Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen, Familie und Senioren

Nicht nur Corona, »das Gesundheitsamt ist überall«

Infektionsschutzmanagement | Gesundheitkoordinator | Errichtung psychischer Institutsambulanz in Uslar

Über das Infektionsschutzmanagement im Landkreis sprach Tanja Brandes.

Mit Infektionsschutzmanagement im Rahmen der Corona-Pandemie oder den Aufgaben der Gesundheitsdienste befasste sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen, Familie und Senioren des Landkreises Northeim im BBS-Forum in Einbeck. Zudem gab es noch Informationen zur Einrichtung einer psychiatrischen Institutsambulanz in Uslar und zur Strukturentwicklung, um Gesundheitsförderung und Prävention besser zu verankern.

Einbeck. Die Asklepios Psychiatrie Niedersachsen hat von der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen die Zulassung für die Einrichtung einer psychiatrischen Institutsambulanz in Uslar erhalten, erklärte Melanie Weyerstall, leitende Ärztin am Fachklinikum Göttingen. Dabei handelt sich um ein Angebot für psychisch Kranke, die wegen Art und Schwere sowie Dauer ihrer Erkrankung eine besondere und wohnortnahe Versorgung benötigen. Die Ambulanzen sollen die Behandlung optimieren, um stationäre Aufnahmen zu vermeiden oder zu verkürzen sowie die Integration der Patienten zu stabilisieren.

Ab Oktober gebe es jeden zweiten Dienstag eine Sprechstunde im Multifunktionsgebäude des Landkreises, Gerhardt-Hauptmann-Straße 10, in Uslar. Sie richte sich an Menschen mit Depressionen, Angststörungen, Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen. Anmeldungen können über die Institutsambulanz Göttingen, Telefon 0551/402650, erfolgen. Menschen mit primären Suchterkrankungen werden in der Suchtambulanz des Asklepios Fachklinikums Göttingen behandelt.
Landrätin Astrid Klinkert-Kittel teilte mit, dass man sich seit geraumer Zeit mit dem Thema befasse und es diverse Gespräche mit anderen Krankenhausbetreibern gab. Weitere Kooperationen sollen folgen, kontinuierlich will man weitere Institutsambulanzen aufbauen.
Uwe Schwarz, SPD, und Elisabeth Behrens, CDU, begrüßten die Schaffung des Angebots. Gehofft wurde auf stetige Weiterentwicklung.

Seit dem Auftreten der Corona-Pandemie seien die Gesundheitsämter vermehrt in den öffentlichen Fokus gerückt, sie stellen ein zentrales Organ im Pandemiemanagement dar, sagte Amtsärztin Dr. Regine Pabst. Ob Infektionen, Masernschutzgesetz, Impfberatung, Hygiene in öffentlichen Einrichtungen, Früh­för­derung, Schwangerschaftskonfliktberatung, Sozialleistungen, Zahngesundheit, Beamten­begutachtungen, Beratungen, Heimaufsicht, Schuleingangsuntersuchung, Umgang mit Lebensmitteln oder Qualität von Wasser zum Trinken oder in Bädern, »das Gesundheitsamt ist überall« beteiligt. Besetzt sei es mit Fachpersonal. Zu den Verwaltungsmitarbeitern kommen Hygienekontrolleure, Ärzte und Zahnärzte sowie sozialmedizinische, medizinischen und zahnmedizinischen Angestellten.

Die Aufgaben wandelten sich im Lauf der Zeit unter anderem durch Zunahme gesetzlicher Pflichten, so Dr. Pabst. In den vergangenen Jahren musste man durch Schwierigkeiten bei der Mitarbeitergewinnung längerfristige Vakanzen kompensieren. Die Zusatzaufgaben im Rahmen der Corona-Pandemie führen zu erheblichen Einschränkungen in der Erfüllung der originären Aufgaben. Unterstützung erhielt man durch Verwaltungspersonal – trotzdem war der täglich der Spagat zwischen Coronamanagement und eigentliche Herausforderungen schwer. Amtshilfe gewährte man zudem dem Landkreis Göttingen beim Hotspot im Hochhaus.

Hoffnung habe ihr Gesundheitsminister Jens Spahn mit dem »Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst« gemacht, so Dr. Pabst. Der Bund stellt finanzielle Mittel zur Verfügung, dass bis 2021 in Deutschland 1.500 Ärzte und bis 2022 noch einmal 3.500 eingestellt werden.

Großen Bedarf habe man, so die Landrätin, dies habe die Pandemie verstärkt. Für den Landkreis Northeim hofft sie auf sieben neue Mitarbeiter durch den Gesundheitspakt.

