Ausschuss für Kultur und Tourismus

Neue Ausleihgebühren machen Bibliotheksnutzung teurer

Ein Euro pro Medium, 50 Cent für Kinder- und Jugendbücher / Lob für engagierte Arbeit / Einnahmeverbesserungen notwendig

Die Buchausleihe in der Stadtbibliothek soll teurer werden: Mit Mehrheit von CDU, FDP und Grünen hat der Ausschuss für Kultur und Tourismus empfohlen, eine Ausleihgebühr von einem Euro pro Buch beziehungsweise 50 Cent pro Kinder- und Jugendbuch zu verlangen. Die Zahl der Nutzer, war man zuversichtlich, werde davon nicht beeinflusst. Für Hartz-IV-Empfänger, werde die Ausleihe kostenlos bleiben. Einen Bericht über die Arbeit der Bibliothek 2009 hatte zuvor die kommissarische Leiterin Melanie Schade gegeben. Alle Fraktionen lobten die gute und erfolgreiche Arbeit.

Einbeck. Die Zahl der Ausleihen lag im Jahr 2009 bei 102.184, das war ein Plus von 1,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und die bisher höchste Ausleihzahl. Der Anstieg fiel geringer aus als in den Vorjahren, weil der Etat für Medien um 10.000 Euro verringert wurde. Die Zahl der Besucher ging um 5,3 Prozent zurück, allerdings wurden mehr Medien online bestellt. Als Neukunden konnte die Bücherei 380 Besucher gewinnen. Hinzu kamen 612 aktive Kunden, die die Bibliothek mindestens einmal pro Jahr genutzt haben. Es standen 48.007 Medien zur Verfügung, 614 weniger als im Vorjahr.

Bei 76 Veranstaltungen sind 2.515 Besucher in die Bibliothek gekommen. Es wurden 16 Angebote für Erwachsene, 25 Kinder- und Jugendveranstaltungen und 35 für Schulen durchgeführt. Literaturtheater, Bastelnachmittage, Buchvorstellungen, Lesungen und Ferienpassaktionen hatten viel Zulauf. Erfreulich sei, dass inzwischen mehr Zeitschriften gesponsert würden, hieß es. Dazu habe man sich über Buchspenden im Wert von 1.500 Euro, überreicht durch den Förderverein, freuen können.

Ausgezeichnete Arbeit attestierte Walter Schmalzried, CDU, dem Bibliotheksteam. Die Mitarbeiter hätten nicht nur zum Erhalt beigetragen, sondern auch zur attraktiven Ausweitung des Angebots. Da Vorlesen inzwischen fast ein Breitensport geworden sei, hoffe er für die Bibliothek auf gutes Fortbestehen. Der Bericht stimme hoffnungsfroh, so Helmut Giesel, SPD. Das Minus bei Besuchern und Medien sei auf den reduzierten Haushaltsansatz zurückzuführen. Darüberhinaus habe man gesehen, dass dies mehr sei als ein Medienverleihbetrieb, sondern eine Bereicherung des Kulturlebens. Aber auch hier wurden, wie beim Museum, die Konsolidierungsziele nicht erreicht: Der städtische Zuschuss sollte von 223.000 auf 140.000 Euro reduziert werden. Die Arbeitsgruppe hat dem Ausschuss eine Reduzierung des Haushaltsansatzes für »Besondere Verwaltungs- und Betriebsaufwendungen« um 3.000 Euro ab 2011 empfohlen. Dem schloss sich der Ausschuss an.

Kontroverser wurde über eine Gebührenanpassung diskutiert. Ab 2011 müssen 83.000 Euro eingespart beziehungsweise mehr eingenommen werden, weil der städtische Zuschuss auf 140.000 Euro festgesetzt wird. Dazu wurden drei verschiedene Gebührenmodelle erarbeitet, von denen zwei in die engere Wahl kamen: Ein Modell versucht, mit einer Mischkalkulation das gültige Gebührenmodell durch die Neueinführung einer Medienausleihgebühr von 20 Cent zu ergänzen. Das andere Modell verzichtet gänzlich auf die Jahresgebühr, sieht aber eine Ausleihgebühr von einem Euro vor, Kinder- und Jugendbücher gibt es für 50 Cent pro Buch.

