Kreativität fördern und Lernerfolge steigern

Kurt Rotermund, Experte für lernfördernde Schulgestaltung, referiert über Farben, Möbel und Ordnung

Hier darf’s auch mal beige sein: Mit einem Einbecker Geschenk bedankte sich Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek bei Kurt Rotermund für seinen Vortrag über die Gestaltung lernfördernde Klassenzimmer, unter anderem durch den Einsatz von Farbe.

Farbe kann Kreativität und Lernbereitschaft steigern, und sinnvoll angeordnetes Mobiliar kann für bessere Arbeitsergebnisse sorgen. Wie ein Klassenzimmer aussieht, das unter solchen Aspekten gestaltet wird, und welche Möglichkeiten es auch für den »kleinen« Einstieg gibt, das hat Kurt Rotermund jetzt erläutert. Der Vorsitzende des Vereins »Lernfördernde und präventive Schulgestaltung« (LUPS) war auf Einladung der Stadt Einbeck zu einem Vortrag gekommen. Die FDP-Ratsfraktion hatte die Veranstaltung nach einer entsprechenden Diskussion im Schulausschuss angeregt.Kurt Rotermund, Experte für lernfördernde Schulgestaltung, referiert über Farben, Möbel und Ordnung.

Einbeck. Was löst Farbe in Klassenzimmern bei Schülern und Lehrern aus, wie verändert sie die Atmosphäre in Schulen insgesamt? Auf diese Fragen werde der Referent eingehen, kündigte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek in ihrer Begrüßung an.

Schule, so Kurt Rotermund, befinde sich im Wandel hin zum Lebensraum. Wenn man verpflichtet sei, Kindern etwas beizubringen, müsse man auch die besten Voraussetzungen dafür schaffen.

Ein »Aprendarium« hat er mit seinem Team entwickelt, auf der Basis einer ganzen Reihe von wissenschaftlichen Ergebnissen. Daraus wurde ein entsprechendes Klassenzimmer gebaut – mit erstaunlichen Ergebnissen: Die Fehlzeiten verringerten sich um 30 Prozent, es wurde 20 Prozent mehr Lehrstoff aufgenommen, und das Sozial- und Arbeitsverhalten verbesserte sich. Das Aprendarium sei eine AAA-Klasse, die Lern- und Gesundheitsförderung, moderne Technik und Inklusion aufgreife.

Hindernisse für gutes Lernen seien beispielsweise Nervosität, Lärm, schlechtes Licht, Bürokratie, Enge, Mobbing, Stress und Angst. Wenn man etwas davon reduziere, werde die Leistung steigen. Herkömmliche Klassenräume hätten Defizite, und die könnten sich auch emotional auswirken. Im Bemühen um einen Ausgleich müsse häufig auf das Struktivpotenzial zurückgreifen – und diese Möglichkeit sei begrenzt.

Formen und Farben spielten im Schulbetrieb eine große Rolle, führte er aus. Lernförderung müsse sehen, wie sie vernünftige Arbeitsplätze schaffen könne. Kinder sollten sich wohlfühlen. Sie sollten ihr Wissen umsetzen können, Kreativität sollte gefördert werden, und Lern- und Lehrerfolge sollten sich steigern lassen.

Es müsse darum gehen, beste Voraussetzungen für den Unterricht zu schaffen, und dabei gehe es um mehr als Räume. Wenn man die Kompetenz steigere, werde auch die Zufriedenheit wachsen sowie die Akzeptanz des Unterrichts und der Schulen, und man könne die Konzentrationsfähigkeit aktivieren.

Beachten müsse man, was die Schüler in den Unterricht »mitbringen« würden. Um Lernerfolg zu steigern, müssten Raum und Thema passen. Die Schule müsse Schüler besser aufnehmen, und sie dürfe den Strom der kindlichen Neugier nicht abreißen lassen.

Anhand von Vorher-/Nachher-Bildern führte Kurt Rotermund aus, was Farbe, Wandleuchten in Tageslichtfrequenz oder Möblierung bewirken können. Ein Nebeneffekt sei, dass die Schüler mit derart gestalteten Klassenräumen hervorragend umgehen würden – sie sähen auch nach Jahren noch wie neu aus.

Als Basis-Tipp für die Schule beziehungsweise Lehrer hatte er:?erstmal aufräumen. Es sei schwierig, lernfördernde Stimmung in überfüllten Klassenräumen zu installieren. Vieles, was für wichtig erachtet werde, liege, stehe oder hänge in den Klassen herum; die Schüler würden davon allerdings eher abgelenkt.

Bei der Gestaltung von Räumen müsse man Größe, Höhe und Form beachten. Fenster, Sonnenschutz, Laufwege, Abstellflächen, Klima, Heizung, Lüftung, Verdunklung seien Aspekte, die man beachten müsse. Außerdem brauche jedes Kind ausreichend Platz:?Man gehe von einem notwendigen Radius von 1,20 Metern aus. Werde dieses Anti-Terror-Feld unterschritten, müsse man mit Gewaltentwicklung, Nervosität und Aufsässigkeit rechnen. Auch Fragen der Akustik im Raum müsse man beachten.

Die Einrichtung sei unterrichtsabhängig zu gestalten. Die Art des Sitzens beziehungsweise der Tisch könne sich fördernd auf das Lernen auswirken beziehungsweise auf das Ziel, Wissensverlust zu verringern.

Jeder Schüler müsse Platz haben, seine persönliche Ausstattung unterzubringen. Verschiedene Modelle stellte Kurt Rotermund zur Sitzordnung vor: Eine frontale Lösung sei weniger vorteilhaft als eine offene oder ovale Variante. Man habe das ausprobiert, »und es war eine völlig andere Klasse.«

Einmal bei der Umgestaltung, sollte man aktuellen technischen Anforderungen genügen: WLAN, elektronische beziehungsweise interaktive Tische für die Gruppenarbeit oder ein Activ Paneel als Tafel-Ersatz seien zeitgemäß.

Klassenräume können durch lernunterstützende Elemente sinnvoll gestaltet werden, führte der LUPS-Vorsitzende aus:?Entspannung entstehe durch Wohlfühlen, und äußere Einflüsse ließen sich reduzieren. Krankheitsstand, Stress und Vandalismus könnten zurückgehen, wenn in vernünftigen Klassen unterrichtet werde. Neues Licht könne zu einem guten Stoffwechsel beitragen. Raumlicht sei besser als Falllicht.

Besonderes Augenmerk legte er auf die Farben: So sei beispielsweise Pistazie gehirnanregend. Türkis dämpfe die Gehirntätigkeit. Ein grüner oder orangener Anstrich mache Klassen sehr hell. Der intensivste Ton sollte sich an der Tafelseite befinden, wobei die Farben insgesamt nicht zu kräftig sein sollten. Stühle und Tischoberflächen sind darauf abzustimmen.

Ein unter lernfördernden Aspekten umgebautes Klassenzimmer kostet, so der LUPS-Vorsitzende, etwa 44.000 Euro. Bei einem Schulneubau sind etwa 10.000 Euro zusätzlich pro Klasse zu kalkulieren.ek