Rat Einbeck

Pandemie-Folgen: Minus von drei Millionen Euro

Bürgermeisterin bringt Haushaltsplanentwurf für 2022 ein | Was ist notwendig, was lässt sich verschieben?

Der Einbecker Rat hat erneut öffentlich in der Multifunktionshalle ­getagt – vermutlich zum letzten Mal in dieser Zusammensetzung. Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek hat dabei den Haushaltsplanentwurf für 2022 ­vorgestellt.

Einbeck. »Heute habe ich Goethe dabei«, erläuterte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek ihr traditionelles Zitat zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfs 2022 am Mittwochabend im Rat: »Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen«, das stellte sie dem Haushalt voran. Man habe seit eineinhalb Jahren mit einem ziemlich großen Stein umzugehen, mit der Corona-Pandemie und ihren erheblichen Einschränkungen im öffentlichen und privaten Bereich. Das hat auch den Haushalt geprägt: Der Entwurf sieht einen Fehlbetrag von gut drei Millionen Euro vor.

Pandemie: »Schub im Bereich Digitalisierung«

Mit vielen Regeln und Hygienekonzepten habe man in den vergangenen Monaten zu leben gelernt, in unterschiedlichen Bereichen, führte die Bürgermeisterin aus. Test- und Impfangebote seien geschaffen worden. Man habe dazugelernt bei digitalen und hybriden Veranstaltungsformaten. Die Pandemie habe einen Schub im Bereich Digitalisierung gebracht. Die Verwaltung sei in vieler Hinsicht tätig geworden. Dank sagte sie allen, die trotz der schwierigen Situation durch kreative Kultur- und Freizeitangebote einen erholsamen Sommer ermöglicht hätten.

Innerhalb der Verwaltung habe man sich weiter um die Einführung des Onlinezugangsgesetzes gekümmert. Man habe die Schulen digital versorgt, sowohl mit Datenleitungen als auch mit Endgeräten. Digitalisierung werde den Alltag in vielen Bereichen erleichtern. Über Smart-Cities als Zukunftsaufgabe sollen Digitalisierung und Stadtentwicklung verknüpft werden, mehrere Millionen Euro konnten an Fördergeld eingeworben werden. Das Sofortprogramm »Perspektive Innenstadt!« soll bis März 2023 die Entwicklung im Stadtkern reaktivieren; Corona habe gezeigt, wie notwendig das sei. Auch Nachhaltigkeit habe sich die Stadt auf die Fahnen geschrieben, etwa mit der Beschaffung von Elektrofahrzeugen, der Beteiligung am Stadtradeln sowie der Umgestaltung bei den Grünflächen. Der Markenprozess wurde erneuert, und in Liegenschaften wurde investiert – in die Kitas, und die Multifunktionshalle werde genutzt. Die Pestalozzischule werde barrierefrei umgebaut, am Bürgerhaus Kreiensen habe sich etwas getan. Am Neustädter Kirchplatz wurde mit Bauarbeiten begonnen, die Beschilderung wurde erneuert, mit »Einbeck macht (sich) fit« ging es voran. Bebauungspläne wurden auf den Weg gebracht, etwa in Drüber, aber auch in der Kernstadt – all das trotz des größer werdenden Steins auf dem Weg.

