Mit Erster Hilfe Leben von Hunden und Katzen retten

Dr. Peter Kellner stellte anschaulich Notfallmaßnahmen, Erstversorgung und Verbandsanlegung vor

Mithilfe von Holly präsentierten Lena Kramer und Dr. Peter Kellner das Anlegen von Verbänden bei Hunden.

Dass zum Vortrag »Erste Hilfe für den Hund« so viele Interessierte in die Rats-Apotheke gekommen waren, freute Dr. Elisabeth Quick. Auf Vorschlag ihrer Mitarbeiterinnen hatte sie den Tierarzt Dr. Peter Kellner eingeladen, der Wissenswertes über das Verhalten bei Tiernotfällen darstellte. Mithilfe von Lena Kramer und Hündin Holly präsentierte er auch das Anlegen von Verbänden.

Einbeck. Viele waren schon in prekären Situationen, sagte Dr. Kellner, es sei daher gut zu wissen, wie man handeln soll. Bei einem Verkehrsunfall gelte es - auch als Eigenschutz - zuerst die Unfallstelle abzusichern und zu versuchen, Helfer zu organisieren.

Primär sollte man versuchen, das verletzte Tier durch Ansprechen zu beruhigen. Dabei werde auch festgestellt, ob es reagiert, bei Berührung hochschaut oder auf leichte »Schmerz«-Reize anspricht. Wenn möglich, transportiere man das Tier aus der Gefahrenzone gestreckt gelagert auf einer Decke raus.

Beim sonst liebsten Hund müsse man mit Schmerzreaktionen oder Beißattacken rechnen, so Dr. Kellner, vor allem aber bei fremden Tieren. Daher sollte man sie anleinen sowie einen Maulkorb oder eine Maulschlinge anlegen, die man leicht mit Schnürsenkeln, Gürteln oder Mullbinden erstellen kann. Bei Atembeschwerden, Erbrechen oder Fremdkörpern im Maul sei dies aber ungeeignet, warnte er.

Es folge die Untersuchung, um den Grad der Verletzung festzustellen, sowie die Versorgung nach dem ABC-Schema: Atmung, Beatmung und Circulation (Kreislauf). Bemerke man angestrengte Atmung oder ein Schnorcheln, gelte es, die sichtbaren Atemwege zu kontrollieren.

Schon mit einem jungen Hund sollte man trainieren, dass man ihm ins Maul fassen kann, so Dr. Kellner. Dann seien bei Bedarf unerwünschte Gegenstände leicht zu entfernen und es gebe kein Stress bei Tablettengaben.

Bei Bewusstlosigkeit ziehe man die Zunge hinaus, kontrolliere den Eingang zum Kehlkopf, entferne Fremdkörper, Schleim oder Blut sowie beatme das Tier. Wie beim Mensch dürfe man Wiederbelebungsmaßnahmen nicht an gesunden Exemplaren »trainieren«, dass könne zu lebensgefährlichen Verletzungen führen.

Die Beatmung erfolge von Mund zu Tiernase oder indem mit der flachen Hand auf den Brustkorb gedrückt werde, um die Atmung zu lösen. Vor allem bei kleinen Tieren sei dies eine gute Möglichkeit, sagte der Tierarzt.

Vor der Beatmung bringe man das Tier in die stabile Seitenlage – in der Regel auf die rechte Seite, außer wenn es die verletzte ist. Der Kopf werde überstreckt, die Beine zeigen vom Retter weg. Das Maul halte man zu und blase etwas Luft in die Nase im Abstand von vier bis sechs Sekunden (große Hunde) oder sechs bis acht Sekunden (kleine Hunde). Nicht zu viel, sonst platzt die Lunge, mahnte der Tierarzt.

Die Beatmung erfolge abwechselnd zur Herzdruckmassage. Die normale Herzfrequenz liege bei Hunden zwischen 60 und 120 Schlägen pro Minute, bei Katzen zwischen 90 und 240. Auf der linken Brustseite drücken die Ersthelfer mit Faust oder flachen Hand gegen das Herz und lassen ruckartig los. Nach drei Wiederholung folge eine Beatmung.

Keine Scheu sollt man haben, so Dr. Kellner, im Notfall zähle jede Sekunde. Gebrochene Rippen heilen, dafür werde Leben gerettet. Eine schlechte Circulation könne man über Schleimhäute beurteilen. Seien sie statt kräftig rosa eher lila oder bläulich liege Stauerstoffmangel vor - bei blass-rosaner oder weißlicher Farbe ein starker Blutverlust oder Schock. Zusätzliche Hinweise: schneller und pochender Puls. Bei leichtem Druck auf die Innenfläche der Oberlippe erscheine ein heller Fleck, der länger als zwei Sekunden bleibe. Bei Schock drohe Lebensgefahr – der Patient muss tierärztlich versorgt werden.
Sei das Tier ansprechbar, erstelle man mit vorhandenen Materialien eine Schlinge und lege sie um Ober- und Unterkiefer, um sicher ans Maul zu gelangen. Die Enden werden hinter dem Kopf verknotet. Danach können die Ersthelfer das Tier transportieren.

