»KWS hat sich insgesamt gut entwickelt«

Aktionärsversammlung genehmigt Dividende von 3,20 Euro, Aktiensplit und neue KGaA als künftige Rechtsform

Wegen der Um­baumaßnahmen in der Grimsehl­straße konnte die KWS-Aktionärs­versammlung erstmals seit vielen Jahren am Unternehmensstandort statt­finden – man ist in die PS.Halle ausgewichen, wo Vorstand und Aufsichtsrat (Foto) den Akti­onären über das vergangene Geschäftsjahr berichteten und künftige Pläne erläuterten.

Das Wachstum ist nicht mehr so dynamisch, aber das Unternehmen nutzt die Plateauphase zur Regelung wichtiger Angelegenheiten. Die KWS SAAT SE hat am gestrigen Freitag ihre Aktionärsversammlung abgehalten – erstmals seit mehr als 25 Jahren nicht auf dem Gelände an der Grimsehlstraße, wo gebaut wird, sondern in der PS.Halle. Ein wesent­-liches Thema war die Änderung der Rechtsform in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA).

Einbeck. »Eine Basis schaffen für neues Wachstum«, das war, so Vorstandsmitglied Eva Kiehnle, in den vergangenen Monaten Schwerpunkt der Arbeit. Unter anderem ging es dabei um die Änderung der Rechtsform. KWS positioniere sich künftig noch stärker als unabhängiger Saatgutspezialist mit qualitativ hochwertigen Sorten, einem vielfältigen Portfolio, starker Innovationskraft und besonderer Kundennähe. Es sei nicht nur organisches Wachstum nötig, sondern künftig sollten auch verstärkt und kurzfristig Akquisitionen genutzt werden, wobei es derzeit keine konkreten Übernahmeziele gebe. Gleichzeitig soll die Steuerung des Unternehmens durch die Familieneigentümer beibehalten werden. Mögliche Alternativen habe man geprüft und verworfen.

Die Geschäftsführung werde durch die familiengeführte Komplementärin, die KWS SE, durch deren Vorstand wahrgenommen. Der KWS-KGaA-Aufsichtsrat werde von der Hauptversammlung gewählt. Der Vorstand sei überzeugt, dass die Struktur den Interessen der Anteilseigener entspreche und dass sie insbesondere die flexible und unkomplizierte Gestaltung des Wachstums optimal unterstütze. Weiter werde ein Aktiensplit angestrebt.

Weiter stellte sie das Oneglobe-Projekt als Plattform für Wachstum vor. Die globalen Funktionen für Finanzen, Einkauf und Personal würden nach Berlin verlagert, um dort Standardprozesse abwickeln zu können. Mitarbeitern, die weltweit in den regionalen Zentren tätig seien, sollte eine Aufgabe in der Zentralorganisation in Einbeck oder Berlin angeboten werden. Nach einer umfassenden Analyse habe man sich für Berlin als zweites Standbein entschieden. Den neuen Standort werde man Ende 2019 beziehen.

In den vergangenen fünf Jahren hat sich das Umsatzwachstum deutlich verlangsamt, wobei der Jahresüberschuss konkret gesteigert wurde. Die Gesamtbetrachtung der KWS-Gruppe falle gemischt aus. Der Umsatz ging leicht auf 1,068 Milliarden Euro zurück. Erneut werde man, nach der Erhöhung im vergangenen Jahr, eine Dividende von 3,20 Euro je Aktie vorschlagen.

Die Mitarbeiterzahl konnte um knapp vier Prozent gesteigert werden, vor allem im Bereich Forschung und Entwicklung seien heute etwa 1.900 von knapp 5.150 Mitarbeitern weltweit beschäftigt. Am Standort Einbeck hat das Unternehmen 1.425 Beschäftigte sowie 93 Auszubildende.

In vieler Hinsicht engagiere sich KWS, Mitarbeiter und Nachwuchskräfte zu gewinnen. Arbeitsplatzsicherheit und Gehaltshöhe seien nicht mehr ausreichend, sie zu gewinnen, zu halten und zu motivieren. Förderung und Forderung würden vorangetrieben, um ein attraktives Arbeitsumfeld anzubieten.

Mit dem Partner Simplot ist KWS wieder in die Kartoffelproduktion eingestiegen – ein Geschäftszweig, mit dem man langjährige Erfahrung habe, wie Vorstand Dr. Peter Hofmann berichtete. Saatgut statt Pflanzkartoffeln, das sei die künftige Vision. Man wisse, dass es dabei für die nächsten Jahre keinen Gewinn geben werde. Die Zuckerindustrie stand im vergangen Jahr unter enormem Druck in vielen Teilen der Welt. Dennoch wurde das erfolgreiche Geschäftsvorjahr sogar übertroffen – trotz Rückgangs der Anbaufläche und ungünstiger Wechselkurse.

Züchtung sei ein langwieriger Prozess, deshalb seien Aufwendungen in Forschung und Züchtung konsequent forciert worden. Gute Sortenleistungen konnten umgesetzt werden, was dazu geführt habe, den Weltmarktanteil erneut – auf jetzt 58 Prozent – zu steigern.

