Modellprojekt zur Öffnung startet erst später

Änderungen des Infektionsschutzgesetzes gemeinsam abwarten | Einbeck gut vorbereitet

Perspektiven zur Öffnung von Einzelhandel, Außengastronomie und Kultureinrichtungen soll das Modellprojekt geben, an dem Einbeck als eine von zwölf Städten in Niedersachsen teilnehmen wird. Mit Blick auf die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes wurde die für den kommenden Sonnabend geplante Öffnung jetzt verschoben. Man möchte zunächst Klarheit zum weiteren einheitlichen Vorgehen haben, denn das Vorhaben soll über drei Wochen laufen und nicht vorschnell abgebrochen werden müssen.

Einbeck. Aufgeschoben, aber nicht aufgehoben, und entweder gemeinsam – oder eben gemeinsam nicht. Für Letzteres haben sich die Stadt Einbeck und die weiteren elf Kommunen entschlossen, die eigentlich in dieser Woche mit ihrem Modellprojekt zur Öffnung von Einzelhandel, Außengastronomie und Kultureinrichtungen starten wollten. »Öffnen mit Sicherheit« war geplant, testbasierte Öffnungen sollten möglich seien. Wie Einbecks Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek und Anja Barlen-Herbig, Geschäftsführerin von Einbeck Marketing, nun aber mitteilten, habe man mit Blick auf die geplanten bundeseinheitlichen Regelungen im neuen Infektionsschutzgesetz zunächst davon Abstand genommen.

Dabei habe man in Einbeck umfassende und erfolgreiche und für das Land überzeugende Vorbereitungen getroffen, man wäre gut aufgestellt gewesen, betonte die Bürgermeisterin.

Hintergrund der Verschiebung der geplanten Öffnung sind nun aber anstehende Änderungen der gesetzlichen Vorgaben. Nach einem Abstimmungsgespräch auf Landesebene am Sonntagnachmittag ergab sich zudem, dass einige der zwölf Teilnehmer-Kommunen die geänderten Vorgaben nicht halten könnten. Deshalb werde man derzeit eine für Niedersachsen notwendige einheitliche Lösung nicht erreichen. Erst müsse geklärt werden, was passiere, wenn eine Modellkommune über die Inzidenz von 100 hinauswachse, hieß es.

»Aufgeschoben, aber nicht aufgehoben«

Es seien dynamische Zeiten, stellte die Bürgermeisterin fest. Einbeck hatte sich mit Erfolg vor Ostern darum beworben, Modellkommune zu werden – von 65 interessierten Städten und Gemeinden wurden 14 ausgewählt, zwölf wollten jetzt starten. In Einbeck wäre das am Sonnabend der Fall gewesen.

21 Betriebe in der Innenstadt wollten dabei mitmachen, Einzelhändler, Gastronomen, Kultureinrichtungen. Voraussetzung war unter anderem eine geeignete Kontaktnachverfolgung. Mit Beginn dieser Woche hat der Landkreis Northeim die Luca-App freigeschaltet, so dass diese Voraussetzung erfüllt war. Weiter müssen tägliche Tests möglich sein. Zurzeit gibt es verschiedene Anbieter dafür im Stadtgebiet. Es sei im Vorfeld der geplanten Öffnung gelungen, einen privaten Anbieter für ein Testzentrum zu gewinnen, installiert im ehemaligen Geschäft Markus-Moden in der Marktstraße, so Dr. Michalek. Also seien wesentliche Vorgaben erfüllt worden, und man sei eigentlich guter Dinge mit Blick auf eine Öffnung gewesen. Am Sonntagnachmittag hätten Ministerpräsident, Stellvertreter, Sozialministerin, Landkreis- und Städtetag allerdings mit Blick auf die angekündigte Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, das Vorhaben zu verschieben. Wenn erst ab einer Inzidenz von 100 – zuvor war von 200 die Rede – Einschränkungen gelten würden, hätte Einbeck an den Start gehen können, die Landkreis-Zahlen hielten das derzeit ein; für andere Kommunen sei das jedoch ein Problem beziehungsweise könne es in absehbarer Zeit dazu werden. »Wenn wir damit anfangen wollen, sollten wir das Modellprojekt auch über drei Wochen laufen lassen«, sagte die Bürgermeisterin. Deshalb sei die Entscheidung gefallen, gemeinsam zu verschieben, denn es könne nur eine einheitliche Lösung für alle geben. Ein Vorpreschen Einzelner sei nicht möglich. Vielmehr werde man nun abwarten und dann mit gutem Gewissen beginnen. »Es ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben.«

Perspektiven zeigen und Hoffnung geben

Das Thema habe man schon seit längerem im Blick, unter anderem auch hinsichtlich der Erfahrungen in Tübingen. Man müsse vorab viele Dinge klären: Wer solle dabei sein? Wie könne man Testkapazitäten vorhalten und digitale Kontaktverfolgung sichern? Wie funktioniere das für alle, die kein Smartphone mit entsprechender App zur Verfügung hätten? Eine Alternative sei ein Schlüsselanhänger mit QR-Code, der liege aber och nicht vor. Was müsse vorab insbesondere mit der Gastronomie geklärt werden hinsichtlich des Personals in Kurzarbeit? Da habe man viele Gespräche geführt und einige Nächte drüber schlafen müssen, bevor es Lösungen gab.

