Märchenwald - ein großer Schatz

Als offizielles Projekt der »UN-Dekade Biologische Vielfalt« ausgezeichnet

Die Auszeichnung als Projekt der »UN-Dekade Biologische Vielfalt« überreichte Dr. Roy Kühne an Dr. Sabine Michalek sowie Klaus Weinreis, Henning Städtler und Gerd Habermann.

Einbeck. Bei der UN-Dekade »Biologische Vielfalt« werden Projekte ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise für Erhaltung, Nutzung oder Vermittlung biologischer Vielfalt einsetzen – wie der Einbecker Märchenwald. 2012 wurden rund 4,4 Prozent der Waldfläche aus der Bewirtschaftung genommen, auf 23 Hektar gibt es eine natürliche Entwicklung zum »Urwald«.

Seinen Namen »Märchenwald« erhielt er wegen seiner märchenhaft aussehenden Bäume. Knorrige Eichen, mächtige Buchen, erhabene Bergahorne, bizarre Hainbuchen und zahlreiche weitere Baumarten, sowie dichte Gebüsche, Baumpilze und viel totes Holz geben ihm ein geheimnisvolles Aussehen. Die teils mehr als 250 Jahre alten Bäume sind voller Baumhöhlen – ein Paradies für Tiere und mit etwas Fantasie auch für Märchenwesen.

Der UN-Dekade-Wettbewerb wird in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium und dem Bundesamt für Naturschutz durchgeführt. Die Ermittlung der Gewinner erfolgt durch eine Fachjury. Neben der Prämierung des Einsatzes für biologische Vielfalt will man auch die Reputation und die Bekanntheit der Vorbilder steigern.

Im Juli 2018 meldete Förster Klaus Weinreis das Märchenwald-Projekt, das Gerd Habermann und Henning Städtler immer wieder vorantreiben, für den Wettbewerb an. Im Februar wurde die Bewertung der Begutachtung mitgeteilt. Gelobt wurde von der Jury der vorbildliche Einsatz der Stadt Einbeck samt der zugehörigen Forstleute, die bis 2012 eine wertvolle ökologische Waldfläche geschaffen und erhalten haben. Diese aus der Nutzung zu nehmen und damit eine nachhaltige Waldentwicklung zu ermöglichen, sei ein wichtiger Beitrag zum Erhalt biologischer Vielfalt – ein Prozess, den es zu würdigen gelte.

Weinreis betonte, dass die Auszeichnung auf das Geschick mehrerer Personen zurückgehe: Die Stadtförster, die diese Abteilungen mit großem Wissen bewirtschafteten, die Initiativen und Mandatsträger, die sich 2011/2012 für die Entstehung des Märchenwaldes erfolgreich einsetzten, sowie die ehrenamtlichen Forstbiologen, Wissenschaftler und Studenten, die zahlreiche Nachweise für die besondere Bedeutung des Areals fanden.

Ein großer Schatz sei der Märchenwald, sagte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek, immer wieder könne man Neues und Spannendes entdecken. Es bereite große Freude, in der Natur zu sein und sich an ihrer Schönheit zu erfreuen. Sie dankte allen, die sich für das besondere Projekt einsetzen, und es immer wieder antreiben. Junge Menschen seien für die Natur zu begeistern. Dr. Michalek betonte, dass Einbeck ein Vorreiter sei. Als einzige Stadt in Niedersachsen betreibe jede weiterführende Schule einen eigenen Schulwald. Dazu passe auch eine Aussage von Gerd Habermann: »Nur was man kennt, das schützt man«.

Die Auszeichnung überreichte Bundestagsabgeordneter Dr. Roy Kühne. Initiative von Bürgern brauche jede Gesellschaft. Sich für Mitbürger, Region und Natur einzusetzen, sei ehrenhaft und zu würdigen. Dank Personen, die Ideen und Visionen haben, entstehen besondere Dinge – wie der Einbecker Märchenwald. Nicht nur sollte man denken, »wo kommen wir her, sondern auch: wo kommen wir hin.« Außergewöhnliche Natur zu erleben, sei ein wichtiger Bestandteil des lebensnotwendigen Seins. Gezielt sollte man wieder mehr Menschen an sie heranführen, sie sensibilisieren und sie für überall zu entdeckende Schönheiten begeistern. Denn, »die Natur braucht nicht den Menschen, die Menschen aber die Natur«, so Dr. Kühne.

Imponiert hat Dr. Peter Meyer, Sachgebietsleiter für Waldnaturschutz und Naturwaldforschung an der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen, der Einbecker Märchenwald und dessen Artenspektrum. Neben 203 Blüten- und Farmpflanzen sowie 22 verschiedenen Baumarten fand zudem Dr. Reiner Theunert 400 Schmetterlingsarten sowie mehr als 500 Käferarten, davon 58 gefährdete, die auf der Rote Liste stehen.

Im Zug der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt der Bundesregierung sollen bis 2020 zehn Prozent der Waldflächen in öffentlicher Hand aus der forstwirtschaftlichen Nutzung genommen werden, sagte Städtler. Der Einbecker Märchenwald sei ein Vorreiter, doch reichen die 24 Hektar (4,4 Prozent des Einbecker Forstes) für den Erhalt des Artenspektrums nicht aus. Er äußerte den Wunsch, dass weitere Flächen aus der Nutzung genommen werden, an das bisherige Areal angrenzende Abteilungen. Die Ausweitung bedeute Erhalt von Biodervisität, Klimaschutz und Naherholung sowie das Erreichen des Zehn-Prozent-Zieles. Damit wäre Einbeck ein großes Vorbild für andere Stadtwälder, so Städtler.mru