Sich selbst verbessern als Teil der Gemeinschaft

Einbecker Freimaurerloge »Georg zu den drei Säulen« gibt zum 225-jährigen Jubiläum Einblick in ihre Arbeit

Einbeck/Northeim. Einen selten gewährten Einblick in ihre Traditionen haben die Mitglieder der Einbecker Freimaurerloge »Georg zu den drei Säulen« in der Northeimer Stadthalle gegeben. Dort wurde jetzt das 225-jährige Bestehen der Loge gefeiert. Unter der Leitung des Meisters vom Stuhl, Jörg Dodenhöft, erlebten die Gäste einen Festakt, der die geistige Arbeit der Freimaurer in ihrem »Tempel der Humanität« nahebrachte, im Licht der Kerzen der Schönheit, der Stärke und der Weisheit. Ein ähnlicher Einblick werde erst wieder in 25 Jahren, beim 250-jährigen Jubiläum, möglich sein, so Jörg Dodenhöft.

Von der Idee überzeugt, dass der Mensch ein zur Vernunft fähiges Wesen sei, das in Frieden und Zusammenarbeit mit anderen leben und sich entwickeln könne, wurde 1717 in England die erste Loge gegründet. Die erste Gründung in Deutschland erfolgte 20 Jahre später, Ende des 18. Jahrhunderts dann in Einbeck; sie zählt damit zu den traditionsreichsten in Deutschland und ist der älteste Verein in der Stadt.

Eingeladen waren neben Brüdern und Schwestern, Söhnen und Töchtern auch Menschen aus Einbeck und Northeim, die sich durch ihr ehrenamtliches Engagement hervorgetan haben. Sie wolle man durch die Einladung ehren und ihr Vorbild achten, erläuterte Dodenhöft.

Freimaurerei ist ein ethischer und ein Bruderbund, über weltanschauliche, politische, nationale und soziale Grenzen hinweg. Hier sollen Menschen verbunden werden, die sich sonst nicht begegnen würden. Freimaurer bekennen sich zur Demokratie und zu einer offenen Gesellschaft.

In seiner Festrede beschäftigte sich Logenbruder Marc Hainski mit dem Thema »Gemeinschaft«. Das Gründungsdatum der Einbecker Loge liege kurz nach der Französischen Revolution, an deren Spitze die Freimaurer Danton und Abbé Sieyès standen. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, der Untergang der absolutistischen Monarchien: Es sei kein historischer Zufall, dass die Aufklärung wesentlich von Freimaurern initiiert beziehungsweise mitgestaltet wurde. Um den Einzelnen und dessen Rolle in der Gemeinschaft richte sich auch die freimaurerische Betätigung: Wie kann sich der Einzelne verbessern, damit er Teil der Gemeinschaft sein kann? Die Instrumente der Aufklärung erschienen heute aktueller denn je. Allerdings sei es zur Normalität geworden, dass man anderen vor allem zuhöre, um zu antworten. Es gehe scheinbar darum, den eigenen Standpunkt klar zu machen, statt sich mit den »dummen Argumenten« des Gegenübers zu beschäftigen. Diese Gesprächskultur werde durch die Anonymität von Internet und Sozialen Medien verstärkt: »Schwache Geister bekommen Macht.« Diese stärkere Ich-Bezogenheit gebe Anlass zur Sorge.

»Unsere Gemeinschaft ist nur so stark, wie wir uns das trauen«, mahnte Hainski, es brauche Werte und Mut. In der Gemeinschaft der Freimaurer werde etwas Wertvolles geteilt: Im geschützten Bereich der Logen könne man frei sprechen. Man könne Meinungen ändern, wenn man durch Argumente überzeugt werde. Worte seien Waffen, und die Gefahr, dass sich jemand durch Worte verletzt fühle, lasse viele verstummen oder sich auf nichtssagende Worthülsen zurückziehen. Man mache sich nicht gern angreifbar. Vermeintliche politische Korrektheit verändere Sprache, Denken und Freude am Zuhören. Bei Freimaurern gehe es nicht darum, den Gesprächspartner von der eigenen Position zu überzeugen, sondern zuzuhören und sich selbst weiter zu entwickeln. Etwas von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit wäre in der heutigen Diskussionskultur begrüßenswert. Aber schon »Brüderlichkeit« werde auf Kritik stoßen, die alles andere überlagere.

