Ausschuss für Schule, Kultur und Sport des Landkreises

Integrierte Gesamtschule soll die Schullandschaft ergänzen

Einrichtung zum nächsten Schuljahr im Gebäude der Bendow-Schule / Bau einer Mensa / Dem Elternwillen Rechnung tragen

In Einbeck soll es ab 1. August 2011 eine Integrierte Gesamtschule geben: Dafür sprach sich mehrheitlich der Ausschuss für Schule, Kultur und Sport des Landkreises aus, der jetzt in der Bendow-Schule tagte. Der Ausschuss empfahl mit sieben Ja-, drei Nein-Stimmen und einer Enthaltung, den Landrat zu beauftragen, gegenüber der Landesschulbehörde fristgerecht einen Antrag auf Einrichtung einer IGS als Ganztagsschule im Gebäude der Bendow-Schule einzureichen.

Einbeck. Damit soll der in der Elternbefragung zum Ausdruck gekommene Elternwille zur Errichtung einer IGS und zum Erhalt der bestehenden gegliederten Schulformen respektiert werden. Der Kreistag wird aufgefordert, festzustellen, dass das gegliederte Schulsystem in der Stadt Einbeck im Fall der Gründung einer IGS aufgrund der Schülerzahlenprognose mittelfristig erhalten bleiben kann. Gleichzeitig wird begrüßt, dass mit der Gründung einer IGS das Schulangebot im Sekundarbereich I in Einbeck und darüber hinaus im gesamten Landkreis Northeim vielfältiger und differenzierter wird und den Eltern eine weitere Option zur Beschulung ihrer Kinder ermöglicht wird. Maßgebendes Ziel soll eine verbesserte Qualität aller Schulformen sein.

Die Wilhelm-Bendow-Schule soll mit Ablauf des Schuljahres 2015/2016 aufgehoben werden. Die Beschulung soll ab dem Schuljahr 2011/2012 auslaufend erfolgen. Schüler, die die Hauptschule besuchen wollen, werden an der Geschwister-Scholl-Schule beschult. Im Schulgebäude der Bendow-Schule soll noch bis zum 1. August 2011 eine Mensa errichtet werden. Für die Bau- und Einrichtungskosten soll eine außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von 750.000 Euro bewilligt werden.

Zur Deckung werden die Jahresgewinne 2008 der Kreisvolkshochschule Northeim in Höhe von rund 608.440 Euro und des Jugendfreizeitheimes Silberborn in Höhe von 145.997 Euro herangezogen. Die Maßnahme wird mit 80 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten aus Mitteln der Kreisschulbaukasse finanziert. Zudem soll der Kreistag feststellen, dass die Schülerzahlen der Haupt- und Realschulen aufgrund der demografischen Entwicklung rückläufig sind. Eine Neuausrichtung einzelner Schulstandorte soll nach Stellungnahme der betroffenen Schulen sowie der Städte und Gemeinden beantragt werden. Im Vorfeld des Beschlusses wurde die Einrichtung der IGS wiederum diskutiert: Während die SPD vor allem den Elternwillen in die Waagschale warf, interpretierte die CDU die Zahlen als Votum für das dreigliedrige Schulsystem. Grüne und FDP befürworteten die IGS. Der Leiter der Goetheschule, Hartmut Bertram, bewertete die vorgelegten Zahlen kritisch, sah für die IGS die drohende Dreizügigkeit. Nicht das Gegeneinander wollte Siegfried Pinkepank, Sprecher der IGS-Initiative, in den Mittelpunkt stellen, sondern die Schüler, die in einer anerkannten Schulform entsprechend gefördert werden, so dass der  »Einzelne mehr zählt als Zeugnisnoten«.

In einer ersten Umfrage im Frühjahr wurde in den Städten Bad Gandersheim, Dassel, Einbeck und Northeim sowie in den Gemeinden Kalefeld, Katlenburg-Lindau und Kreiensen das allgemeine Interesse der Erziehungsberechtigten an der Einrichtung einer weiteren Gesamtschule im Landkreis Northeim abgefragt. Diese Umfrage hat ergeben, dass das Potential hierfür gegeben ist. Der Kreisausschuss hat daher beschlossen, für die Einrichtung einer Integrierten Gesamtschule (IGS) oder Kooperativen Gesamtschule (KGS) in Einbeck eine zweite Befragung durchzuführen. Die Befragung ist unmittelbar nach den Sommerferien erfolgt. Die Auswertung hat zu folgendem Ergebnis geführt: 3.291 Fragebögen wurden in 23 Grundschulen verteilt, 1.993 wurden zurückgegeben (60,6 Prozent), davon waren 102 ungültig, 1.298 wurden nicht zurückgegeben (39,4 Prozent). Von den 1.891 gültigen Stimmen haben sich die Erziehungsberechtigten für die einzelnen Schulformen wie folgt entschieden: 1.388 (73,4 Prozent) für das gegliederte Schulsystem, 503 (26,6 Prozent) für die Gesamtschule, davon 367 (73,0 Prozent) für die IGS, 114 (22,7 Prozent) für die KGS und 22 (4,3 Prozent) für die Gesamtschule, ohne zwischen IGS und KGS zu differenzieren. Die Mehrheit der Erziehungsberechtigten, die sich für eine Gesamtschule ausgesprochen haben, gab einer IGS den Vorzug. Die bisherige Verordnung zur Schulentwicklungsplanung hatte die Zügigkeit mit mindestens fünf vorgegeben.