Für das erste Gebührenmodell setzte sich Bettina Hillmer, SPD, ein. Das andere Modell verursache zu hohe Kosten für die Nutzer, es werde sich negativ auf ihr Verhalten auswirken. Bildung sei ein hohes Gut, und Lesen sei kein Volkssport, wie Walter Schmalzried es vermute, sondern die Bereitschaft dazu gehe zurück. Umso dankbarer müsse man für eine gut ausgestattete Bibliothek sein. Ein Euro oder 50 Cent pro Kinderbuch seien zu viel, da gehe der Anreiz zum Lesen verloren. Mittragen wolle die SPD eine Erhöhung von 20 Cent pro Buch für Erwachsene. Dafür könnten die Säumniszuschläge höher ausfallen. Die Bücherei müsse weiter als öffentliche Einrichtung für alle Bürger vorgehalten werden. Es gebe sicher viele Nutzer, die jeden Euro umdrehen müssten, und gerade auch in deren Sinne sollte man sehen, das Bildung allen zugänglich gemacht werde.

Die Bibliothek sei eine freiwillige Einrichtung, und sie erfülle einen Bildungsauftrag, sagte Walter Schmalzried. Den Erhalt wolle man gemeinsam sichern. Wenn man die Kosten aber durch die Ausleiher teile, sehe man eine Unverhältnismäßigkeit. Die angestrebten Gebühren würden niemanden überfordern. Unter Umständen sei ein Nutzerrückgang möglich, aber das bleibe vermutlich ein Augenblickseffekt, denn für »allen möglichen Blödsinn« werde Geld ausgegeben. Eine Belastung im sozialen Bereich sehe er nicht. Wenn nur 15 Prozent der Hauptschüler, aber 50 Prozent der Gymnasiasten Bibliotheken besuchten, liege es nicht am Geld, sondern am Interesse, und wo die Eltern lesen würden, täten dies auch die Kinder. Bildung habe hohe Priorität, aber das Angebot sei nicht umsonst. Zudem müsse man die vielen Bürger, die bisher nicht Kunden sei, bewegen, die Einrichtung zu nutzen. Es sei ein schmaler Grat zwischen dem, was wünschenswert sei, und dem, was sich die Stadt leisten könne, sagte Dr. Reinhard Binder, FDP. In diesem Fall komme es darauf an, den Bestand dauerhaft zu sichern. Mit der erwarteten Einnahme von 78.3000 Euro – auf der Basis der bisherigen Besucherzahlen, werden man weiterkommen und die Bibliothek attraktiv halten können. Man erziele so einen Erfolg, der dem einzelnen Bürger nicht weh tue.

Angesichts solcher Erhöhungen müsse man damit rechnen, dass Besucher wegblieben, warnte Bürgermeister Ulrich Minkner, möglicherweise nur kurzfristig, vielleicht aber auch dauerhaft. Mit denselben Zahlen wie in den Vorjahren sollte man jedenfalls nicht mehr rechnen.

Die Stadt bringe schon etwas auf für ihren Kulturauftrag, erkannte Dr. Hein-Janke, Grüne, an. Er hätte nicht zustimmen können, wenn auch Hartz-IV-Empfänger zahlen müssten, aber sie würden nur mit einer Jahresgebühr von 2,50 Euro belastet, das sei gut geregelt.

Aus Sicht der Mitarbeiter erläuterte Melanie Schade, dass die gemäßigte Erhöhung am meisten Nutzen bringe. Schon bei der Anhebung der Jahreslesegebühr seien viele Kunden weggeblieben, teilweise seien sie sehr empört gewesen. Zudem lasse das Modell mit der geringeren Erhöhung noch Spielraum für weitere Anhebungen, das andere jedoch nicht.

Für die umfassende Erhöhung sprachen sich CDU, FDP und Grüne aus. Danach sollen Kinder- und Jugendbücher 50 Cent pro Buch kosten, die restlichen Medien jeweils einen Euro pro Stück. Auf der Grundlage der Ausleihzahlen von 2009 verspricht man sich somit Gebühreneinnahmen von 78.300,50 Euro. Hinzu kommt ein einmalig anzuschaffender Leseausweis für fünf Euro. Zudem sollen bislang kostenfreie Dienstleistungen wie die Neubeschaffung von Etiketten bezahlt werden, so dass sich eine Gesamtsumme von rund 83.000 Euro ergeben würde. Das von SPD, Verwaltung und Mitarbeitern favorisierte Modell hätte ein Plus von 29.180 Euro gebracht: 20 Cent pro Medium für Erwachsene bei gleichbleibenden Jahresgebühren, aber auf 40 Cent pro Tag verdoppelte Säumniszuschläge.ek