Jetzt sei es richtig, das Gesetzgebungsverfahren in Berlin abzuwarten. Wie lange eine Verschiebung dauern könne, darauf wolle sie sich nicht festlegen. Ministerpräsident Stephan Weil habe aber angekündigt, er wolle sich für Sonderregelungen einsetzen.

Wichtiges Anliegen des Modellprojekts sei es, den beteiligten Betrieben Perspektiven zu zeigen. Viele von ihnen seien seit Monaten geschlossen. Man müsse steigende Inzidenzwerte und sinkende Zahl von Intensivbetten in die Waagschale werfen, Vorsicht walten lassen, aber eben auch Hoffnung geben. Man sei, so Dr. Michalek, davon ausgegangen, dass durch negative Tests und AHA-Regeln ausreichend Vorsorge getroffen werde, um Perspektiven auszuprobieren. Ein weiter wichtiger Faktor sei eine enge wissenschaftliche Begleitung des Projekts durch die Medizinische Hochschule Hannover und das Helmholtz-Institut in Braunschweig. Falls es während des Modellverlaufs zu einer unkontrollierten Ausbreitung des Virus komme, würde man das Vorhaben sofort stoppen, das sei man den Einwohnern schuldig.

In einem ersten Schritt sollen nur die Einwohner des Landkreises Northeim die teilnehmenden Geschäfte oder Dienstleister in einem ausgewiesenen Bereich der Innenstadt besuchen können. Ab der zweiten Woche sind auch Personen aus den angrenzenden Landeskreisen willkommen, wenn die Inzidenzen dort nicht höher sind als im Landkreis Northeim. Die negativen Tests müssten in den Geschäften kontrolliert werden. »Click & Meet«-Verfahren würden parallel zur Teilnahme am Modellprojekt aber nicht funktionieren, machte sie deutlich; einige Geschäfte, bei denen das gut laufe, würden sich deshalb jetzt nicht beteiligen. »Click & Collect« mit einer Übergabe der zuvor ausgesuchten Ware außerhalb des Geschäfts bleibe dagegen möglich.

Absperrungen an den Zugängen zur Innenstadt seien nicht vorgesehen, dennoch werde der Teilnahmebereich gekennzeichnet. Er umfasst die komplette Fußgängerzone mit Marktplatz, Marktstraße und Hallenplan, sowie weiter Teile der Innenstadt, angefangen vom Ostertor über Neuen Markt, Möncheplatz und Rosenthal bis zur Altendorfer Straße, dann Maschen und Tiedexer Straße, Oleburg, Münsterstraße, Auf dem Steinwege bis zum Stadtmuseum sowie Wolperstraße. Über den Anschluss des Tiedexer Tores ist im Westen das Gebiet von PS.SPEICHER und »Freigeist« sowie ein Teil der Jahnstraße erfasst. Es sei nur möglich, ein zusammenhängendes Gebiet auszuweisen, führte Dr. Michalek aus. Gern hätte man noch die Einkaufsstraße in Kreiensen hinzu genommen, das sei jedoch nicht möglich.

Der Ordnungsdienst nehme Kontrollen zur Einhaltung der Vorgaben vor, und die Unternehmen müssten eine Selbstverpflichtung unterschreiben. Sie müssten die Vorgänge dokumentieren, um so die wissenschaftliche Begleitung zu unterstützen. Die Mitarbeiter müssen täglich getestet werden. »Alle müssen sich während des Projekts an die Spielregeln halten«, betonte die Bürgermeisterin.

Während nach dem Infektionsschutzgesetz jeder Bürger mindestens einmal pro Woche getestet werden soll, wäre bei der Modellkommune ein Test pro Tag möglich, wobei es dazu noch keine schriftliche Aussage des Sozialministeriums gebe. Ein Antigen-Schnelltest ist zwölf Stunden gültig, ein PCR-Test 24 Stunden. Ein schriftliches, personalisiertes und gültiges Testergebnis ist vorzulegen.

Noch Anmeldungen bei Wirtschaftsförderung

Wenn es nun tatsächlich losgehen kann, werde Einbeck Marketing die Werbung für die Aktion übernehmen, sagte Anja Barlen-Herbig. Weitere Interessenten können sich noch bei der Wirtschaftsförderung anmelden. »Auch wenn wir jetzt noch mit dem Start warten müssen, es ist ein positives Signal, das wir den Händlern, Gastronomen und Kulturtreibenden mit der Aussicht auf das Modellprojekt geben können, denn gerade sie leiden am meisten unter der Corona-Pandemie«, führte sie aus. Es gebe damit die Möglichkeit, sichere Alternativen zum Lockdown zu erproben. »Das ist ein großer Schritt nach vorn. Wichtig ist, dass sich möglichst viele Betriebe daran beteiligen.«

Man müsse nun aussetzen, bis die Entwicklung etwas anderes hergebe. Unterdessen heiße es, die Inzidenz zu senken und geduldig zu bleiben, bat die Bürgermeisterin, bis man starten und Perspektiven aufzeigen könne.ek