Kommunen müssen finanzgerecht ausgestattet werden

Der SPD-Landesvorsitzende Olaf Lies besucht Einbeck und KWS / Ungleichbehandlung bei Schulen darf es nicht geben

Dass der nächste Ministerpräsident von Niedersachsen ein Sozialdemokrat sein wird, steht für Olaf Lies außer Zweifel. Der SPD-Landesvorsitzende stattete Einbeck jetzt einen Besuch ab. Er tritt gegen den Oberbürgermeister der Stadt Hannover, Stephan Weil, an: 65.000 Mitglieder der SPD werden am 27. November entscheiden, wer für die SPD als Ministerpräsidenten-Kandidat in den Wahlkampf zieht. Die Einbecker SPD hatte Lies bereits vor geraumer Zeit eingeladen und will den Besuch in Einbeck nicht als Wahlkampf-Hilfe verstanden wissen.

Einbeck. Olaf Lies ist seit 2002 Mitglied der SPD, ist Mitglied im Kreistag Friesland und stellvertretender Landrat, seit Mai 2010 ist er Landesvorsitzender der SPD, seit Juni 2010 stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im niedersächsischen Landtag. Der Vater zweier Töchter ist Diplom-Ingenieur.

Bürgermeister Ulrich Minkner freute sich über den Besuch. Spitzenpolitiker würdig zu empfangen, sei Tradition in Einbeck. In Richtung Landespolitiker sprach Minkner den Wunsch auf angemessene Finanzausstattung der Kommunen aus. »Wir wissen vor Ort besser, wie wir das Geld ausgeben können.« Dass er in der kommunalen Ebene verwurzelt sei, hob Lies dann auch heraus. Seiner Meinung nach haben Landes- und Kommunalpolitik viel miteinander zu tun. Die Lebenswirklichkeit der Menschen aber finde vor Ort statt. Bedauernd stellte er das rückgängige Interesse der Menschen an der Politik fest. Doch wenn man sehe, was auf Bundesebene geschehe, dann sei das nicht gänzlich unverständlich. Die derzeitige Debatte um Steuersenkungen sei »absurd«, denn gute Schulen oder ein funktionierender Öffentlicher Personennahverkehr seien gewollt, und das müsse auch bezahlt werden. Und so sprach sich der Landespolitiker für eine »vernünftige Finanzausstattung« aller politischen Ebenen aus. Deshalb dürfe die Schuldenbremse auch nicht dazu führen, dass Aufgaben ohne Ausgleich auf untere Ebenen transferiert werden. Zudem bat Minkner darum, beim Thema Grüne Gentechnik nicht übereilt vorzugehen. Das Thema müsse sachlich behandelt werden, denn »nicht alles, was Gentechnik heißt, sei gleich böse«.

Vor Ort hatte sich Olaf Lies zunächst bei der KWS Saat AG umgesehen. Dr. Jutta Zeddies und Georg Folttmann hatten die Tätigkeitsfelder des Unternehmens, besonders den Forschungs- und Entwicklungsbereich, vorgestellt. Züchtung, Züchtungsmethoden und Ziele sowie die Grüne Gentechnik wurden thematisiert.  Lies freute sich, dass zunächst die konventionelle Züchtung in den Blick genommen wurde, erst im zweiten Schritt – beispielsweise auch bei einem erneuten Besuch in zwei Wochen – wird es vertiefend um Grüne Gentechnik gehen.  Niedersachsen, da war er sich sicher, müsse die Landwirtschaft »stark im Blick« haben. Und so sei es für ihn interessant gewesen, welche Entwicklungen es zum Beispiel beim Bedarf der Energiepflanzen gebe. Aber auch die Unternehmenskultur der KWS – ein hoher Ausbildungsgrad und »tolle Modelle« der Unternehmensbeteiligung – haben bei dem Landespolitiker Eindruck hinterlassen.

Im Kreis der Sozialdemokraten ging es dann auch um die Integrierte Gesamtschule (IGS). Das Land hat die Einrichtung einer IGS in Einbeck abgelehnt, eine Vierzügigkeit auf zehn Jahre reicht nicht aus. Diese Entscheidung wird zurzeit beklagt. Die befürwortete Einrichtung einer IGS in Einbeck sei keine Entscheidung gegen das Gymnasium, stellten die Sozialdemokraten heraus. »Die Goetheschule ist das Flaggschiff der Stadt«, betonte auch der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Martin Wehner.

Für Lies ist der Elternwille maßgeblich. Im schulischen Bereich müsse ein wohnortnahes Angebot vorgehalten werden. Er sprach sich aus für eine klare Gesetzgebung, die vierzügige, in Ausnahmefällen auch dreizügige IGSen ermöglicht. Im Hinblick auf die neue Oberschule und die IGSen gebe es zurzeit eine »Ungleichbehandlung«, die nicht hinnehmbar sei – beispielsweise bei dem teilgebundenen Ganztagsunterricht oder der Schulsozialarbeit. Zugleich erteilte Lies dem Abitur nach acht Jahren eine Absage. Bis eine Entscheidung auf dem Klageweg für oder gegen eine IGS fallen wird, wird nach Meinung des Sozialdemokraten noch viel Zeit vergehen.

Weiteres Thema waren die Zukunftsverträge: Gemeinden können durch Fusion oder Eigen-entschuldung Finanzhilfen vom Land bekommen. Der Einbecker Rat hat gerade die Eingliederung der Gemeinde Kreiensen beschlossen. Doch die Fusionen im Land seien auch von Zufälligkeiten geprägt, was wiederum dazu führe, dass es am Ende auch »dunkle Flecken« im Land gebe. Systematisch und geordnet hätte man diese Neustrukturierung angehen müssen, meinte Lies.

So war er sich sicher, dass nach der Landtagswahl 2013 das Kommunalverfassungsgesetz »angefasst werden muss«. Beispiel dafür sind auch die Frage der Grunderwerbssteuer bei Fusionen oder die Zahl der Wahlbereiche. Denn künftig soll das vergrößerte Einbecker Gebiet in lediglich zwei Wahlbereiche aufgeteilt werden. Da sei zu befürchten, dass das schwierig für die Kreienser werde, betonte Rolf Hojnatzki von der Einbecker SPD.

Olaf Lies will Ministerpräsident werden. Bei sieben Regionalkonferenzen werden sich Lies und Weil vorstellen um die Stimmen der Sozialdemokraten werben. Die Regionalkonferenz in Göttingen findet am 8. November statt, nicht nur Parteimitglieder, sondern auch Bürger sind eingeladen, sich ein Bild von den Kandidaten zu machen. Die 300 Einbecker Sozialdemokraten werden am 27. November dann ihren Ministerpräsidenten-Kandidaten wählen – zwischen 10 und 16 Uhr im Haus der Arbeiterwohlfahrt. Das vorläufige Endergebnis wird dann am Abend erwartet.sts