Katzen seien gefährlicher als Hunde, mahnte Dr. Kellner, in Stresssituationen reagieren sie heftiger. Sie wollen fliehen; Bisse und Kratzer haben großes Infektionsrisiko. Bei ihnen greife man in den Nacken, um Lahmheit zu erzeugen, und unterstütze Vorder- oder Hinterbeine.  Bewusstlos kann man sie in noch oben offenen Behältnissen transportieren – nicht aber in trichterförmigen, die erschweren die Rettung. Bei Hunden eignen sich Decken und Kleidungsstücke oder Bollerwagen und Hundekörbe. Zu achten sei auf eine gestreckte Wirbelsäule. Kleinere Exemplare kann man tragen.

Mit Demonstration an Holly stellte Dr. Kellner das Anlegen von Verbänden vor. Sie stoppen und verzögern die Blutung, schützen vor Verletzung und Schmutz, und sie verhindern das Lecken an der Wunde. Abgerissene Krallen seien wie Fingernägel bei Menschen kein »großer Notfall«, sie könne jeder schnell mit einem Verband »verarzten«. Die Wunde decke man mit Mull oder geeigneten Auflagen und verbinde sie mit einer elastischen Binde. Bei längerer Verbandsverweildauer werde noch Material zwischen die Zehen zum Abpolstern gelegt.

Ratsam bei Touren mit dem geliebten Tier sei, so Dr. Kellner, elastische Binden, Mülltupfer zur Wundabdeckung, Wattestückchen zum Abpolstern sowie Wasser abweisende, selber haftende Kunststoffbinden mitzunehmen. Immer könne etwas passieren – wie ein Mensch vertritt sich mal ein Hund. Bei längeren Touren über Stock und Stein entzünden sich auch mal die Pfoten – sie werden dann gepolstert.

Zu zweit falle das Anlegen von Verbänden leichter, um auch das Tier zu beruhigen und zu fixieren. Nicht zu fest sollten sie sein, sonst quetsche man Blutgefäße ab. Liege heftiger Blutverlust vor, erfordere dies einen Druckverband und schnellen Transport zur Tierarztpraxis. Gleiches gelte nach Bissen oder Verletzungen, wenn auszischende Luft oder gurgelnde Geräusche vorliegen. Bei Brüchen kann man das verletzte Glied mit Zweigen, Ästen oder Zeitungen schienen.

Ohrenverletzungen seien oft nicht »böse«, durch Kopfschütteln verteile der Hund das Blut jedoch überall hin. Verbände halten nicht gut. Zu versuchen sei, so Dr. Kellner, das verletzte Ohr auf zu fixieren und einen Verband anzulegen. Das gesunde Hörogan agiere als Anker.

Damit das Tier nicht sie ablecke, seien Wunden gut zu verbinden und teilweise abzukleben. Bei kleinen Hunden oder Katzen könne man auch Bodys oder Baby-Strampler einsetzen. Funktioniere dies nicht, komme der Halstrichter zum Einsatz. Rutenverletzungen kann man mit kleinen Plastikflaschen schützen, Halswunden mit dicken Verbänden, Tüchern oder Teppichstücken.

Prävention sei die beste Medizin, sagte der Tierarzt. Schon ab dem Welpenalter sollten Tiere ihre Umgebung intensiv kennenlernen und Sozialisation erfahren. Per Vorsorge entschärfe man Situationen, um ohne Gefahr durch Stadt und Land gehen zu können. Liege der Verdacht auf Einnahme von Giftködern vor, sei schnell ein Tierarzt zu kontaktieren.

Jetzt starte gerade die Saison der Zeckenbisse, die dramatische Folgen haben können, betonte Dr. Kellner. Nach jedem Spaziergang sollte man das geliebte Tier kontrollieren und mögliche Befunde entfernen. Bleibe das Beißwerkzeug nach Abzwicken in der Haut, kein Problem. Zu vermeiden sei langes Herum­stochern in der Wunde, um den Rest zu ent­fernen.

Liege ein Notfall vor, sollte man umgehend einen Arzt kontaktieren. Hilfreich sei, – auch in anderen lebensbedrohlichen Situationen – ihn oder die Tierklinik vorher anzurufen –, um sich abzusichern, dass sie geöffnet habe und verfügbar sei.

Viel Beifall gab es für den Vortrag, bei dem Zuhörer auch das Anlegen von Verbänden bei Hunden probieren konnten. Gedankt wurde Dr. Peter Kellner, Lena Kramer und Holly mit Präsenten, aber auch den Gästen des Abends, die Geld spendeten: 166,26 Euro kamen zusammen. Je eine Hälfte davon geht an das Katzenteam Einbeck und an das Einbecker Spendenteam – eine Stimme für Tiere.mru