»Sind als Saatgutspezialist bestens aufgestellt«

KWS-Hauptversammlung: Dividende auf 3,20 Euro erhöht | Umsatzwachstum und Spitzenjahr für die Rübe

KWS-Vorstand und Aufsichtsrat bei der Hauptversammlung am gestrigen Donnerstag (von rechts): Dr. Peter Hofmann, Dr. Léon Broers, Eva Kienle, Dr. Hagen Duen­bostel, Dr. Andreas J. Büchting. Dr. Marie Theres Schnell, Cathrina Claas-Mühlhäuser, Jürgen Bolduan, Dr. Berthold Niehoff und Hubertus von Baumbach.

3,20 Euro Dividende je Stückaktie: Die KWS SAAT SE hat ihren Aktionären gestern ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk gemacht, ein Plus von 20 Cent beziehungsweise fast sieben Prozent. Aber hinter dem Einbecker Unternehmen liegt ein gutes Jahr, wobei insbesondere die Zahlen bei den Zuckerrüben einen kräftigen Sprung gemacht haben. Weiter wurde der Aufsichtsrat gewählt, und dessen Vergütung wurde umgestellt. 

Einbeck. Das vergangene Geschäftsjahr 2016/17 konnte KWS mit einem Umsatzwachstum von 3,7 Prozent abschließen. Vorstandsmitglied Eva Kienle berichtete, die Umsatzerlöse der KWS-Gruppe seien auf 1,075 Milliarden Euro gestiegen, wobei Zuwächse insbesondere in Südamerika bei Mais und Soja und in Europa bei Zuckerrüben und Winterkörnerraps zu verzeichnen waren. Das Zuckerrübensaatgutgeschäft wurde um 10,3 Prozent ausgebaut. Beim Mais gab es ein Umsatzplus von 7,1 Prozent.

Leicht rückläufig war das Getreidegeschäft, unter anderem verursacht durch die Abwertung des britischen Pfunds. Die Aufwendungen für Forschung & Entwicklung wurden leicht auf 17,7 Prozent erhöht. Deutlicher – um 4,5 Prozent – ist der Verwaltungsaufwand gestiegen. Die EBIT-Marge, der Gewinn vor Zinsen und Steuern, lag bei 12,2 Prozent. Die Jahresplanung wurde um 11,4 Prozent beziehungsweise 13,5 Millionen Euro übertroffen. Durch die deutlich verbesserte Ertragslage könne man die Dividende um 6,7 Prozent auf 3,20 Euro anheben. Die Ausschüttung von 21,1 Millionen Euro entspricht einem Anteil am Jahresüberschuss von 21,6 Prozent. Die Prognose für das laufende Geschäftsjahr 2017/18 fällt positiv, aber verhaltener aus. KWS rechnet nur mit einem leichten Umsatzanstieg, wobei die EBIT-Marge zweistellig bleibt, allerdings unter dem aktuellen Niveau.

Die Mitarbeiterzahl wurde leicht um 1,9 Prozent auf 4.937 Beschäftigte weltweit gesteigert. In Deutschland waren es 1.911, am Standort Einbeck rund 1.450. Das größte Wachstum fand in Südamerika und China statt. Um das Unternehmen weiterzuentwickeln, wird, beginnend im ersten Quartal 2018, eine neue Verwaltungsstruktur etabliert. Die globalen Funktionen für Finanzen und Personal werden nach Berlin verlagert. Insgesamt 350 Mitarbeiter aus den Standorten Barcelona und Wien, aus Nord- und Südamerika und aus Einbeck werden dort zusammengezogen. Arbeitsplätze werden innerhalb der Gruppe verlagert. In Einbeck, wo etwa 150 Beschäftigte betroffen sind, werde die Beschäftigtenzahl gleich bleiben, weil in anderen Bereichen neue Kräfte eingestellt würden. Einbeck bleibe, das betonten die Vorstandsmitglieder, der zentrale Standort der KWS-Gruppe mit Sitz der Unternehmensleitung. »Es wird hier in den nächsten Jahren weiter gebaut, gearbeitet, gefeiert, diskutiert, geforscht, gelacht und gezüchtet«, kündigte Eva Kienle an.

