Rat Einbeck

Schlagabtausch macht sich an zwei Haushaltsdetails fest

Haushalt für 2011 mit Stimmen von CDU, FDP und Grünen verabschiedet / Streitpunkte Neustädter Kirchplatz und Brandschutz

Lautstark, heftig, nicht immer nach den Regeln von Fairness und guter Kinderstube: Wahlkampf, ick hör dir trapsen. Heftige Wortgefechte haben sich die Ratsmitglieder bei der Debatte über das Haushaltssicherungskonzept für 2011 und den Haushalt für dieses Jahr geliefert.

Einbeck. Die Ratsmehrheit wolle den Eindruck erwecken, sie habe das Sparen erfunden, sagte Marcus Seidel, SPD, mit Blick auf das Haushaltskonsolidierungskonzept. Dabei habe auch die sozialdemokratische Mehrheit in früheren Jahren einiges getan, dabei aber Wert darauf gelegt, so viel Infrastruktur wie möglich zu erhalten. »Bei Ihnen sehe ich nur destruktive Ansätze und überzogene Vorgaben, etwa für Museum und Bücherei.« Geradezu dramatisch sei dort das Wegbrechen der Leserschaft. Nicht zuletzt das Gerangel um die Grundschule Salzderhelden zeige, »dass Sie es eben auch handwerklich nicht können.«

Unter den Rahmenbedingungen liege ein guter Haushalt vor – genau fünfmal betonte Dirk Ebrecht, CDU-Fraktionsvorsitzender, dies in seiner Haushaltsrede. »Es ist schon klar, dass Sie alles besser können«, wandte er sich ironisch an die SPD, aber die Anwürfe seien teilweise unverfroren. Immerhin habe es die jetzige Mehrheit geschafft, die Personalkosten in drei Jahren von 13 auf sieben Millionen Euro zu senken. Im Haushalt seien Ausgaben reduziert und Investitionen ermöglicht worden, wolle man die Stadt doch nicht totsparen. Dabei zähle der Neustädter Kirchplatz zu den Investitionen, auf die man seit Jahrzehnten warte. »Mit sehr überschaubaren Mitteln«, nämlich 199.000 Euro, wolle man dieses Entré der Stadt optisch aufhübschen; auf die zusätzlichen Parkplätze komme es gar nicht an. Hier werde vielmehr ein multifunktionaler Platz geschaffen, beispielsweise für Feste – mit wenig Aufwand und viel Wirkung. Zudem könne man erstmals einen »Batzen« Schulden zurückzahlen: 30.000 Euro. »Sie haben Schulden gemacht, wir zahlen sie zurück.« Das solle sich auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Die Haushaltsgenehmigung scheine greifbar zu sein, so schlimm könne es also nicht bestellt sein, wenn das gleich im ersten Anlauf klappe.

Die seiner Ansicht nach verfehlte Politik der vergangenen Jahre beleuchtete Rainer Hamann, Linke. Es gebe eine lange Liste von Kürzungen. Stattdessen würden fragwürdige Prestigeobjekte voran gebracht: »Sie haben auf der ganzen Linie versagt«, stellte er fest, »Jamaica« sei ein teures Experiment, ein Flop, der die Stadt an den Rand des Ruins gebracht habe. Dabei setze sich die Politik von Bund und Land hier fort. An den Landtagsabgeordneten Christian Grascha, FDP, wandte er sich mit der Aufforderung, er solle seinen Hintern im Landtag bewegen und seinen Leuten dort die Nöte vor Ort verdeutlichen.

An den eigentlich geplanten Schuldenabbau in Höhe von 200.000 Euro erinnerte die SPD-Fraktionsvorsitzende Margrit Cludius-Brandt. Es sei zwar schön, dass die Sanierung der Brücke über das Krumme Wasser im Haushalt vorgesehen sei, die ursprünglichen Pläne seien im Finanzausschuss aber geändert und der Schuldenabbau auf lächerliche 30.000 Euro geschrumpft worden. Der Neustädter Kirchplatz habe wohl eine Verschönerung nötig, was geplant sei, sei aber zu teuer. Hier werde Geld verpulvert, man setze die Haushaltsgenehmigung aufs Spiel. Für kritisch halte sie die Herausnahme von Brandschutzmaßnahmen für das Schulgebäude in Vogelbeck, per namentlicher Abstimmung sollte dieses Paket wieder in den Haushalt eingestellt werden.

Für »karnevalistisch« hielt Christian Grascha, FDP, die Rede von Hamann, aber der »Bierkutscher« gefalle ihm besser. Die Konsolidierungserfolge von 2001 bis 2006 stelle er nicht in Abrede, aber es müsse weitergehen. Nach dem großen Defizit von 2009 hätten sich die Zahlen deutlich verbessert. Es wurden schwierige Entscheidungen getroffen, ohne populistisch auf Wahltermine zu schauen. Durchsetzbare Haushaltsvorschläge seien der Markenkern der Mehrheitsgruppe, »wir sind dem Allgemeinwohl verpflichtet.« Die SPD verfolge nur Einzelinteressen. Die Investition in den Neustädter Kirchplatz sei wichtig für die Zukunft Einbecks, man könne einen Schandfleck beseitigen und die Qualität der Stadt verbessern.

