Zukunftsvisionen und Neuerungen in Goslar

Polizeidirektor Hans Walter Rusteberg war beim Deutschen Verkehrsgerichtstag

Northeims Polizeichef Rusteberg testet beim Verkehrsgerichtstag ein Alkohol-Interlock-Programm.

Einbeck/Northeim/Goslar. Rund 1.900 Teilnehmer aus Deutschland, Europa und Übersee haben zum Auftakt die einführende Worte des neuen Präsidenten des Deutschen Verkehrsgerichtstages in Goslar, Professor Dr. Ansgar Staudinger, gehört.

Aus polizeilicher Sicht waren folgende wesentliche Empfehlungen aus den acht Arbeitskreisen interessant: Es ging um Verbesserungen im Zusammenhang mit dem 2013 reformierten Punktesystems der Flensburger-Verkehrssünderdatei, Thema war das »Autonome Fahren« nur mit einem »Fahrmodus-Speicher«, Alkohol-Wegfahrsperren für alkoholauffällige Kraftfahrer wurden vorgestellt, es wurden Notbremsassistenten von Lkw und Bussen auf dem neuesten Stand der Technik gezeigt, und die Ausrüstungsverpflichtung für neue Lkw und Busse mit Abbiege-Assistenten zum Schutz von Radfahrern und Fußgängern wurde diskutiert. Ein Arbeitskreis beschäftigte sich mit den technischen Möglichkeiten, Fahrten unter Alkoholeinfluss zu verhindern.

Intensiv wurden das Für und Wider einer Alkoholzündschlosssperre, verkürzt »Alkolock« genannt, erörtert. Auf der einen Seite wäre es eine Chance für alkoholauffällige Kraftfahrer, auf der anderen Seite darf Technik im Kraftfahrzeug die hohen Maßstäbe an Fahreignung und Eigenverantwortung nicht aushebeln. Einig waren sich die Experten, dass Alkohol im Straßenverkehr nach wie vor eine häufige Unfallursache, insbesondere im Zusammenhang mit schweren und schwersten Verkehrsunfällen, ist.

2017 wurden in Deutschland über 12.000 Unfälle mit Personenschaden registriert, bei denen mindestens ein Beteiligter unter Alkoholeinfluss stand. Jeder 14. Verkehrstote verstarb im Zusammenhang mit einem Alkoholunfall. Eine effiziente Maßnahme, um Unfälle im Straßenverkehr durch Alkoholgenuss zu reduzieren, sind Polizeikontrollen. Diese Kontrollen können jedoch die Alkoholfahrt selbst nicht verhindern; somit beschäftigte sich der Arbeitskreis damit, mit technischen Lösungen bereits präventiv vor der Fahrt einzugreifen.

Letztendlich forderte der Arbeitskreis mit großer Mehrheit die Einführung von Alkohol- Interlock-Programmen als Ergänzung zu bestehenden Maßnahmen für alkoholauffällige Kraftfahrer. Mit dieser technischen Innovation soll zukünftig das Fahren unter Alkoholeinfluss weitgehend unmöglich gemacht werden.

Es wurde zunächst die Durchführung eines Modellversuchs auf der Grundlage bereits bestehender wissenschaftlicher Erkenntnisse, beispielsweise aus den USA, empfohlen. Dabei soll Wert auf die Vermeidung von Manipulationsmöglichkeiten, etwa durch ein Gesichtserkennungssystem, gelegt werden. Dieser Modellversuch sollte für Kraftfahrer offenstehen, die erstmalig mit einer Blutalkoholkonzentration zwischen 0,5 und 1,59 Promille auffällig geworden sind.

Einig war man sich im Arbeitskreis, dass Verkehrssünder ab einer Alkoholfahrt mit 1,6 Promille und mehr weiter eine medizinisch-psychologische Untersuchung erfolgreich absolvieren müssen. Unterhalb dieser Promillegrenze könnte der Einsatz von Alkohol- Zündschlosssperren mit entsprechenden psychologischen Begleitmaßnahmen eine Alternative zur vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis, als Ausnahme von der Sperrfrist oder auch als Alternative zum Fahrverbot in das Strafrecht eingeführt werden.

Letztendlich dürfe es jedoch aus Sicht der Arbeitskreisteilnehmer nicht darum gehen, alkoholauffälligen Kraftfahrern über diese Alkohol-Zündschlosssperren die Teilnahme am Straßenverkehr möglichst schnell wieder zu ermöglichen; vielmehr müsse die Technik dazu dienen, Alkoholfahrten auszuschließen. Natürlich waren auch erste Anbieter von Alkohol-Wegfahrsperren beim Verkehrsgerichtstag vertreten.

Modelle konnten in Augenschein genommen und getestet werden. Die Messgenauigkeit dieser Geräte ist in den letzten Jahren vielfach auf den Prüfstand gestellt worden. Auch hier hat sich viel zum Positiven entwickelt. Es wird noch geraume Zeit dauern, bis alle anstehenden Fragen und Probleme gelöst sind. In absehbarer Zeit ist nicht mit einem weit verbreiteten Einsatz dieser Alkohol-Wegfahrsperren zu rechnen.oh