Neurochirurg entwickelt neue OP-Methode

Kollegen aus ganz Europa live bei Abdelhalim Hussein im Einbecker Bürgerspital dabei

Freuen sich über die OP-Erfolge: Heiko Stern (links) und Heinz Baumgarten. Möglich gemacht hat das Neurochirurg Abdelhalim Hussein (Mitte).

Einbeck. Zwei Schicksale, eine Heilmethode: Heiko Stern litt seit sechs Jahren fast ununterbrochen Schmerzen im Knie. Schmerzmittel, Homöopathie, Akupunktur – nichts hat geholfen. Heinz Baumgarten war nach einer Leisten-Operation wegen eines verletzten Nervs immer wieder arbeitsunfähig. Ständig plagten ihn massive Unterbauchschmerzen. Auch er hatte eine Odyssee an Arztbesuchen und Therapieversuchen hinter sich – ohne Erfolg.

Seit wenigen Wochen sind beide schmerzfrei. Möglich gemacht hat das Abdelhalim Hussein, der am Einbecker Bürgerspital als Neurochirurg tätig ist. Der Facharzt für Neurochirurgie und spezielle Schmerztherapie hat eine OP-Methode angewandt, wie sie in Europa einzigartig ist – so einzigartig, dass sich Kollegen aus Spanien, Österreich, England und aus der Berliner Charité live im Einbecker Bürgerspital zugeschaltet haben, als er Heiko Stern operiert hat.

»Ultraschall-gesteuerte PNS Implantation« nennt man die OP-Methode, die der Spezialist angewandt hat. Dabei werden den Patienten Elektroden eingesetzt, die beschädigte Nerven anregen. Verkürzt gesagt kann man damit am Schmerzgedächtnis der Patienten arbeiten. Mit Hilfe von Stromimpulsen wird das Schmerzempfinden des beschädigten Nervs nicht mehr an das Gehirn gesendet. Der Grund, warum Hussein nun aus ganz Europa bei der OP beobachtet wurde, war nicht das Einsetzen der Elektroden, sondern die Art, wie er das gemacht hat: nämlich mit Hilfe eines Ultraschallgeräts.

»Ich hatte einfach irgendwann die Idee, dass ich das Setzen der Elektroden unter dem Ultraschallgerät kontrollieren könnte«, berichtet der 38-Jährige. Bislang wurden die Elektroden ohne Sichtkontrolle in das Gewebe platziert und zwar an die Stellen, an denen die Operateure die beschädigte Nervenbahn vermuteten. Sehen kann man den Nerv mit dieser Methode nicht. »Ich habe den Nerv mit Hilfe des Ultraschallgeräts gesucht und direkt dort platziert«, so Hussein.

Umfangreiche Kenntnisse in Ultraschalldiagnostik hat Hussein während seiner Zusatzausbildung zum interventionellen Schmerztherapeuten erworben. Dabei hat die Ultraschallmethode noch einen weiteren Vorteil: »Statt zuvor mit drei kommen wir so mit einer Elektrode aus«, berichtet der gebürtige Ägypter. Gewebeschonender ist diese Variante außerdem.

»Nach der Operation ging der Schmerz rapide weg«, berichtet Heinz Baumgarten. »Ich bin voll zufrieden.« Und auch Heiko Stern ist glücklich: »Ich will und ich muss arbeiten. Weil ich nun zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder schmerzfrei bin, kann das nun endlich auch was werden.«

Die PNS Implantation kann bei hochgradiger Arthrose, Nervenverletzung, Nervenschmerzen generell und chronischen, nicht beeinflussbaren Schmerzen entlang eines bestimmten Nervs angewandt werden. Hussein verfährt in jedem Fall immer so, dass er zunächst gezielt ein lokales Betäubungsmittel setzt. Geht der Schmerz dann weg, ist er sich des Ursprungsorts der Schmerzen gewiss. Die Wirkung der Spritze verfliegt nach circa vier Wochen. Dann ist der richtige Zeitpunkt, um die etwa einen Millimeter breite und zehn Zentimeter lange Elektrode einzusetzen. Sie bleibt in der Regel ein Leben lang.

Einen Tag nach der Live-Operation, die Hussein für die europäischen Kollegen angeboten hat, ist er gebeten worden, eine OP in Spanien per Videoschaltung live zu assistieren. »Das hat prima geklappt«, freut sich der Neurochirurg. Es sei ein erfüllendes Erlebnis, eine OP-Methode zu entwickeln, die weltweit Anklang findet. »In jedem Fall werden wir unsere Patientinnen und Patienten natürlich auch in Langzeitstudien begleiten und die Ergebnisse in internationalen Fachzeitschriften veröffentlichen«, kündigt Abdelhalim Hussein an.oh