Haushaltszahlen

Der Haushalt für die kommenden Jahre zeige diesen Stein jedoch: Für 2022 seien Erträge in Höhe von etwa 54 Millionen Euro und Aufwendungen von rund 57 Millionen Euro geplant. Man habe keinen ausgeglichenen Haushalt, sondern ein Jahresergebnis von minus 3,1 Millionen Euro. Das Finanzergebnis betrage 2,1 Millionen Euro. Das Investitionsvolumen liege bei knapp 3,1 Millionen Euro. Die Kreditermächtigung belaufe sich auf 2,4 Millionen. In der mittelfristigen Planung seien weitere Defizite in Höhe von 3,7 Millionen Euro absehbar. Die Tilgung müsse durch einen Rückgriff auf positive Vorjahresergebnisse erfolgen. Die negativen Finanzergebnisse seien mit geringeren Steuereinnahmen aufgrund der Coronapandemie zu erklären. Die Stadt lege Wert darauf, als Auftraggeberin kurzfristig handlungsfähig zu bleiben, auch mit Blick auf Fördermaßnahmen. Kredite würden weiter nur aufgenommen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich sei. Seit 2015 sei eine leichte Entschuldung gelungen, aber nicht in der erhofften Höhe von 450.000 Euro pro Jahr. Die Nettoneuverschuldung werde sich weiter erhöhen. Sofern keine deutliche Belebung der Konjunktur eintrete, rechne man mit einer Ausschöpfung von 75 Prozent der Kreditermächtigungen.
Der Haushaltsausgleich werde also nicht erreicht, und die mittelfristige Planung sei nicht ausgeglichen, fasste sie zusammen. Die aktuellen Zahlen ließen bis 2026 ein Defizit in Höhe von bis zu 6,7 Millionen Euro zu erwarten. Aus den Vorjahren seien 19 Millionen Euro an Guthaben zu berücksichtigen. Man könne deshalb von einer dauerhaften Leistungsfähigkeit ausgehen, und man sehe keine Verpflichtung, eine Haushaltssicherung auf den Weg zu bringen. Durch eine Sonderregelung zur epidemischen Lage sei es möglich, die Fehlbeträge innerhalb eines Zeitraums von 30 Jahren zu decken.

Mit 54,3 Millionen Euro seien die Einnahmen um 137.000 Euro höher als im Vorjahr. 85 Prozent seien Erträge aus Steuern und Zuwendungen. Der Vergleich zu den Haushaltsberatungen 2020 zeige das finanzielle Ausmaß der Pandemie: 3,5 Prozent weniger Einnahmen als für 2020 erwartet wurden. Man habe einen Rückgang von 2,4 Millionen Euro bei Steuern und von 1,9 Millionen Euro bei den Erträgen. Diese verschlechterte Ertragslage sei eindeutig auf die Pandemie zurückzuführen.

Die Aufwendungen seien mit 57,3 Millionen um 1,27 Millionen Euro höher als im Vorjahr. Die Aufwendungen würden zu 83 Prozent in Transferaufwendungen, Personalkosten sowie Sach- und Dienstleistungen fließen; das seien 2,26 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Personalaufwendungen würden um 530.000 Euro ansteigen. Bei den Transferaufwendungen mache die Kreisumlage mit 19,6 Millionen Euro den größten Anteil aus, sie sei um rund eine halbe Million Euro gestiegen.

Umsetzen oder Verschieben?

Trotz der angespannten Situation habe man sich entschieden, so viel wie möglich umzusetzen, etwa bei den Sondermaßnahmen im Bereich bauliche Unterhaltung und Aufwendungen. Jedoch habe man schon bei der Aufstellung des Haushalts nicht alles berücksichtigen können. Enthalten seien nun vor allem Maßnahmen, die begonnen wurden oder die zeitlich und sachlich unabweisbar seien. Man habe sich die Frage gestellt, wo man mit gutem Gewissen kürzen oder verschieben könne. Außerdem seien die Maßnahmen aus der Ortsratsmatrix belassen worden. Die dringend erforderliche neue Verkabelung im Neuen Rathaus wurde auf 2025 verschoben, die Fußbodensanierung in der Aula der Pestalozzischule auf 2023. Erneuert werden aber die abgängigen Tore des Geräteraums in der Sporthalle. Die Fassadensanierung der Bibliothek werde man auf 2025 verschieben müssen. Die Sanierung von Teilstücken der Mittelstraße in Vogelbeck werde ausgesetzt und erst 2023 begonnen. Vornehmen werde man sich die Dachsanierung des Dorfgemeinschaftshauses Rittierode und die Sanierung der Sanitärräume der Sporthalle Salzderhelden.