Der Haushalt trage die Handschrift der Gruppe, so Dr. Ewald Hein-Janke. Der Entwurf lasse zwar noch Wünsche offen, aber man habe das Defizit weiter zurückführen können. Das sei nicht ohne schmerzhafte Einschnitte und Mut zu unpopulären Maßnahmen möglich gewesen. »Sie sind doch froh, dass wir uns an heißen Eisen die Finger verbrannt haben«, wandte er sich an die SPD. Die Bürger hatten es aber verstanden. Die Verwaltung sei nach wie vor leistungsfähig, betriebsbedingte Kündigungen konnten vermieden werden. Man wolle weiter Lebensqualität bieten. Die Zahlungen für Museum und Bibliothek als freiwillige Leistungen hätten eine kritische Größe erreicht. Die Schuldenrückzahlung sah er, im Gegensatz zu Ebrecht, nur als »symbolischen Betrag«.

Die Summe der Einzelinteressen sei durchaus wichtig, betonte Alexander Kloss, SPD, und besonderen Wert lege seine Fraktion hier auf den sozialen Bereich. Politisches Handeln müsse glaubwürdig sei – und das sehe er beim Neustädter Kirchplatz nicht. Für 199.000 Euro würden ein paar Kubikmeter Waschbeton weggenommen, das verstehe der Bürger nicht. Zudem seien die endgültigen Pläne für den Platz ungewiss. »Wir machen sie rückgängig« kündigte er als Wahlversprechen der SPD zur Gebührenerhöhung für die Bibliothek an. Sie sei sozial unausgewogen, und er verstehe nicht, wieso die Mehrheit auf den Rückgang der Benutzerzahlen nicht reagiere.

Mehr als 1,5 Millionen Euro wurden in den Jahren 2009/10 in die Einbecker Schulen investiert, 1,3 Millionen Euro davon in die Grundschulen, rechnete Dr. Sabine Michalek, CDU, vor. Wenn die SPD nun behaupte, es sei kein Geld für Bildung ausgegeben worden, sei das gelogen. Allein knapp 97.000 Euro, so viel wie für andere Dorfschulen zusammen, wurden für Vogelbeck ausgegeben, unter anderen auch für feuerhemmende Türen. Da verstehe sie nicht, warum sich Margrit Cludius-Brandt nun vernachlässigt fühle. Sie spiele vielmehr mit dem Verweis auf den Brandschutz mit den Ängsten von Eltern und Kindern, das sei unterstes Niveau, Wählerstimmenmaximierung auf dem Rücken von Eltern und Kindern: »Sie lügen absichtlich Menschen an.«

Die Brandschutzmaßnahmen seien keine Zugabe, so Marcus Seidel, sondern eine Verpflichtung. Er halte es nicht für statthaft, sie zu streichen, zumal sie ausfinanziert seien. Margrit Cludius-Brandt hier zu unterstellen, sie fühle sich zurückgesetzt, sei eine infame Unterstellung: »Unter aller Sau.« Der Opposition falle scheinbar nichts anderes an Kritikpunkten ein als der Neustädter Kirchplatz und die Grundschule Salzderhelden-Vogelbeck, stellte Dirk Ebrecht fest: »Wenn das alles ist ... .«

Unmut über die Formen des Umgangs miteinander meldete Bernd Amelung, SPD, an. Er erinnerte aber auch daran, dass die Schulden eben nicht von der SPD zu verantworten seien, sondern aus der falsch finanzierten deutschen Einheit, auch wenn das heute niemand mehr hören wolle. Aber seit 1995 laufe das kommunalpolitische Geschäft nicht mehr rund.

Das Haushaltskonsolidierungskonzept wurde mit den Stimmen von CDU, FDP und Grünen verabschiedet, ebenso der Stellenplan. Die namentliche Abstimmung über die Brandschutzmaßnahmen für die Schule in Vogelbeck musste die SPD verloren geben, nicht ohne Kritik von der CDU: Fraktionsmitglied Horst Jürgens aus Vogelbeck werde somit in eine peinliche Situation gebracht, so Ebrecht. Er kritisierte auch, dass der Bürgermeister gegen »seinen« Haushalt gestimmt habe. »Das ist nicht mein Haushalt, sondern der der Ratsmehrheit«, machte Bürgermeister Ulrich Minkner deutlich: Er habe das Zahlenwerk eingebracht, seither habe es aber deutliche Veränderungen erfahren. Es sei abenteuerlich, ihn dafür persönlich zu »verhaften«. ek