Lange auf diesen Glücksmoment hingearbeitet

Abiturienten der Beruflichen Gymnasien der BBS Einbeck: Entlassungsfeier | »Wichtige Dinge passieren offline«

Auf den Glücksmoment hingearbeitet: Die Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Gymnasien der BBS Einbeck haben jetzt ihre Abschlüsse erreicht, sie wurden mit den Abiturzeugnissen verabschiedet.

Einbeck. Drei Jahre haben sie an den Beruflichen Gymnasien der Berufsbildenden Schulen Einbeck (BBS) verbracht auf dem Weg zum Abitur, und zwei Jahre davon waren bestimmt durch Corona. »How to get Abi online fast?« hat sich der diesjährige Absolventenjahrgang deshalb als Motto gegeben, mit einer Anleihe bei einer Streaming-Serie. Die Schüler sind jetzt offiziell entlassen worden, und sie haben das feierlich begangen.

Der 13. Jahrgang der Beruflichen Gymnasien Wirtschaft, Gesundheit und Soziales mit den Schwerpunkten Ökotrophologie und Sozialpädagogik sowie Technik mit dem Schwerpunkt Informationstechnik habe es geschafft: Die anstrengende Tortur habe vorerst ein Ende, stellte die stellvertretende Schulleiterin Dörte Kirst-Bode fest. »Das darf gefeiert werden.« Erwartungsvoll seien die Schüler vor drei Jahren an den BBS gestartet, nun könnten sie offiziell »Adieu« sagen mit dem Rüstzeug für Universität oder Ausbildung, dem höchsten in Deutschland zu vergebenden Schulabschluss. Für die Schule sei das immer ein Fest, »viele andere Klassen bewundern Sie.« Eltern und Partnern sagte sie Dank für ihre Begleitung und gelegentlichen Trost, ebenso den Klassenleitungen, die hilfreiche Begleiter gewesen seien. Für den reibungslosen Ablauf des aufwendigen Abiturverfahrens bis zur jetzigen Ausgabe der »Papiere, die Ihnen alle Türen öffnen«, hätten Abteilungsleiterin Sandra Both und Stellvertreterin Anna-Lena Engelhardt gesorgt.

Am Beispiel einer Wunderkerze machte Dörte Kirst-Bode deutlich, was sie den Schülern mit auf den Weg geben wolle: Sie seien ein wunderbarer Jahrgang gewesen, kreativ und lebendig, und der wunderbare Abschluss sei wichtig für die Gesellschaft. Immer wieder hätten sie in ihrer Schullaufbahn kleine Wunder erlebt. Der Film »Der Waldmacher«, den sie kürzlich gesehen habe, zeige, wie mit einer simplen, aber bahnbrechenden Erfindung Großes möglich sei, nämlich Wald in der afrikanischen Wüste – wenn man den richtigen Schlüssel habe. Das gelte auch für die Schüler, sie hätten gezeigt, wie resistent sie seien. Sie sollten an sich glauben, Rückschläge wegstecken, optimistisch und fröhlich bleiben und sich vor Augen führen, dass Krisen zeitlich begrenzt seien. Vision für das eigene Handeln entwickeln, Pläne gelegentlich prüfen und dabei lernen, das sei wichtig. Die Schüler sollten zeigen, was sie gelernt hätten, andere begeistern, Verantwortung übernehmen und daraus eine eigene Lebensstrategie basteln. Das Motto lege fast nahe, dass man das Abi nebenbei im Homeoffice erwerben könne; die wesentlichen Dinge passierten jedoch offline.

