»Mit Freude und Begeisterung geht es weiter«

Modehaus Schünemann Mode + Sport wechselt den Besitzer | Firma Vockeroth, Melsungen, übernimmt

Thomas Vockeroth (Mitte) hat zum Jahresbeginn Schünemann Mode + Sport übernommen. Walter Schmalzried (rechts) freut sich, dass er damit eine gute Nachfolgeregelung für das seit 99 Jahren bestehende Einbecker Familienunternehmen gefunden hat. Geschäftsführerin Ines Haupt (links) bleibt an Bord, ebenso alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Einbeck. Das Einbecker Modehaus Schünemann Mode + Sport wechselt den Besitzer: Mit Beginn dieses Jahres ist das Unternehmen von einem neuen Betreiber übernommen worden, der Firma Karl Vockeroth GmbH & Co. KG mit Sitz in Melsungen. Das Einbecker Traditionshaus, gegründet 1919 und in dritter Generation geführt, kommt damit in andere Hände – in gute Hände, das lag Walter Schmalzried, seit 52 Jahren Geschäftsführer, am Herzen. Er sah sich in der Verantwortung, Schünemann eine gute und gesicherte Zukunft zu verschaffen.

In Zusammenarbeit mit dem Textilverband KATAG aus Bielefeld, dem er seit Jahrzehnten angehört, hat er ein Nachfolgeunternehmen gesucht und gefunden, das Schünemann nicht nur weiterführt, sondern mit neuer Dynamik und Strahlkraft die Zukunft sichert. Dies sei in Anbetracht der Bedeutung des Modehauses für die Stadt, für die Region und vor allem für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch für die Kunden von wesentlicher Bedeutung: »Mit Freude und Begeisterung geht es weiter.«

Die Gründe für seine Entscheidung sind vielschichtig. »Man lebt nicht ewig«, stellte er fest, und umso wichtiger war es ihm, ohne Not und in gesundheitlich guter Verfassung rechtzeitig zu handeln. Die sehr erfolgreiche Sortimentsstruktur soll weiter vorangebracht werden. Sich laufend verändernde Kundenwünsche müssen analysiert werden, die digitale Entwicklung muss das Unternehmen im Griff haben, und es muss wirtschaftliche Voraussetzungen immer stemmen können. Unternehmerisches Handeln ist ihm wichtig, aber auch, sozialer Verantwortung gerecht zu werden, und schließlich wollte er kein Konzerndenken, sondern Nähe am Standort deutlich machen.

Thomas Vockeroth führt sein Familienunternehmen mit seinem Bruder Joachim gemeinsam in zweiter Generation, es besteht seit 67 Jahren. Dazu zählen Geschäfte, vor allem in Nordhessen, aber auch in Soest, Nordhausen, Hann.-Münden oder Goslar: acht Modehäuser, mit »Zebra21« eine eigene Linie, Monolabel-Stores und ein Sportgeschäft – zusammen 30 Häuser mit rund 360 Mitarbeitern.

Die Tatsache, dass das Unternehmen gleichfalls ein Familienbetrieb ist, hat Walter Schmalzried in seinem Schritt bestärkt, ebenso, dass Vockeroth für Schünemann neue Ideen mitbringt. Ausgestattet mit der notwendigen Finanzkraft werde das Haus in eine erfolgreiche Zukunft geführt. Alle 38 Beschäftigten sollen ihren Arbeitsplatz behalten. Sie sind am Freitagabend über den Besitzerwechsel informiert worden. Ines Haupt wird Geschäftsführerin vor Ort bleiben.

»Mit dem plötzlichen und unerwarteten Tod meiner Frau Traudi, Enkelin der Firmengründer Carl und Wilhelmine Schünemann, ergab es sich, die Zukunft neu zu planen«, so Walter Schmalzried. Der Charakter der jahrzehntelang gelebten Einheit in der Geschäftsführung und in der vertrauensvollen und harmonischen Zusammenarbeit mit der Belegschaft war und sei Grundlage des bisherigen Erfolgs. Die künftigen Eigentümer hätten viel Erfahrung. Sie führten in Städten wie Einbeck ihr Geschäftsmodell sehr erfolgreich. »Dem neuen Unternehmen stehe ich, wenn mein Rat gefragt ist, weiterhin gern zur Seite«, versicherte er. Sein Wunsch sei es, dass alle Beteiligten und alle Mitarbeiter Freude und Erfolg am jetzt für die Zukunft aufgestellten Modehaus hätten – auch zum Wohl von Stadt und Region. »Die Kunden sollten weiterhin spüren, dass Mode Spaß mache. »Dieser Wechsel und Entschluss ist auch im Sinn und Geist meiner lieben Frau Traudi«, ist Walter Schmalzried überzeugt. Entscheidungen habe man immer gemeinsam getroffen, und auch in diesem Fall würde sie ihm sicher zustimmen. Er dankte allen, die seine Frau und ihn mit Vertrauen unterstützt und in vielen Jahren tatkräftig begleitet hätten: den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ebenso wie den treuen Kunden und insbesondere Ines Haupt, die dem Ehepaar als Mit-Geschäftsführerin mit vollem Einsatz zur Seite stand.

Die Beweggründe Walter Schmalzrieds seien absolut nachvollziehbar, so Thomas Vockeroth. Das Kerngeschäft seines Unternehmens sei Markenmode in Mittelstädten. »Billig können wir nicht.« Einbeck und Melsungen seien durchaus vergleichbar: Die Kundin suche die persönliche Beratung. Was Walter und Waltraud Schmalzried und Ines Haupt hier geschaffen hätten, »ist unserer Arbeit nicht unähnlich.« Mit dem eigenen Know-how werde man den Standort weiter voranbringen, und auf Tipps von Walter Schmalzried komme man gern zurück. Einbeck, lobte Thomas Vockeroth, sei ein guter Standort und eine interessante Stadt, und Mode gehöre als wichtige Beitrag dazu. »Ohne Schünemann verliert Einbeck an Glanz – und einen Leuchtturm«, darin stimmten beide überein.

Die interessante Möglichkeit, die sich mit der Übernahme bot, habe er gern angenommen – unter der Voraussetzung, dass die Identität von Schünemann erhalten bleibe, erläuterte Walter Schmalzried. Bisher habe man Chancen für die Zukunft immer genutzt. Irgendwann sei allerdings, auch nach dem Tod seiner Frau im Sommer 2017, der Antrieb für ihn selbst nicht mehr so groß gewesen, räumt er ein. Das Haus in gute Hände zu geben, das war ihm wichtig,  und so habe er sich relativ schnell entschieden.

Beide Seiten sind überzeugt, dass Schünemann eine neue gute Heimat bekommen wird und dass gemeinsame Interessen weiter verfolgt werden. »Der Verantwortung sind wir uns bewusst.« Dass man sich schnell gut verstanden habe, bestätigte auch Thomas Vockeroth. Von den Erfahrungen, die man mit- und einbringe, sollten Schünemann und Einbeck profitieren, das sehe man als dauerhafte Aufgabe.
Der 57-jährige Diplom-Kaufmann ist nach einer kaufmännischen Ausbildung und dem Studium in Göttingen ins elterliche Unternehmen eingestiegen und bereits seit 26 Jahren dabei. Kontinuität und Neues will er pflegen: »Wir freuen uns auf die neuen Aufgaben – und wir finden es gut, wie es hier ist.«ek/oh