Diese Verordnung ist außer Kraft getreten. Aktuell gibt es keine Vorgaben für die Zügigkeit einer IGS. Der Landkreis geht davon aus, dass die Mindestzügigkeit auf vier herabgesetzt werden könnte. Erwartet wird, dass die  Übergänge von den Grundschulen in eine IGS zwischen 3,7 und 4,5 Zügen liegen. Das Potential zur Einrichtung einer vierzügigen IGS in Einbeck wäre somit gegeben.

Die Schülerzahl in allen IGS in Niedersachsen ist im Zeitraum 2004 bis 2008 jährlich um durchschnittlich 3,2 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum ist die Schülerzahl in den Grundschulen im Landkreis Northeim im Durchschnitt um 3,4 Prozent zurückgegangen. Die Vierzügigkeit wird daher trotz der demographischen Entwicklung für den von der Landesschulbehörde verlangten Prognosezeitraum von 14 Jahren zu erreichen sein, heißt es in der Beschlussvorlage. Die Schülerschaft einer IGS in Einbeck setzt sich jeweils zu rund 50 Prozent aus  Schülern aus Einbeck und den benachbarten Kommunen zusammen. Durch die Einrichtung einer IGS in Einbeck wird das gegliederte Schulsystem der benachbarten Kommunen nicht wesentlich beeinträchtigt. Denn die übrigen rund 50 Prozent der Schülerschaft für eine IGS in Einbeck verteilen sich, bezogen auf die Bevölkerungszahl, relativ gleichmäßig auf die übrigen sechs befragten Städte und Gemeinden.  Die weiterführenden Schulen in Einbeck haben insgesamt neun Klassen im fünften Schuljahrgang.

Bei Einrichtung einer vierzügigen IGS im Gebäude der Wilhelm-Bendow-Schule wird folgende Entwicklung erwartet:  Die Goetheschule wird sich drei- bis vierzügig entwickeln, die Löns-Realschule zwei- bis dreizügig. Die Zukunft der Hauptschulen ist ungewiss. Schüler, die nicht die IGS besuchen, könnten im Gebäude der Geschwister-Scholl-Schule beschult werden. Eine vierzügige IGS, davon rechnerisch zwei Züge mit  Schülern aus Einbeck, kann im Gebäude der Wilhelm-Bendow-Schule eingerichtet werden. Das gegliederte Schulsystem  in Einbeck kann unverändert beibehalten werden. Mit weiteren Zahlen belegte der Landkreis, dass für die IGS in Einbeck eine Vierzügigkeit gesichert sei. Die Einrichtung einer IGS gefährde nicht die Schulstandorte  Dassel, Kalefeld und Kreiensen. Weiteres Potential für eine IGS wird  gesehen, wenn die Gesamtschule erst einmal eingerichtet ist.

Realschüler hatten mit Plakaten ihren Unmut  über eine IGS kundgetan. Landrat Michael Wickmann stellte dar, dass der Landkreis in sieben Jahren rund 6.000 Einwohner verliere und damit viele ungeborene Kinder. Wenn Schulstandorte geschlossen werden müssten, resultiere das aus der demografischen Entwicklung.Dr. Hermann Weinreis, SPD, wollte dem Elternwillen Rechnung tragen. Das Votum für eine IGS sei keine Negativ-Entscheidung gegen die gegliederten Schulformen. Die Befragung habe vielmehr ergeben, dass es eine »deutliche Teilmenge« der Elternschaft gebe, die sich für eine integrierte Beschulung ausspricht.  Keine der Schulen werde in Frage gestellt, vielmehr werde ein ergänzendes Angebot geschaffen.

Die Auswahlmöglichkeiten der Erziehungsberechtigten würden bei Einrichtung einer IGS erweitert. Das unterstützte auch das hinzugewählte Mitglied Karsten Armbrecht, ebenso wie Janne Klett-Drechsel für die Grünen und Ralf Rahnert für die Lehrkräfte der BBS.

Für die CDU interpretierte Werner Thiele die vorgelegten Zahlen anders: Mehr als 73 Prozent hätten sich für das gegliederte Schulsystem ausgesprochen. Bei Einrichtung einer IGS würden andere Schulen in schweres Fahrwasser gelangen, befürchtete er. Helmar Breuker, CDU, mahnte Weitblick an, sah Schwierigkeiten beim Schülertransport und bei der Überlebenschance der Hauptschulen. Als Bereicherung des Schulstandorts sah Otto Westphal, FDP, eine IGS, er enthielt sich allerdings.

Der Goetheschulleiter, Hartmut Bertram, hielt die vorgelegten Zahlen und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen für zu ungenau. Einer IGS drohe die Dreizügigkeit. Zudem habe man die räumlichen und pädagogischen Anforderungen nicht berücksichtigt, setze nur auf die »Karte der Fantasie«. Es sei Aufgabe der Politik, das Ganze zu sehen, hob der Sprecher der IGS-Initiative, Siegfried Pinkepank, heraus. Die Befragung habe trotz weniger Informationen ein Votum für die IGS erbracht. Schade sei, dass in dieser Frage so gegeneinander gearbeitet werde, stellte Antje Sölter von der IGS-Initiative fest. Der Elternwille sei das, was zähle, betonte Rolf Metje, SPD. Das Bildungsangebot verbessere sich durch eine IGS. Mehrheitlich wurde für die Einrichtung der IGS gestimmt, nicht automatisch ist damit auch die Einrichtung einer Oberstufe gemeint. Abschließend entscheidet der Kreistag in seiner öffentlichen Sitzung am 24. September ab 15 Uhr in der Rainald-von-Dassel-Schule in Dassel.sts