Ort der Begegnung und des offenen Dialogs

»Wir haben es geschafft«: Alte Synagoge mit Feststunde eröffnet | Dank an alle Mitstreiter | Lob und Respekt

30 geladene Gäste folgten aufmerksam den Worten der einzelnen Redner, hier Wilma Henrich.

Einbeck. »Es ist geschafft! Ich gratuliere zu diesem großartigen Erfolg, auch im Namen von Kreistag und Kreisverwaltung«, erklärte Landrätin Astrid Klinkert-Kittel zur Eröffnung der Alten Synagoge.

»Was Sie geleistet haben, ist nicht selbstverständlich und das tolle Ergebnis spricht für sich« dankte sie allen vom Verein sowie den Förderern, zu denen auch der Landkreis Northeim mit seiner Kultur- und Denkmalstiftung – Vorsitzender Joachim Stünkel war auch da – gehört. Einen »lebendigen Raum zu schaffen, der Menschen verschiedener Kulturen, Religionen und Generationen zusammenführt«, sei das Ziel des Vereins. Die Bedeutung dieses Anliegens gerade in der heutigen Zeit hob sie hervor. »Es geht darum, dass der Verein mit dem Erhalt und der Nutzung an die jüdische Vergangenheit hier in Einbeck erinnert«, und weiter stellte sie fest: »Ich meine, der Förderverein übernimmt hier eine ganz wichtige Verantwortung, die wir ein Stück weit alle tragen.« Es sei inakzeptabel, wenn Holocaust-Verbrechen geleugnet werden. Antisemitismus habe keine Daseinsberechtigung. Die Alte Synagoge als Treffpunkt für Dialog und Austausch mache »diesen ehemals zentralen Ort jüdischen Lebens in Einbeck wieder zu einem lebendigen Teil des Stadtlebens«, schloss sie. »Ich gratuliere nochmals zum Abschluss dieses umfangreichen und wichtigen Projekts.«

Respekt für Schaffung interkonfessionellen Ort

Für die Stadt Einbeck schloss sich die stellvertretende Bürgermeisterin Antje Sölter an. Sie ging auf die 18 Jahre Bauzeit ein und auf das Mitwirken der Stadt – alle drei Bauamtsleiter der Stadt in dieser Zeit: Gerald Strohmeier, Frithjof Look und Joachim Mertens waren übrigens auch gekommen. »Über den städtebaulichen Denkmalschutz konnten Fördergelder fließen, denn Politik und Verwaltung waren sich einig, dass dieses letzte Zeugnis jüdischen Lebens unbedingt erhaltenswert ist.« Das Ziel seit 2012, eine Begnungsstätte für unterschiedliche Kulturen und Religionen zu schaffen »verdient besonderen Respekt, den ich hiermit für Rat und Verwaltung der Stadt aussprechen möchte. Dem Förderverein ist es wichtig, nicht nur die Erinnerung jüdischer Geschichte aufrechtzuerhalten, was zweifelsohne weiterhin sehr wichtig ist, sondern einen interkonfessionellen Ort zu schaffen, an dem Menschen jeden Glaubens sich zu Hause fühlen, sich treffen und austauschen, in Frieden die Gesellschaft des anderen genießen und gemeinsam Aktivitäten durchführen können.« Dann zitierte sie Papst Benedikt XVI., der gesagt habe, dass aus dem Gottesglauben Israels, der philosophischen Ver- nunft der Griechen und dem Rechtsdenken Roms die Kultur Europas entstanden sei und betonte, genau wie die Landrätin, dass diese Begegnungen mit unterschiedlichen Kulturen für die Toleranz, Akzeptanz und Wissen die Basis sei, niemals wichtiger seien als jetzt. Nun stehe dieser besondere Ort dafür zur Verfügung: »Ich danke Ihnen stellvertretend für die Bürger der Stadt, dass Sie sich alle der Alten Synagoge angenommen haben, dass Ihr Engagement sich ausgezahlt hat.«

Vom Initiativkreis zum Verein

»Landsynagogen in Niedersachsen« hieß 1996 ein Dokumentationsthema zweier Architekturstudenten aus Braunschweig, die die einstige Synagoge entdeckten, gaben zuvor der zweite Vorsitzende seit Projektbeginn, Joachim Voges, und die seinerzeitige erste Vorsitzende, Dr. Elke Heege, einen kurzen Rückblick. Im November 2001 bildete sich ein Initiativkreis in Rotenkirchen mit acht Leuten. Man habe »konstruktiv gesponnen«. Am 6. März 2002 folgte das erste Fachgespräch mit Gerald Strohmeier und der Landesdenkmalpflege: ein bauhistorisches Gutachten wurde nötig. »Im Familienkreis wurde der Kaufpreis zusammengetragen, und Rechtsanwalt und Notar Dr. Maack beurkundete den Erwerb des Gebäudes Baustraße 15a ›für den alsbald zu gründenden Verein zur Erhaltung und denkmalpflegerischen Gestaltung der ehemals Jüdischen Synagoge‹«, berichtete Voges. In Eilensen bei Archiv- und Museumsleiterin Dr. Elke Heege wurde am 16. Januar 2004 der Förderverein gegründet. Von den 13 Mitgliedern waren anfangs sieben im Vorstand und vier davon seien heute noch aktiv. Ein Logo wurde entwickelt und Strategien, den Verein bekannter zu machen. Heute zählt man 70 Mitglieder.

