Von Pumpstationen und Jauchefässern

»Firmen in Einbeck« um 1900 mit Walter-Wilhelm Funcke

Walter-Wilhelm Funcke

Einbeck. Der Jahresversammlung des Einbecker Geschichtsvereins folgte ein Vortrag zu einer Auswahl Einbecker Firmen zwischen 1870 und 1930. Dazu hatte sich, obwohl gesundheitlich etwas angeschlagen, Walter-Wilhelm Funcke bereit erklärt. Es war dies ein bereits vorhandener, längerer Vortrag, der nicht gekürzt, sondern – gegen 22 Uhr – aus Zeitgründen – unterbrochen wurde.

Existenzbedürfnisse wie saubere Luft, sauberes Wasser, gesunde Nahrung, ein Dach überm Kopf – das bildete Funckes Ausgangsbasis und Herangehensweise ans Thema. Bei Brennstoffen wie Holz und Torf, rauchenden Schornsteinen, tierischem Mist und Abort-Fäkalien sei man damals von sauberer Luft noch weit entfernt gewesen.

Faktenreich, aber unterhaltend erläuterte er dem Publikum im Hotel »Panorama« mit seiner Powerpoint-Präsentation die Details: 1875 belegt eine Magistrats-Bekanntmachung, dass das Verunreinigen der Brunnen, besonders durch Kinder ein großes, gesundheitliches Problem war. Manch einer trank dann lieber den »Cholera-Bitter« von der Kornbranntwein-Brennerei Riemenschneider, stellte Funcke schmunzelnd fest.

Dann berichtete er über Vorarbeiten 1878 zu einer Wasserleitung, deren Bau ab 1889, den Verlauf, die Liefermenge, dann die »Brunnenstube der Ravensweiher Quelle« bis zu beeindruckenden Fotos der Pumpstation des Wasserwerks (Aufnahme von 1910) und dem Wasserhochbehälter für 1.000 Kubikmeter, oberhalb des neuen Schützenhauses.

Kichern im Publikum bei einem entsprechenden Zille-Bild zu der Bemerkung, dass bis in die 1970er Jahre noch Jauchewagen Etliches aus Hausgruben abschöpften und wegfuhren. Reklame für eigene Jauchefässer machte die Böttcherei Wilhelm Pflugmacher, Reinserturmweg – Funcke konnte ein Foto der ganzen Belegschaft zeigen. Auch Jauchefahrer war der Spediteur Gustav Hümme, Tiedexer Straße 19.

Er erhielt vom Magistrat, den »Vakuum-Apparat als Eigenthum übertragen« und damit die Pflicht für zehn Jahre die Abortgruben zu leeren, aber für nicht mehr als »2,50 Mark für 1.000 Liter«. Mit Gegensatz-Fotos – früher und heute – sowie ineinander gesetzten Ausschnitten historischer Ansichten, mit Kennzeichnungs-Pfeilen und vielen Zeitungs-Annoncen veranschaulichte Funcke, wo sich in Einbeck die betreffenden Orte befanden, etwa das 1865 von Major a. D. Lentze gebaute Gaswerk am Altendorfer Tor und wie diese damals aussahen. Der Energiegewinnung war der nächste Abschnitt gewidmet.

1908, das E-Werk in der Bismarckstraße war gerade gebaut, wurden 160 kW Strom pro Tag erzeugt, 1912 waren es schon 240. Der Bau einer Wasser-Turbine 1935 schaffte weitere Kapazitäten. Auf eine Besonderheit machte Funcke aufmerksam: Bis kurz nach 1945 gab es im Stadtgebiet noch Landwirte, Ökonomen genannt. 1895 waren es noch 23, 1904 dann 15 und 1912 zählte man acht. In der Tiedexer Straße 20 hatte die Familie von Georg Sandermann ihre Landwirtschaft, mit Kutschbetrieb und zeitweise auch der Posthalterei.

Auch dazu hatte Funcke entsprechendes Bildmaterial. Das Haus Münsterstraße 10, das viele heute noch wegen seiner letzten vollständig erhaltenen Braudiele Einbecks kennen, gehörte Landwirt Francke. Die Hof-Zufahrt führte über die Wolperstraße. Ein weiterer Bauer: Carl Otto, Neuer Markt 5. Selbst in einem Werk des Malers Josef Wenzel entdeckte Funcke dessen Haus.

Und wie so oft in Einbeck: Am 4. März 1903 berichtet die Südhannoversche Zeitung von einem Feuer in den Hintergebäuden des Arbeiters Dörel, Judenstraße und des Tischlermeisters Suffert, Neuemarkt, welches dann auf die angrenzenden Stallungen einer Witwe und des Ökonom Otto übergriffen.

In der gleichen Zeitungsausgabe erscheint bereits ein Feuerwehr-Dank von Otto. Der Arbeiter Dörel dankte ebenfalls am gleichen Tag und zwar jenen, die seine Sachen aus dem Haus retteten, bat aber, ihm mitzuteilen, »wo dieselben untergebracht sind. Es fehlen mir: 2 Ziegen, 1 guter Anzug, 1 Taschenuhr, 1 Wanduhr, Möbel und Küchengeräte, Wurst, Speck« und anderes mehr.

Das Publikum im »Panorama«-Saal amüsierte sich. Ausführlich ging es weiter mit dem Möncheplatz 4, 1739 von einem Schönfärber gebaut, seit 1796 im Besitz der Wittrams. An der Grimsehlstraße, Ecke Rosental war von 1882 bis 1909 der Wittram’sche Hof. Mit einem Auszug aus dem Stadtplan von 1890 präsentierte Funcke die beeindruckende Entwicklung der Grundstücke und Immobilien nahe dem Möncheplatz: Von der Schmiede des Meisters Kracke, Möncheplatz 6, bis zu den Villen von Gaswerk-Lentze, Grimsehlstraße 8, und Amtmann Nahl vom Rittergut Wellersen, Altendorfer Straße 43. Die Uhrzeit beendete hier den gelungenen Vortrag unter viel Applaus und machte neugierig auf Weiteres.sts