Schüler absolvierten ihre eigene WM mit Erfolg

Abschlussfeier der Beruflichen Gymnasien der BBS Einbeck | 83 Schüler absolvierten die Reifeprüfung

83 Schüler der beruflichen Gymnasien der Berufsbildenden Schulen Einbeck feierten jetzt ihren erfolgreichen Abschluss.

»Ich bin stolz auf Sie«, nicht nur der Schul­leiter der Berufsbildenden Schulen Einbeck, Renatus Döring, freute sich über die gelun­gene Abschlussveranstaltung der Abiturienten der Beruflichen Gymnasien, sondern auch die Familien und die 83 Absolventen des größten Jahrgangs in der 186-jährigen Geschichte der Schule. Er sehe in glückliche Gesichter, die Schüler haben Grund zu feiern: Ihre erfolgreichen Abschlüsse, die sie über drei, vereinzelt auch vier Jahre vorbereitet hätten. 76 erhielten ihr Abiturzeugnis, sieben schafften den schulischen Teil der Fachhochschulreife.

Einbeck. »Fuck cABItalism« laute das Motto des Jahrgangs, sagte Döring. Zusammen mit Abteilungsleiterin Susanne Brandes habe er sich eine kurze Zeit gefragt, ob dies abikompatibel sei. Bewusst wurde aber die Provokation zur intimen Annäherung an die Wirtschaftsformate gewählt, das Gegebene soll hinterfragt werden.

Um sich weiterzuentwickeln, sei es wichtig, sich mit tradierten Werten auseinanderzusetzen und sie auf ihren Inhalt zu prüfen. Nicht konservativ sollen die Schüler agieren, sondern progressiv. Er wolle nicht zur Revolution aufrufen, schmunzelte Döring, aber dazu, Fragen zu stellen, kritisch Dinge anzugehen und Zweifel anzumelden.

Vor dem Spiel gegen Mexiko las er ein Interview mit Bundestrainer Joachim Löw. Auf die Frage, wie er sich und die Mannschaft immer wieder motiviere, sagte dieser: Auch wenn man alles erreicht habe und auf dem Gipfel stehe, sei es notwendig, Vieles und Bewährtes zu hinterfragen und sich neue Ziele zu setzen. Das gelte auch für die Schüler, so Döring.

Zweifel haben oft ein negatives Image, in einigen Regimen komme man für sie ins Gefängnis – früher sogar auf den Scheiterhaufen. Menschen wollen Sicherheit und Ordnung. Eine große Verunsicherung herrsche wegen Krisen und Kriegen. Populistische Politiker schüren die Angst der Mitmenschen.
Schon im 17. Jahrhundert sagte René Descartes: »Der Zweifel ist der Wahrheit Anfang.« Das sollten die Schüler befolgen, die scheinbar objektive Wahrheit hinterfragen, eigene Meinungen bilden, festgefahrenen Dingen Widerstand leisten und zweifeln, das sei der Anfang aller Erkenntnis.

Die Schulzeit sei nach meist 13 Jahren und rund 15.000 Unterrichtsstunden beendet, viel Neues stehe bevor. Die Lehrer, so seine Bilanz, hätten großartige Arbeit geleistet, allen voran Abteilungsleiterin Susanne Brandes. Aber auch die Eltern, denen er für konstruktive Zusammenarbeit dankte, stellen einen wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Schulkarriere dar. Sie alle seien dafür verantwortlich, dass so viele jetzt ihr Reifezeugnis entgegennehmen können. Nun liege es in der Hand der Schüler, was sie mit ihrer guten Basis erreichten. Sie hätten Talente, die sie nutzen sollten, aber auch gesunden Zweifel. Döring wünschte den Schülern auf ihrem weiteren Lebensweg alles Gute.

»Der längste Marsch beginnt mit dem ersten Schritt«, zitierte Antje Sölter, stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Einbeck, Laotse. 2005 oder 2006 traten die Absolventen noch sehr schüchtern ins Schulleben ein. Mit der Zeit wurden die Schritte größer und intensiver, Bremswirkungen, Pausen oder Umwege schlichen sich auch mal ein. Mit Fleiß und Arbeit wurde vieles geschafft, jetzt auch das Abitur.

Über die Jahre habe sich die Persönlichkeit geprägt und neue Freundschaften seien entstanden, die Eltern hielten den Schülern stets den Rücken frei. Künftig stehen viele Weggabelungen an, Sölter wünschte den Absolventen, stets den richtigen Weg zu nehmen. Die Welt stehe ihnen offen; auch mal unbekanntes Terrain sollten sie erforschen. Sölter rief dazu auf, sich für die nächsten Märsche zu wappnen und stets den ersten Schritt zu absolvieren.

Mit der Weltmeisterschaft verglichen die Lehrer Gaby Groß-Scholz, Frank Knackstedt, Nikola Mönke, Mareike Plate und Jessica Steckel die Jahre bis zum Abitur. In Fußballoutfits und mit einer kurzweiligen Präsentation stellten sie fest, dass die Schüler ihre persönliche WM gespielt hätten und gewonnen haben. Viele Parallelen gebe es zwischen Schule und Fußball. Nicht immer sei die komplette Mannschaft ans Ziel gekommen, unterwegs drohten Rote und Gelbe Karten, aber die Teams seien motiviert gewesen, auch gegen schwere Gegner wie die Kostenrechnung. Traineransprachen gab es von ihnen und Abteilungsleiterin Susanne Brandes. Bei einigen fruchteten sie schnell, andere ließen sich mehr Zeit und intensivierten ihren Einsatz erst zum Schluss.

Die Schüler hätten sich zu erfahrenen Spielern entwickelt, Disziplin und Ausdauer gezeigt, jeder war mit seiner eigenen Strategie erfolgreich. Für die Zukunft gelte es, Chancen zu nutzen, motiviert zu bleiben und sich auch mal auf bisher ausbleibende Fouls zu wappnen. Jeder brauche Visionen. Der DFB-Slogan sei »Best never rest«, dies wünschten sie auch den Absolventen für anstehende Herausforderungen.

Am 3. September 2015 starteten die meisten ihre Karriere an den BBS in Einbeck, sagten die Schülervertreter Berivan Izouli und Nina Johanning. Seitdem habe man sich gut entwickelt, sei älter geworden und könne Gedichte in drei Sprachen interpretieren. Die Lehrer-Schüler-Beziehung lobten sie. Die Pädagogen waren nicht nur Autoritätspersonen, miteinander wurde viel gelacht und sich füreinander eingesetzt. Eine hohe gegenseitige Achtung gab es. Als Dank überreichten sie Präsente an Lehrer und Schulleitung.

Verabschiedet wurde Susanne Brandes nach ihrer 15. Ausgabe der Abiturzeugnisse an den BBS in Einbeck. Sie wird Schulleiterin an einem allgemeinbildenden Gymnasium, aber nicht in Einbeck, schmunzelte Döring.

Ausgezeichnet wurden Jennifer Hübner für großes Engagement im Schulsanitätsdienst sowie Patrick Kari für die beste Leistung in Betriebswirtschaftslehre mit Rechnungswesen und Controlling und Berivan Izouli für die beste Leistung in Englisch. Sie hat mit einem Notendurchschnitt von 1,4 zugleich das beste Abitur abgelegt. Musikalisch umrahmt wurde die Feier von Melina Schikorr und Tim Meyer.mru