So positiv der Gemeinschaftsgedanke sei, so könne er doch missbraucht werden, denn in der Gemeinschaft gebe es mit Nationalismus, Abschottung und Ausgrenzung auch »böse Geister«. Bei aller Abgrenzung gebe es ein verbindendes Element für alle Menschen – sie seien Teil einer globalen Gemeinschaft, und das Leben auf diesem Planeten funktioniere nur, wenn man sich an humanitäre Regeln halte.

Er mache sich gern gemein mit Freimaurern in aller Welt, mit den »Brüdern«. Man habe es in der Hand, in der Tradition zu wirken, auch der freimaurerischen. Dabei sei es hilfreich, einmal in die Geschichte zu schauen, wenn die aktuellen Probleme überhand nehmen würden. Aus der Vergangenheit könne man Lehren ziehen, etwa, dass man Aggressoren die Stirn bieten müsse.

Andere auszugrenzen, sei bequemer als das eigene Denken zu ändern. Aber wichtig sei das, was die Menschen verbinde, nicht das, was sie trenne. Der mühsam errungene gesellschaftliche Zusammenhalt der heutigen Zeit sei zerbrechlich, und wie vor 225 Jahren bleibe Humanität das Ziel. Das hätten die Freimaurer verstanden. Für ihren Weg brauchten sie Gelassenheit, Toleranz und Standhaftigkeit. »Wehret dem Unrecht, wo immer es sich zeigt. Kehrt niemals dem Elend den Rücken, seid wachsam auf euch selbst«.

Für den Distrikt gratulierte Lutz Dietrich zum Jubiläum. Mit 225 Jahren sei diese Loge eine Institution Sie bereichere das gesellschaftliche Leben, schule in Ethik und ermuntere Mitglieder zu gesellschaftlichem Wirken. Sie hätten sich um das Gemeinwesen verdient gemacht, auch sozial und kulturell, etwa durch das 1897 gegründete Johannisstift, das für seine Zeit einzigartige Altersheim. Die Loge sei ein integrer und unverzichtbarer Bestandteil der Stadt. Er wünschte, dass man weiter mithelfen könne, die Welt etwas menschlicher zu gestalten.

Er habe aus dem Festvortrag die Ermunterung zur Diskussion mitgenommen, sagte Northeims Bürgermeister Simon Hartmann. Die Northeimer Loge wurde 1876 gegründet. Nach einer wechselhaften Geschichte musste sie 1999 schließen. Ein Teil der Brüder habe sich der Einbecker Loge angeschlossen. Die Freimaurer seien dem Vorurteil der Geheimniskrämerei ausgesetzt, Mystisches und Unbekanntes würden mit ihnen in Verbindung gebracht. Es sei gut, dass die Logen sichtbarer und offener würden und am gesellschaftlichen Leben Teil hätten. Ihre Anliegen - Toleranz, Humanität und Gerechtigkeit - seien öffentliche Themen.
Für die Freimaurer seien selbsterrungene Erkenntnisse wichtig, stellte Einbecks Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek fest. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit seien die Grundlagen, gegenseitiger Respekt sei die Schnur des Handelns. Ihre Wertvorstellung wollten sie in die Gesellschaft einbringen. Die moderne Demokratie gründe sich auf Gewaltenteilung, die die Aufklärung hervorgebracht habe. Nur eine starke Demokratie ermögliche ein friedliches und respektvolles Miteinander.

Dabei seien ihre Verteidiger oft zu leise, überließen den öffentlichen Raum den Frustrierten. Gewaltfrei und sachlich sollte man sich dagegen stellen, denn Menschenfreundlichkeit, Weltoffenheit und Toleranz blieben die Grundlagen des Zusammenlebens. Die Einbecker Loge, am 29. August 1797 mit sieben Brüdern gegründet, hatte 1807 unter anderem Morphium-Entdecker Sertürner in ihren Reihen. Das Altenheim bestehe, in anderer Trägerschaft, noch immer. Die derzeit 40 Brüder pflegten ihre Traditionen, sie setzten sich aber auch für weltanschauliche Offenheit und vorurteilsfreies Miteinander ein, und sie öffneten sich immer mehr der Stadtgesellschaft. Sie wünsche der Loge, dass diese Idee der Humanität noch lange fortgesetzt werde, so die Bürgermeisterin.ek