Menschen versammeln sich

Hans Jürgen Thoms stellt sein »Panoptikum« im Kunsthaus Einbeck aus

Einbeck. »Panoptikum« könne vieles bedeuten wie Gesamtschau oder eine Sammlung außergewöhnlicher und seltsamer Gegenstände, sagte Barbara Thoms bei der Eröffnung der Ausstellung ihres Mannes im Einbecker Kunsthaus. Hans Jürgen Thoms verwende den Begriff für seine Kollektion origineller und besonderer Personen, die er mit großer malerischer Akkuratesse darstellt. Humorvoll, klar, entlarvend oder hintergründig, vieles gebe es in den Werken zu entdecken.
Frank Thiele vom Kunsthaus Einbeck lud ein, Kunst mit in den Tag zu nehmen. Mit den Bildern von Thoms gelinge das gut. 25 Gemälde und vier Zeichnungen bieten präzise, anregende und manches Mal auch irreführende Blicke in Gesellschaft und Alltag. Unter dem Titel »Panoptikum« werden aktuelle Arbeiten des Künstlers der vergangenen Jahre gezeigt. Die Ausstellung ist bis zum 23. Juni im Kunsthaus freitags von 16 bis 18 sowie sonnabends von 11 bis 13 Uhr zu sehen. Hans Jürgen Thoms kann man erneut im Kunsthaus am 9. Juni antreffen.

Es sei schon eine Schar recht eigenwilliger Mitmenschen, die ihr Mann mit ins Kunsthaus Einbeck unter dem Titel »Panoptikum« mitgebracht habe, sagte Barbara Thoms, jeder einzelne lohne, ihn genauer zu betrachten. Neben ihrem persönlichen Blick auf die Werke ließ sie auch Bildbeschreibungen von Wolfgang Raddatz in ihre Rede einfließen.

Hans Jürgen Thoms drückte sich schon lange über Bilder aus, als Kind und Jugendlicher zeichnete er viel. Seinen satirischen Weitblick lernte er beim Studium der Visuellen Kommunikation in der Folkwangschule Essen kennen. Seit den 1990er Jahren ist sein Motiv der Mensch: Er steht im Mittelpunkt der Bilder, als Einzelfigur, als Paar oder als Gruppe. Schaut man genauer hin, erkenne man den anspruchsvollen Pfad zwischen Humor und Dramatik. Thoms skizziere Momente, in denen sich etwas entscheidet, zum Guten oder zum Schlechten.

Der in Holzminden wohnendn Künstler malt mit Acrylfarben auf Leinwand. Die Farbe trockne schnell und verlange zügiges Arbeiten. Er verändert und probiert immer wieder aus, bis ihm das Endprodukt gefalle. Dieser Prozess könne sehr lange dauern, schmunzelte Barbara Thoms. Je weniger Details auf dem Bild sind, umso zeitintensiver werde es, um es auf den »Punkt« zu bringen. Unzählige Hintergründe und Kleidungsstücke werden gemalt und danach wieder verworfen.

Zum Beispiel sind im Bild »Sprachlos 2« drei Männer am Meer zu sehen, aufgestellt im Halbkreis, in nahezu identischer Haltung. Die linke Hand ist der Hosentasche, der rechte Arm angewinkelt. In der Hand hat jeder ein Smartphone, auf das er »sprachlos« starrt. Raddatz meint dazu: »Die nahezu identische und gleichmachende Haltung und deren reduzierte Darstellung findet ihre Entsprechung in der Gestaltung von Strand, Meer und Himmel als parallele Streifen. Und sie erscheint inhaltslos wie die abgebildete Kommunikation.«

Thoms sei ein intuitiver Maler, der immer wieder ausprobiere, bis er zufrieden ist »für den Moment«, so die Referentin. Ideen für seine Werke findet er im Alltag. Erlebnisse wie ein entgegenkommendes Fahrzeug in Südengland nehme er auf, und brenne es auf seine »Festplatte« im Kopf, bis es für ihn Zeit sei, die Impression herauszulassen und in ein Kunstwerk zu verwandeln.

Die Kulisse brauche er, um seine Menschen zu verorten; mehr darf nicht sein, um nicht vom Wichtigsten, dem Menschen abzulenken. Der gezielten Reduktion der bildsprachlichen Mittel setzt er eine differenzierte naturalistische Darstellungsform bei der Gestaltung seiner Figuren entgegen.

Bei »Eng« scheint das Auto die Leinwand zu sprengen – so wie der Fahrer das kleine Auto sprengt. Alles will auf dem Bild aus seinen Grenzen heraus, die »Schieflage« fällt sofort auf. Kaum etwas ist da, wo es hingehört – und doch fällt den meisten Betrachtern zuerst der Mercedesstern auf, der nicht an der richtigen Stelle sitzt, sagte Barbara Thoms.

Wenn der Künstler einen einzelnen Menschen zeigt, so definiert er ihn als gesellschaftliches Wesen, dessen Defizite, Ängste und Verhaltensweisen das Ergebnis seiner erlebten Lebensbedingungen seien. Skurrile Typen wie Harald Glööckler, Kabarettist Wolfgang Neuss oder AfD-Politiker Björn Höcke reizen ihn, er versucht hinter deren Fassade zu schauen.

Immer wieder könne man Neues in den teilweise kulissenhaft anmutenden Szenerien entdecken, zur Auseinandersetzung mit der besonderen »Reisegruppe« samt eigenwilligen Menschen bei »Panoptikum« lud sie ein.mru