»Das Innere des Gebäudes sah schrecklich aus«, erinnerte sich Voges. Trotzdem strebte man nicht nur eine Instandsetzung an, sondern – auch ohne Originalunterlagen – einen Rückbau, der den ursprünglichen Charakter wiedergeben sollte, inklusive der Frauenempore, die ja weg war. Die ersten Geldgeber seien die Kulturstiftung des Landkreises und die AKB Stiftung gewesen. Damit wurde ein neues Dach möglich. Heute wisse man, ergänzte Dr. Heege, wie gut es gewesen sei, dass dieses Projekt gerade in die 2000er Jahre fiel. Die Aufmerksamkeit zur Erhaltung jüdischer Kultur sei gerade in diesen Jahren groß gewesen.
Wilma Henrich als »begeistertes Fördermitglied« ... »dieser so würdig wieder hergerichteten Möglichkeit zu vielfältigem Austausch« und Mitglied Günter Dietzek sprachen von ihrer Motivation, sich zu engagieren. Vom »Humus-Boden « für die Gründung, der Thematik der jüdischen Kultur in den Schulen, den Klezmer-Tagen in Einbeck und der »fantastischen Vorstandsarbeit« sprach Dietzek.

Dank des Vorsitzenden

Zum Schluss folgte Frank Bertram, der seit zehn Jahren Vorsitzender ist, mit einer Rede, in der alles drin war: 600.000 Euro wurden in 15 Jahren investiert. Ein großes »Danke« ging an alle, von Behördenvertretern über Planer, Firmen und Handwerker bis zu Spendern und Förderern. Namentlich erwähnte er:  Das Förderprogramm Städtebaulicher Denkmalschutz, Sanierungsgebiet Einbeck »Neustadt-Möncheplatz« von Stadt Einbeck und Sanierungsträger DSK, Niedersachsens Landesamt für Denkmalpflege, die Kultur- und Denkmalstiftung des Landkreises, die VR-Stiftung mit der Volksbank in Einbeck sowie die Denkmalschutzstiftung und die AKB Stiftung und außerdem private Spender, zum Beispiel für den Leuchter und die Fenster.

Das »gemeinsame Anpacken« des Vorstands hob er hervor und das, was man gemeinsam lernen musste, ob DIN 276 oder Raumbuch. Aus der Haus-Geschichte berichtete er: 1906 wurde der zu klein gewordene Bau an den Arbeiter Rettberg für 8.930 Mark verkauft. Die neue Synagoge bestand da bereits zehn Jahre. Der Sakralbau wurde zum Wohnhaus umgebaut und überstand so den 9. November 1938.

Beim Ausbau der alten Türen entdeckte man eine kleine Holztafel: »Diese Sinagoge wurde für Wohnhaus umgebaut im Jahre 1907 4/6 Karl Pleschotzky, Tischlermeister« stand darauf. Dieser Tischler war laut Meldebuch sowohl in der Tiedexer Straße als auch in der Baustraße aktiv, recherchierte Bertram.

Musik, Diskussionen, Lesungen, geschichtliche Bildung und Gottesdienste aller Religionen

Einen »Ort der Begegnung und des offenen Dialogs« für Menschen zu schaffen »egal, welcher Religion sie angehören, egal welchem Kulturkreis sie sich zugehörig fühlen, egal ob Jung oder Alt.« Das war und ist das Ziel, ein Treffpunkt zu Austauch, Begegnung und Dialog. »Unser Haus steht allen offen, die guten Willens sind.« Konzerte, Diskussionen, Lesungen, geschichtliche Bildung und Gottesdienste aller Religionen könnten hier stattfinden.

Das Geheimnis seiner schwarzen Tasche lüftete dann Jürgen Hüttig. Vor zehn Jahren habe ihm der Verein einen Ordner mit Berichten in Wort und Bild zum Verein und den Bauarbeiten anvertraut, den er weiterführte. Diesen dicken Ordner gab er nun zurück, zum »analogen« Nachlesen. Das jüngste Dokument darin war die Ankündigung zu diesem Wochenende aus der Einbecker Morgenpost.

Coronakonform hatte man die Feierlichkeiten über mehrere Tage verteilt: Mitgliedernachmittag, Konzert, Festakt und Diskussion. So erhielten mehr Menschen Gelegenheit, diesen Raum zu betrachten und zu bewundern. Dazu gehörten am Sonnabend auch die Bundestagsabgeordnete Frauke Heiligenstadt, der Landtagsabgeordnete Christian Grascha und – so konnte man ihm persönlich seine Bewunderung ausdrücken – der Künstler des Metallleuchters, Peter Schmitz und seine Frau aus Hildesheim.des