Märchenwald ist ein Raritätenkabinett

Seltene Arten : Buchen-Keulhornblattwespe, Grüner Edelscharrkäfer und Ulmen-Zipfelfalter

Einbeck. Dr. Reiner Theunert, der zurzeit in Flächen um den Märchenwald herum weitere Insekten-Erfassungen macht, schaut selbstverständlich auch immer wieder im Märchenwald selbst vorbei. Insgesamt drei seltene Funde aus der Insektenwelt sind so bedeutsam, dass sie kurz vorgestellt werden. Bei dem ersten Insekt handelt es sich um eine Art, die nur bei umfangreichem Wissen gefunden, erkannt und bestimmt werden kann.

Es handelt sich um die Buchen-Keulhornblattwespe (Cimbex fagi), die in diversen Roten Listen als stark gefährdet eingestuft ist. Die der Gruppe der »Keulhornblattwespen« ist nicht sehr bekannt. Einige Entwicklungsphasen sind allerdings charakteristisch und im Wald bedeutsam. Die Larven leben von verschiedenen Laubbäumen und Sträuchern. Nur während der Flugzeit von April bis Juli suchen diese Blattwespen absterbende Bäume oder Baumteile zur Eiablage auf. Waldränder oder kleine besonnte Blößen werden bevorzugt.

Von den wenigen Keulhornblattwespen-Arten - in Thüringen beispielsweise 16 - kann ein steter Rückgang seit den 1980er Jahren beobachtet werden. Nur dauerhafte Angebote von Totholz und von gebüsch-und baumreichen Waldrändern können diese kleine Artengruppe unter den Insekten auf Dauer retten. Besonders das Schreddern von abgestorbenen Bäumen kann die Entwicklung in Waldbereichen zunichte machen. In der Roten Liste in Thüringen ist sie als stark gefährdet eingestuft. Bei dem zweiten Fund handelt es sich um einen Käfer.

Der Grüne Edelscharrkäfer (Gnorimus nobilis) ist verwandt mit dem »Veränderlichen Edelscharrkäfer« (Gnorimus variabilis). Der 15 bis 18 Millimeter große, metallisch grün-blau-kupfern glänzende Käfer entwickelt sich im Mulm möglichst dicker toter Bäume. Auffällig sind kleine helle weiße bis gelbliche Flecken auf den Flügeln. Er gehört zur Familie der Rosenkäfer, ist allerdings kleiner als die bekannteren Rosenkäferarten.

Der Käfer kommt in lichten, warmen Laubwäldern vor. Da er eigentlich trockene warme Südhänge bevorzugt, ist sein Fund im Märchenwald an einem Nordhang umso bedeutsamer. Während der Flugzeit Mai bis Juli sucht er Holunder, Mädesüß und Wildrosen zum Pollensammeln auf. Insgesamt braucht er zwei bis drei Jahre zur Entwicklung vom Ei bis zum Käfer. Als Lebensraum dienen alte Laubbäume wie Eichen, Linden, Eschen mit großem Mulmhöhlen. Ein weiterer Verwandter ist der bekannte Eremit-Käfer.

In Bayern ist der Käfer gemäß Roter Liste gefährdet, in Deutschland ebenso! Beim dritten Fund und Erstnachweis im Märchenwald handelt es sich um den Ulmen-Zipfelfalter (Satyrium Walbum). Dieser in Niedersachsen vom Aussterben bedrohte Schmetterling hat auf der graubraunen Flügelunterseite eine typische weiße Linie in W-Form. Eigentlich führen die Ulmen-Zipfelfalter ein verstecktes Dasein im Kronenbereich von Bäumen wo sie sich von den Ausscheidungen der Blattläuse ernähren.

Das Vorhandensein von Ulmen im blühfähigen Alter ist Voraussetzung für das Vorkommen dieses Schmetterlings. Die Eiablage erfolgt an den Knospen, nach einer Winterruhe ernähren sich die kleinen Raupen von frischen Blütentrieben, später auch von Blättern. Die Falter fliegen von Mitte Juni bist Ende Juli in nur einer Generation. Durch das seit Jahrzehnten bedingte Ulmensterben (durch einen speziellen Pilz) sind auch viele Lebensräume des Ulmen-Zipfelfalters verloren gegangen.

Gesicherte Vorkommen liegen hauptsächlich im Süden Deutschlands. Da er Waldränder, besonnte Parkanlagen und windgeschützte Bereiche bevorzugt, ist sein Vorkommen im Märchenwald umso erstaunlicher. Bei dem warmen Sommerwetter hat der kleine Falter an mehreren Stellen kleine Sonneninseln am Waldboden und auf Wegen zum Sonnenbaden genutzt.hst