschieden und Möglichkeiten, für einen Ort, der viele miteinander verbindet, für das Teilen von Freude, Tränen und Begeisterung. Sie möchte allen Raum bieten, »hier sind wir alle gleich«, hieß es in der Begrüßung.

Am 14. Juli habe man vor einer Jugendausschusssitzung das Band offiziell durchtrennt, jetzt hole man die fulminante Feierstunde nach, sagte Stadtjugendpfleger Henrik Probst. Er müsse manchmal, wenn er hier sei, kurz innehalten, die Atmosphäre wirken lassen und sich kneifen: Ein Traum sei wahr geworden, und er sei stolz, zu diesem wahrhaft einmaligen Ort der Begegnung beigetragen zu haben, umso mehr in schwierigen Zeiten. Vieles sei hier möglich, Sport, aber auch Theater, Tanz und Konzerte in einem professionellen Ambiente.

Regelmäßige Bewegung, stellte er fest, sei wichtig für Kinder und Jugendliche; empfohlen werde eine Stunde pro Tag, aber nur 20 Prozent erfüllten das. Wie bringe man sie von ihren Computerspielen und Handys weg, wie mache man Lust auf Bewegung? Genau mit dieser Halle. Hier könne man Bewegung inszenieren, gemeinsam Sport und Spiel mit Spaß erleben. Darüber hinaus könnten offene Kulturprojekte umgesetzt werden. Bewegung, sehen und gesehen werden, sich kennenlernen, Respekt zeigen, aufeinander achten – und Hauptamtliche würden Ordnung in dieses System bringen und Verständnis zeigen für die Jugendlichen. Er ziehe den Hut vor dem Weitblick aller, die immer an der Umsetzung festgehalten hätten, und er dankte dem Team von Multi und Haus der Jugend, das seine Vision geteilt habe, mit viel Arbeitskraft und Herzblut.

Die Halle sei so geworden, wie Henrik Probst das 2016 erdacht und auf einem Pappplakat festgehalten habe, bestätigte der Leiter der Halle, Jan-Patric Ziegler. Er lud die Zuschauer ein zu erleben, welche Chancen die Multi bieten könne, beispielsweise für Skater. Auch Fußball, Klettern, Basketball, Badminton oder Spikeball seien möglich. Neben dem Szenario Sport gebe es das Szenario Veranstaltungen, das man schon mit Musikstreams während des Lockdowns, Ratssitzungen, aber auch mit der Ein-Wahl bespielt habe.

Eine Zeitreise zu den Anfängen der Multi unternahm Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek. Die erste Idee sei 2009 entstanden für Sport, Projekte und Veranstaltungen – im Lokalen Bündnis für Familie. 2010 gab es ein Modell und eine Kostenschätzung über eine Million Euro. Ohne Fördermöglichkeiten blieb das Vorhaben erfolglos. Sie dankte Dietlind Ostermann, die die Arbeitsgruppe geleitet und Ideen eingebracht habe. Zeitgleich zu den Planungen wurde die Kulturstiftung Kornhaus gegründet, 2012 lief der Umbau des Kornhauses zum PS.SPEICHER an. Ohne diese Aktivitäten wäre Einbeck nicht da, wo es heute stehe, betonte sie. Und ohne Karl-Heinz Rehkopf gebe es die Kombination von Haus der Jugend, Jugendgästehaus und Multifunktionshalle nicht. Er habe, ebenso wie Familie Büchting und die AKB Stiftung, viel für die Einbecker Jugend getan. Die Planungen wurden 2013 wieder aufgegriffen im Integrierten Entwicklungskonzept nach der Fusion mit Kreiensen: die Grundlage für Förderanträge. Professor Wolfgang König finanzierte eine professionelle Bauplanung, die Kostenschätzungen beliefen sich auf 1,2 Millionen Euro, und 2015 wurde das Vorhaben für das Förderprogramm »Kleine Städte und Gemeinden« angemeldet. Das zuständige Ministerium, die Referatsleiterin und Staatssekretär Frank Doods seien dem immer wohlgesonnen gewesen, sodass eine Zwei-Drittel-Förderung vom Land möglich wurde. Mit Jugendlichen und mit vielen ideellen und finanziellen Unterstützern sei die Idee umgesetzt worden. Am 14. März 2018 wurde der Beschluss zum Bau gefasst, Bauantrag und Ausschreibung wurden auf den Weg gebracht, am 23. Mai 2019 war Baubeginn. Der Politik dankte die Bürgermeisterin, dass sie die Entwürfe intensiv diskutiert und die (Mehr-)Kosten mitgetragen habe, insbesondere die Ausschussvorsitzenden Margrit Cludius-Brandt und René Kopka. Mitte September 2019 erfolgte die Grundsteinlegung, und am 11. März 2020 beschloss der Rat die Eröffnungsfeier am 20. Juni desselben Jahres. Wegen Corona und Verzögerungen am Bau sei das so nicht gelungen. Es sei aber gut, dass Zwischennutzungen möglich waren. Die Schlussabnahme erfolgte Ende März, und nach Nachbesserungen wurde die Halle am 16. Juli freigegeben. Bereits Ende Juni konnte der Rat in seiner ersten Präsenzsitzung nach langer Corona-Pause hier tagen.