Nach dem Verbot für Neonikotinoide, einer Wirkstoffgruppe, die in der Saatgutbehandlung zum Schutz vor Insekten eingesetzt wird, werde die Konkurrenzfähigkeit begrenzt, wenn auch nur kurzfristig. Mit Teilen der Produktion müsse man auf Standorte außerhalb Deutschlands ausweichen. Ungeachtet dessen bringe man den Ausbau der Zuckerrübensaatgutproduktion in Einbeck ungehindert voran. Die erfolgreiche Einführung des Unkrautmanagementsystems Conviso Smart sei ein gutes Beispiel für die Innovationskraft des Unternehmens.

Vorstandsmitglied Dr. Léon Broers erläuterte, KWS habe in den vergangenen Jahren ein Fundament geschaffen, mit dem das Unternehmen gut für die Zukunft ausgestattet sei; man konnte die Innovationskraft weiter stärken. Die Mittel für Forschung und Entwicklung wurden im vergangenen Geschäftsjahr auf fast 200 Millionen Euro erhöht – Forschungsintensität sei wichtig für Produktentwicklung. Damit verbunden sei die Stärkung der Infrastruktur, etwa der Bau eines neuen Forschungsgebäudes in Einbeck mit Büros und Laborflächen. Über zwei Jahre würden etwa 20 Millionen Euro investiert. In den meisten Zuchtprogrammen habe das Jahr gute Leistungen gebracht, das zeige sich an 402 neuen Vertriebsgenehmigungen – 45 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Verlauf des Jahres hätten sich die Rahmenbedingungen für Forschung verändert, etwa zur Anwendung der Genschere. Man halte diese Technologie für ein hilfreiches Werkzeug, um langfristig Innovationskraft und Konkurrenzfähigkeit zu behalten.

»KWS entwickelt sich insgesamt gut«, konnte Vorstandssprecher Dr. Hagen Duenbostel berichten. Zuckerrübe, Getreide, Raps und Mais in Europa hätten die Erwartungen erfüllt. Geschäfte in Süd- und Nordamerika waren hingegen von großen Herausforderungen geprägt. Das Maisgeschäft in Amerika schloss mit einem Betriebsverlust von elf Millionen Euro ab. Beim Mais spüre man die Auswirkungen der gegenwärtigen Branchenkonsolidierung. Landwirtschaft werde stärker bestimmt von Digitalisierung und Automatisierung.

Als Saatgutspezialist könne KWS nur erstklassig bleiben, wenn das Unternehmen in Forschung, Züchtung und Vertrieb alle verfügbaren digitalen Potenziale nutze. Die Aufnahme neuer Produkte setze langen Atem und viel Rückgrat voraus. Von den weltweit führenden Unternehmen sei KWS das einzige, das dabei auf 160 Jahre Erfahrung und Kompetenz in Familienbesitz zurückblicken könne. Beim Mais sei man in Deutschland Nummer 1, in Europa Nummer 2 und weltweit auf Platz 4. KWS wachse langfristig dabei schneller als der Markt.

Unabhängigkeit und der Respekt vor der unternehmerischen Entscheidung der Landwirte mache das Unternehmen unverwechselbar: Saatgut aus der Landwirtschaft für die Landwirtschaft – auf Augenhöhe. Die wünsche sich die Landwirtschaft auch in der Gesellschaft, wobei sich die Rahmenbindungen weiter verschlechtert hätten. Landwirte sollten bessere Qualität in immer größerer Menge mit wenigen Hilfsmitteln produzieren – eine kaum lösbare Aufgabe.

In der Saatgutwirtschaft brauche man langfristige Generationenverträge. In diesem Geist werde KWS seit seiner Gründung geführt. Nachfolgen würden von langer Hand vorbereitet und umgesetzt. Die Aufnahme von Felix Büchting in den Vorstand ab Januar sei Signal und Zeichen von Werteorientierung. Man gehe gut aufgestellt in die Zukunft.

Das Unternehmen könne sich nicht nur organisch weiterentwickeln, sondern die Umwandlung der KWS SAAT SE in eine KGaA sei aus seiner Sicht eine zukunftssichernde Maßnahme. Vorstand und Aufsichtsrat seien sich einig, verstärkt durch Zukäufe zu wachsen, auch flexibel über den Kapitalmarkt finanziert. Das einzigartige Profil des Familienunternehmens müsse dabei erhalten bleiben, betonte er. Werte der KWS würden auf diese Weise noch gestärkt und abgesichert.

Aktionärsvertreter äußerten sich durchaus kritisch gegenüber den Plänen. Eine Stimme je Aktie, dieses Prinzip werde ausgehebelt, die »Luft rausgelassen«. Die Aktionäre haben aber den Beschlussvorschlägen der Verwaltung zu allen Tagesordnungspunkten mit deutlichen Mehrheiten zugestimmt. Die Umwandlung tritt zum 1. Januar in Kraft. Damit soll KWS ihre Firmenidentität wahren, indem die Aktionärsfamilien Büchting und Arend Oetker die Mehrheit in der persönlich haftenden Gesellschafterin KWS SE halten. Weiter wurde ein »Aktiensplit« beschlossen, durch den Aktionäre für jede be­stehende Aktie vier neue Aktien erhalten. Ebenfalls beschlossen wurde die Dividende von 3,20 Euro je Stückaktie.ek