Im Investitionsprogramm sind 2,9 Millionen Euro enthalten, bis 2025 folgen weitere 7,23 Millionen Euro. Auch hier sei man dem Grundsatz gefolgt, Vorhaben in spätere Jahre zu verschieben, wo es möglich sei. Notwendig sei die Einführung eines EDV- und Dokumentenmanagements. Mit der Sanierung des Alten Rathauses werde man im Herbst beginnen und sie im kommenden Jahr fortsetzen. Weiter stehe für jedes Jahr ein größeres Feuerwehrfahrzeug im Haushalt. Der Neubau des Feuerwehrgerätehauses Kreiensen soll 2022 geplant und frühestens ab 2023 umgesetzt werden. Die Atemschutzgeräte, die im vergangenen Jahr gekauft wurden, werden noch beschafft, die nächsten werde es erst ab 2025 geben, kündigte Dr. Michalek an. Die Sanierung der Geschwister-Scholl-Schule wird auf drei Jahre bis 2024 gestreckt. In der Grundschule Vogelbeck beginnen Inklusionsmaßnahmen 2022, in der Grundschule Auf dem Berge 2023. Für den Grundschulstandort Greene gibt es Akustik­decken und neue Beleuchtung. Berücksichtigt werden die Folgekosten aus dem Digitalpakt, und im Stadion soll der Ballfangzaun erneuert werden. Spielgeräte und -plätze werden regelmäßig erneuert: 2022 ist der Spielplatz am Krähengraben an der Reihe, ebenso die Neugestaltung des Gartens der Generationen. 2023 folgt der Spielplatz Berliner Straße.

Haushaltsplanentwurf nun in Ausschüsse

Die Sanierung der Stadtmauer und des Storchenturms wird möglich, wobei ein weiterer Abschnitt dank Förderung umgesetzt werden kann, und auch für einen Ersatzbau an der Saline Salzderhelden sind Mittel eingestellt. Das Programm »Wohnfenster – Stube statt shopping« ist mit einem erhöhten Ansatz im Haushalt enthalten. Mit dem Bau des smarten Musterhauses zum Projekt »Smart Cities« wird 2022 in der ­Knochenhauerstraße begonnen, der Umbau der Fahrradgarage im Erdgeschoss läuft bereits. In die öffentliche Infrastruktur wird ebenfalls investiert: in die Digitalisierung der Bauaufsicht, in einen neuen Streuer für den Winterdienst in den Ortschaften, in Hochwassermaßnahmen, und das Stadtmuseum bekommt neue Vitrinen. Die Sanierung der Burgmauer in Greene wurde den Haushalt aufgenommen, dazu wurde soeben ein Fördermittelantrag auf den Weg gebracht. Barrierefreie Zugänge sollen zu den Dorfgemeinschaftshäusern Bartshausen und Brunsen geschaffen werden; das sei, erinnerte die Bürgermeisterin, ein Ergebnis der akribische Kleinarbeit des Seniorenrats für ein Barrierekataster, das nach und nach abgearbeitet werde. Die energetische Sanierung der Sporthalle Holtensen sei gleichfalls geplant.

Zur Wiedererlangung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Stadt Einbeck seit 2014 mit ausgeglichenen Haushalten habe der Zukunftsvertrag wesentlich beigetragen, hob sie hervor. Die Finanzsituation konnte verbessert werden, es gebe wieder Rücklagen. Mit Blick auf die Folgen der Pandemie ergebe sich aber die Notwendigkeit, Prioritäten noch besser zu setzen. Die Nutzung von Fördermitteln könne die finanziellen Spielräume erhöhen, ein Euro damit verdoppelt werden. Eine kreditfinanzierte Investitionstätigkeit scheine vor dem Hintergrund günstiger Zinsen verlockend; sie berge aber das erhebliche Risiko, in späteren Jahren in eine schwierige Situation zu geraten, warnte sie. Die dauerhafte Sicherstellung der finanziellen Handlungsfähigkeit unter Beibehaltung der Attraktivität der Stadt sei ein dauerhaftes Thema über den Zukunftsvertrag hinaus. Die Bürgermeisterin bat darum, weiter konstruktiv zusammenzuarbeiten, »wir als Verwaltung und Sie als Politik. Lassen Sie uns aus dem Steinen, die uns durch Corona in den Weg gelegt werden, gemeinsam Schönes für die Stadt und die Bürger bauen«, so ihr Wunsch.

Den Haushaltsplanentwurf nahm der Rat zur Kenntnis; er geht jetzt zur Beratung in die Ausschüsse, bevor er im Dezember vom neuen Rat verabschiedet wird.ek