Für die Schüler sei es ein langer Weg gewesen bis heute, sagte der stellvertretende Bürgermeister Detlef Martin. Jeder habe seine Sichtweise darauf, wann er am Ziel sei. Die Reifeprüfung sei der Abschluss eines Prozesses, aber wie in der Fahrschule müsse man das Wissen jetzt auf die Straße, also in die Arbeitswelt bringen. Dabei werde sich der Lernprozess fortsetzen. Wichtig sei es deshalb, immer offen zu sein für Neues und bereit, sich zu verändern. Das Tempo der Veränderung habe enorm zugenommen. Heute reiche ein Beruf nicht mehr unbedingt fürs ganze Leben. Neues zu lernen, sei also normal. Das jetzige Wissen sei nicht in Stein gemeißelt. Die Schüler seien gut vorbereitet für Berufsleben, Studium oder Ausbildung. Er ermunterte sie, Entscheidungen zu treffen, neugierig zu sein, sich einzubringen, dabei aber sich und andere nicht zu überfordern. Alles brauche seine Zeit und Geduld. Fehler und Kritik seien der Stoff, um sich weiter zu entwickeln. Der Kopf sei rund, damit die Gedanken die Richtung ändern könnten. Er empfahl, Dinge zu beginnen, die die Schüler noch nicht kennengelernt hätten. Dabei dürften sie stolz sein auf das Erreichte, auch wenn sie mit Umwegen zum Ziel gekommen seien. Neugier öffne Türen, betonte er. »Genießen Sie diesen Tag, und bewahren Sie ihn in Ihren Herzen.«

Sarah Semmelroggen-Tumm für den Bereich Sozialpädagogik, Mareike Pramann für Wirtschaft, Frank Knackstedt für Technik und Mareike Plate für Ökotrophologie hielten die Abschlussrede für die Lehrerschaft. Die Zeit bis zum Abitur habe den Absolventen viel abverlangt, aber der Abschluss öffne jetzt Türen, betonte auch sie. »Abitur« bedeute »davongehen«: »Lernen Sie die weite Welt kennen, vielleicht wie Hans im Glück«, so der Vorschlag. Und dann sollten die jungen Erwachsenen zurückkommen, sie würden in der Region gebraucht. Bisher hätten sie sich viele Kompetenzen erarbeitet, unterschiedliche Dinge gelernt, aber die Liste wachse weiter und sei nie vollständig. Rund eineinhalb Jahre der Oberstufenzeit seien online gelaufen; anhand eines Videos zeigten sie typische Konferenz-Sequenzen – im Nachhinein zum Lachen. Für den Jahrgang seien das besondere Hausforderungen gewesen, umso schöner sei es, wieder in der Realität feiern zu können. Das Abi oder etwas anderes »fast«, also schnell, zu erreichen, müsse nicht sein: Umwege seien oft erkenntnisreicher als die kürzeste oder schnellste Strecke. Bislang hätten sie alle neuen Situationen gemeistert und gelassen ertragen.

Man schaue auf drei anstrengende Jahre, erläuterten die Schülerinnen Julia Pfannenstiel, Anna-Lena Schulze und Stine Hünecke. Vor drei Jahren habe man die damaligen Abiturienten bewundert, jetzt stehe man selbst hier und sehe sich als einen der coolsten Jahrgänge. Leider habe man sich erst in der 13. Klasse richtig kennengelernt und auch feiern können. Alle seien glücklich, heute hier zu stehen, nach viel Blut, Schweiß und Tränen.

»Was Sie machen, machen Sie richtig«, so Sandra Both mit Blick auf den Abi-Scherz. »Die guten Zeiten sind jetzt«, betonte sie, denn das Gestern und das Morgen könne man nicht lenken. Sondern da, wo man sich gerade befinde, sollte man mal die Augen schließen, tief durchatmen und den Moment genießen. Kein Moment komme so wieder. Die Schüler hätten mit Hingabe auf diesen Glücksmoment hin gearbeitet - und es habe sich gelohnt.

Die besten Abiturprüfungen haben Ben Kloke und Fabienne Scholz abgelegt. Fabienne Scholz war auch beste Schülerin im Beruflichen Gymnasium Gesundheit und Soziales/Sozialpädagogik. Im Bereich Ökotrophologie hat Jule Wehrstedt das beste Abitur erreicht, im Beruflichen Gymnasium Wirtschaft Tabea Shirin Tessmer, im Beruflichen Gymnasium Technik Ben Kloke. Auszeichnungen für das beste Abitur im Bereich Wirtschaft erhielten Tabea Shirin Tessmer und Jered Müller von der Privaten Fachhochschule Göttingen. Die Feier wurde umrahmt durch Abiturientin Lara Herbst, Gesang.ek