Keine Lust auf die »Szene«

Große Mengen Marihuana zuhause: Einbecker vor dem Schöffengericht

Einbeck. Handel konnte ihm nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, aber wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist ein 36-Jähriger jetzt vom Amtsgericht Einbeck zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Bei dem Mann aus einem Einbecker Ortsteil waren im Februar 2018 rund 450 Gramm Marihuana gefunden worden – zum Eigenkonsum, weil er nicht auf den Schwarzmarkt angewiesen sein wollte, wie er vor dem Schöffengericht aus­führte.

Bei einer Hausdurchsuchung wurden mehr als 300 Gramm Marihuana, etwas Haschisch sowie Pflanzen gefunden, außerdem 540 Euro Bargeld, das eingezogen wurde. Den Besitz der Drogen räumte der Angeklagte ein, den ebenfalls angeklagten Handel dagegen nicht: »Nie, in keinster Form.«
Es sei allerdings, führte Richterin Martina Sievers aus, »relativ viel gefunden worden«. Und von besonderem Interesse war für sie auch das gefundene Bargeld: Das sei, so der 36-Jährige, Erspartes. Er habe immer mal ein paar Euro zur Seite gelegt, etwa für unerwartete Anschaffungen. Zu den sichergestellten Fein­waagen erklärte er, eine habe er zum Backen genutzt, die andere zur Selbstkontrolle seines Drogenkonsums. Seit jener Durchsuchung sei er allerdings clean, was sich auch durch das ­Ergebnis einer Haaranalyse belegen lasse.

Ein an der Durchsuchung beteiligter Polizeibeamter berichtete, wo man den Raum für den Anbau von Cannabis entdeckt habe: hinter einer Tür, die von einem Wandteppich bedeckt war. Verschiedene Sorten waren in Gläsern oder Plastikdosen gelagert. Eine Handy-Auswertung habe keine Hinweise auf Handel ergeben, auch Verpackungsmaterial fand sich nicht. Allerdings sei die gefundene Menge seiner Ansicht nach »definitiv zu groß für Eigenbedarf«.

Den Besitz habe der Angeklagte eingeräumt, den Handel bestritten, das Ersparte zu erklären versucht: Immerhin spreche man über 1.543 Konsumeinheiten, erläuterte die Staatsanwaltschaft, und die Auffindesituation der Drogen spreche für einen Verkauf. Die erlaubte Menge sei jedenfalls dreimal überschritten worden, wobei man allerdings von einer weichen Droge mit einem eher unterdurchschnittlichen Wirkstoffgehalt ausgehen könne. Neun Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung bei einer Bewährungszeit von drei Jahren wären das angemessene Strafmaß.

Bei der Menge »automatisch« an Handel zu denken, sei falsch – diese Automatik gebe es im Recht nicht, so der Verteidiger. Es wäre an der Zeit, dass sich die Rechtsprechung Gedanken mache über die Realität: Eigenanbau greife um sich, zumal man nicht einmal mehr besonders findig sein müsse; im Internet finde man alles, was man dafür brauche. Wer es selbst mache, habe aber die Menge nicht im Griff. Wenn sein Mandant in kleinen Scheinen im Küchenschrank spare, lasse sich daraus kein Indiz ableiten. Er sehe keinen Beleg für Drogenhandel. Zur Bewährungsfrist rechnete er vor, dass sein Mandant sich seit der Durchsuchung vor zweieinhalb Jahren nichts habe zu Schulden kommen lassen – weitere drei Jahre Bewährung seien dann also sehr lange. Zwei Jahre würden ausreichen, und weitere Kontrollen wären nicht notwendig.

Er gestehe den Besitz, wiederholte der Angeklagte in seinem Schlusswort, das sei nicht okay gewesen. Aber er habe selbst angebaut, weil er keine Lust gehabt habe auf die »Szene«.

Wegen des unerlaubten Besitzes verhängte das Gericht eine Bewährungsstrafe von neun Monaten. Handel sei dem Mann nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen. Seine Argumentation, was die Menge, die Feinwaagen oder die Portionen angehe, sei nicht zu widerlegen gewesen. Es sei zu beachten, dass er seit zweieinhalb Jahren nicht mehr konsumiere. Bei der sichergestellten Summe reiche der Verdacht der illegalen Herkunft nicht aus, um sie einzuziehen – er wird das Geld zu-rückbekommen. Die Bewährungszeit wurde auf zwei Jahre festgelegt. Zusätzlich sind 1.200 Euro an einen Krankenhausförderverein zu zahlen.ek