Die Kosten, stellte sie fest, hätten sich schließlich auf 2,5 Millionen Euro summiert. Der Politik dankte sie, dass sie das Vorhaben immer geduldig begleitet habe, dem Land für die weiter gewährte Zwei-Drittel-Förderung. Sie finde es berührend, endlich die Einweihung feiern zu können, und sie wünsche sich, dass viele Kinder und Jugendliche aus Einbeck, dem Umland und der Region ebenso wie Erwachsene die Halle nutzen würden, die wunderbare Konzepte biete. Allen, die an dieser Umsetzung des für die Region einmaligen Projekts mitgewirkt hatte, dankte sie sehr.

Man könnte zu Recht von einem Leuchtturmprojekt sprechen, unterstützt aus dem Städtebauförderunprogramm, stellte der Staatssekretär Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, Frank Doods, fest. Als Ratsvorsitzender habe er die Halle schon mehrfach genutzt und sie schätzen gelernt. Corona habe die Bedeutung von Räumen neu definiert. Wenn man Politik lebendig gestalten wolle, sei man auf Austausch angewiesen. Das sei zwar digital möglich, aber es sei nicht ausreichend, und wie die Halle Menschen in Bewegung bringe, sei auch die Politik darauf angewiesen. Er denke an die eigene Jugendarbeit in den 70er Jahren zurück, mit einer Teestube als Jugendzentrum. Er habe erfahren, dass offene Jugendarbeit wichtig sei, und er sehe mit Freude, welche Möglichkeiten es heute gebe: Es sei ein Super-Lernraum geschaffen worden. Das sei ein Beweis, dass Förderung notwendig sei, um Städte lebendig zu halten, Begegnungsräume zu schaffen und öffentliche Angebote. Dies sei ein Kernanliegen der Programme. Deshalb sei man auch bei der Kostensteigerung mitgegangen. Die Förderung habe sich beim Wandel der Städte bewährt, und Corona habe eine noch schnellere Dynamik gebracht, so dass sie ein wichtiges Instrument bleibe. Man müsse Menschen einen Anlass geben, in die Städte zu kommen. Er freue sich, dass er einen Beitrag bei diesem erfolgreichen Marathon leisten konnte. So etwas könne man schaffen, wenn Kraft und Entschlossenheit da seien. Er wünschte denen, die dieses Haus in Zukunft mit Leben füllen und für Bewegung sorgen würden, alles Gute.

Auch der Verein Jimie, die Jugendinitiative Musik in Einbeck, fühlt sich der Multi verbunden und freut sich auf eine Zusammenarbeit – wenn es wieder geht. Vorsitzender Stephan Richter erläuterte, dass es sieben bis acht Bands gegeben habe, die vor Corona regelmäßig im Haus der Jugend geprobt hätten. Die große Bühne der Multi würde man gern nutzen; wie das geschehen werde, sei noch nicht klar, beim Wiederaufbau werde man sicher viel Geduld brauchen. Er sei aber sicher, dass das Szenario Veranstaltungen gut genutzt werde.

Die Gäste der Eröffnungsfeier erlebten auf vielfältige Weise, was die Multifunktionshalle »kann«: Die Skater boten eine rasante Vorstellung, ebenso der Rollsportverein. Musik gab es mit der Handpan, und die Airdancers nutzten auf beeindruckende Weise gleich mehrfach Fläche und Bühne.ek