Der Verband der gesetzlichen Krankenkassen (EMV) fördert mit dem Ziel des kommunalen Strukturaufbaus im Bereich Prävention und Gesundheitsförderung die Einrichtung einer Stelle als Gesundheitskoordinator für die Dauer von fünf Jahren, teilte Thomas Altgeld mit, Geschäftsführer der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen. Der Landkreis Northeim stellte im März einen Förderantrag in Kooperation mit der Gesundheitsregion Südniedersachsen. Bewilligt wurden 113.797,39 Euro.

Aufgabe eines Gesundheitskoordinators sei, so Altgeld, gesundheitsfördernde Bedarfe individuell zu identifizieren und anschließend Maßnahmen zur Verbesserung zu organisieren. Zielgruppen sind Menschen jeden Alters; Ziele die Förderung von Gesundheitskompetenz und gesteigerte soziale Teilhabe, Errichtung von Angebotslandschaften für Menschen in prekären Lebenslagen, zielgerichtetes Engagement für Familien oder Entwicklung von Präventionskonzepten.

Mit der Schaffung einer Stelle strebe der Landkreis Aufbau und Entwicklung kommunaler Kooperationsstrukturen im Sinn einer ganzheitlichen Gesundheitsförderung durch Präventionsmaßnahmen an, so Klinkert-Kittel. Grundlegend soll ein koordiniertes Angebot bestehender Maßnahmen seien. Die Kooperation unterschiedlicher Fachkräfte will man verbessern sowie relevante Akteure und Zielgruppen in die Entwicklung einbeziehen. Bei den fünfjährigen Gesamtkosten von insgesamt 273.521,70 Euro und einer Förderung von 113.797,39 Euro betrage der Eigenanteil des Landkreises 159.724,31 Euro.
Viele Ausschussmitglieder sahen die Schaffung eines Gesundheitskoordinatorin kritisch wie Elisabeth Behrens, CDU. Man habe im Landkreis schon gute Angebote und brauche keine Doppelstrukturen, meinte sie. Nach reger Diskussion stimmte der Ausschuss für den durch die SPD ergänzten Beschlussvorschlag, dass die Landrätin beauftragt werde, ein Konzept für den Gesundheitsdienst unter Beachtung des Paktes von Bund und Ländern zu erarbeiten. Dabei seien Personal- und Raumbedarf, Personalgewinnung, Aufgabenerfüllung der Gesundheitsziele sowie Ausbau der Digitalisierung einzubeziehen. Hinzunehmen will man Überlegungen zu Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit und der Einbindung einer Gesundheitskoordinierungsstelle.

Über das Infektionsschutzmanagement im Rahmen der Corona-Pandemie berichtete Tanja Brandes, stellvertretende Fachbereichsleiterin der Gesundheitsdienste. Der erste Fall trat in Deutschland Ende Januar auf, in Niedersachsen am 29. Februar und im Landkreis am 11. März. Zusätzlich zur frühen Erkennung sowie Eindämmung und Beeinflussung der Ausbreitungsdynamik (»Containment«) berate man und beantworte Fragen. Aufgaben waren unter anderem Identifikation der bestätigten Fälle, Kontaktaufnahme zu ihnen und auch zu Personen ersten und zweiten Grades, Festlegung der Quarantänezeiten, Anordnung der Quarantänemaßnahmen, Hygienepläne, Überprüfung der Anordnungen und Beratungen. Diese erfolgten mit Behörden, Institutionen, Experten und der Bevölkerung und umfassten Regelungen zu Besuchen in Altenheimen, Veranstaltungen oder Sportbetrieb.

Der Landkreis stehe mit etwas mehr als 185 Infizierten seit März gut dar, sagte Brandes. Allein 613 Bescheide für Kontaktpersonen wurden erstellt. Sie ausfindig zu machen, erfordere einen großen Personalaufwand. Rund 250 Anträge von Verdienstausfall wegen Quarantäne wurden bearbeitet. Zahlreiche Herausforderungen gebe es für das Personal, um stets auf dem aktuellen Stand zu sein. Dazu zählen Verordnungen, RKI-Vorgaben, Rahmen-Hygienepläne für Einrichtungen, Testungen oder Besuchsregeln.

Uwe Schwarz wünschte sich wieder Testzentren vor Ort. Diese soll es wieder geben, wenn es zu einem Hotspot in der Region komme, so Brandes. Der Ausschuss lobte die hervorragende Arbeit der Gesundheitsdienste beim Corona-Infektionsschutzmanagement.mru