Stadtarchäologie

Münz-Prägestempel aus dem 14. Jahrhundert entdeckt

Bei Grabung im Rathauskeller | »Absolutes Highlight im ganzen norddeutschen Raum«

Eifriges Freilegen von Schichten: Rafael Roth und Domenica Florczyk.

Einbeck. »Das ist der tollste Fund, den ich in Einbeck je gemacht habe.« Der Stadtarchäologe ist begeistert. Einen Münz-Prägestempel mit dem gotischen »E« aus Messing oder Bronze aus dem 14./15. Jahrhundert entdeckte Markus Wehmer gemeinsam mit dem Grabungsteam der Firma Goldschmidt in einer der Abfallgruben des Rathauskellers. Als originaler Bodenfund sei das ein absolutes Highlight im ganzen norddeutschen Raum. Zum Konservieren und Restaurieren ist der Stempel bereits bei der Restauratorin. Wehmer vermutet deshalb auch, dass die Einbecker Münze zu der Zeit hier war und erst viel später eine Markthalle, die dem Rat unterstand. Die Markthalle diente zum Handel wertvollerer Produkte als jener auf dem Wochenmarkt. Eine Latrine aus dem 17. Jahrhundert könnte auch dazugehören.

Die Grabungen fanden in dem Teil des Rathauskellers statt, der als Erweiterung vor dem Stadtbrand 1540 angebaut wurde, erläuterte Wehmer. Anlass für die Arbeiten ist der geplante Einbau eines Fahrstuhls samt Schacht und Glaseinhausung an das Rathaus, so dass man von außen barrierefrei Zugang durch alle Etagen hat. Drei Grabungswochen hatte das Goldschmidt-Team Zeit. Dazu gehören Grabungsleiter Rafael Roth, Vermessungstechniker und Bauforscher Dr. Nils Hellner sowie Archäologin Domenica Florczyk. Die Grabungsfirma Goldschmidt Archäologie und Denkmalpflege aus Düren, Außenstelle Hellental, war auch bei dem Kindergarten Münstermauer im Einsatz.

Aus dem 16. Jahrhundert stammt ein Stampflehmboden, erläuterte Wehmer die Fußbodenhorizonte, aus dem 18. Jahrhundert eine Schuttschicht und Sandsteinplatten aus dem 19. Jahrhundert. Unter der Schuttschicht wurden 27 Kupfermünzen von 1647 bis 1721 entdeckt, darunter auch zahlreiche Einbecker Stadtpfennige. Begeistert ist Wehmer ebenfalls vom blauen Stiel eines venezianischen Flügelglases. Der Landgraf von Kassel warb seinerzeit Glasbläser aus Murano ab, so dass das Glas also wohl aus Kassel – vielleicht zu einem betuchten Ratsherrn – nach Einbeck kam. Weitere Glasfunde stammen von Weingläsern des 18. Jahrhunderts aus regionalen Glashütten. Unmengen von Tabakpfeifenresten aus dem Anfang des 18 Jahrhunderts entdeckten die Vier, außerdem Kugelbodentöpfe und weitere Keramik – die früheste aus dem 14. Jahrhundert.

Ein Teil dieses Erweiterungsbaus sei irgendwann im 16. Jahrhundert eingestürzt, berichtete Wehmer. Umbauphasen folgten. Neue Säulen wurden gesetzt, »recycelt« aus anderen Gebäuden. Keiner der Säulenfüße sei gleichmäßig sichtbar. Diese ganzen Besonderheiten der Bauphasen und Bauweise, des Fußbodens, der Wände, Fundamente sowie auch der Kreuzgewölbe wurden jetzt in einem digitalen Profildokument festgehalten, »ausgelasert«, so dass jede Schicht und jede Unebenheit sichtbar ist. Auch die Architekten können dann damit arbeiten. Das Spannende an den Säulen, erklärte Wehmer weiter, seien außerdem die über 31 Farbaufträge. Im Januar wird deshalb eine Farbrestauratorin die Pigmente, Muster und Techniken untersuchen.
Nach der Grabung muss das Ganze zur Stabilisierung wieder mit Flüssigboden verfüllt werden.des