»Kaizen«, im Sinne des japanischen Begriffs strebe KWS eine Veränderung zum Besseren an, erläuterte Vorstand Dr. Léon Broers. Forschung und Züchtung legten das Fundament mit hoher Innovationskraft. Auf dieser guten Basis könne man mit Vertrauen in die Zukunft blicken. Innerhalb eines Jahrzehnts sei das Budget für Forschung und Entwicklung von 75 auf 190 Millionen Euro gestiegen, die Mitarbeiterzahl von 1.200 auf 1.800. Es wurde die Züchtung von neuen Fruchtarten vorangebracht, etwa von tropischem Mais. Im Bereich der molekularen Marker konnten die Kosten gesenkt werden. Mit dem Genome Editing, Crispr/Cas oder Genschere, gibt es die Möglichkeit für präzise Änderungen im Erbgut, um Züchtung effizienter und schneller zu gestalten. »Unsere Innovationskraft ist deutlich gestiegen«, stellte er fest, aber man wolle auch in der Champions League spielen. Dabei lege KWS Wert darauf, bei starken Wachstum flexibel und unabhängig zu sein. Die aktuellen Zahlen belegten, dass das Vertrauen der Eigentümer und Aktionäre gerechtfertigt sei: Fast 400 neue Sorten wurden im vergangenen Jahr entwickelt. Die Zuckerrübe hatte die besten Ergebnisse ihrer Geschichte. Bei Mais gab es auf vielen Märkten deutliche Verbesserungen, zudem Fortschritte bei weiteren Fruchtarten. Technologien wie die Genschere seien aber kein Selbstläufer, sondern man müsse wissen, wie Gene funktionierten. Außerdem sei sie bisher auf wenige Pflanzen begrenzt. Im Fokus stehe die Forschung, um weitere Genfunktionen zu entdecken.

Von einem »unglaublich erfolgreichen Jahr« für die Zuckerrübe sprach Vorstand Dr. Peter Hofmann: 454 Millionen Euro Umsatz und 152 Millionen Euro Ergebnis, das ergebe etwa 100 Euro je Hektar. Von nichts komme nichts, und so habe man die Aufwendungen für Forschung und Züchtung auf fast 50 Millionen Euro gesteigert. Innerhalb der EU war der Anstieg der Anbaufläche nach dem Ende der Zuckermarktordnung hilfreich. Diesen Trend habe man erwartet, nur die Dimension des Anstiegs »hat uns etwas überrascht«. So werde es allerdings nicht bleiben, es werde gute und sehr gute, aber auch schwierige Jahre geben. Die gute Entwicklung habe bei KWS zum Ausbau von Produktionsmöglichkeiten geführt: Kapazitäten wurden und werden deutlich erweitert, für insgesamt 41 Millionen Euro mit einem neuen Logistikbereich, einer neuen Lagerhalle und einem Maschinenhaus für Wirkstoffapplikation und Verpackung. Der Neubau werde Rüstzeiten deutlich senken und hohe Flexibilität ermöglichen. Bis 2020 soll es noch eine zusätzliche Produktionslinie für die Pillierung geben.

Zum dritten Mal in Folge blieb das Segment Getreide dagegen hinter den Erwartungen zurück, auf einer geringeren Anbaufläche gingen zusätzlich Marktanteile verloren. Aber auch hier sehe man sich »zunehmend auf Kurs«.

Einer Branchenkonzentration könne KWS als unabhängiges Familienunternehmen begegnen, das auf organisches Wachstum setze. Der Fokus auf Innovation bilde den Grundstein für langfristigen Erfolg und spezialisierte Sorten, mit denen die Landwirte ihre Erträge erhöhen und Kosten senken könnten.

»Unsere Wachstumsstrategie geht gut auf«, stellte Vorstandssprecher Dr. Hagen Duenbostel fest. Man komme in allen Segmenten voran, wenn man auch beim Mais hinter den Erwartungen zurückbleibe. Die anhaltend schwache Agrarkonjunktur und die niedrigen Konsum- preise würden, bei steigenden Betriebskosten in der Landwirtschaft, die Margen unter Druck setzen. Die Ziele die Unternehmens blieben anspruchsvoll: ein Umsatzzuwachs von mehr als fünf Prozent pro Jahr und eine Betriebsergebnisrendite von jährlich über zehn Prozent. Damit liege die Latte hoch, aber »wir sind als Saatgutspezialist bestens aufgestellt«, versicherte er. Mit organischem Wachstum könne man auch in Zeiten schwacher Agrarkonjunktur bestehen. KWS denke in Generationen, und das mache das Unternehmen seit 160 Jahren erfolgreich. Langfristig werde der Anteil des Anbaus für Futtermittel wie Mais und Soja am größten ausfallen: Mehr Menschen weltweit müssten satt werden, und pro Kopf bleibe eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 0,2 Hektar pro Kopf. So müsse man stärker auf Ertragsfortschritt statt auf Flächenerweiterungen setzen. Es müsse gelingen, moderne Landwirtschaft wieder in der Mitte der Gesellschaft zu verankern, Konsumenten müssten ein positives Grundverständnis bekommen. Die Branche brauche Spezialisten, und KWS sei authentisch, engagiert und innovativ.

In der Aussprache zu den Berichten gab es viel Lob von den Aktionären, aber auch Kritik, beispielsweise von Studenten ökologischer Agrarwissenschaften am Umgang mit neuen Züchtungsmethoden. Man sehe mit Respekt, dass junge Menschen sich um die Zukunft sorgten, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Andreas J. Büchting.

Mit der Hauptversammlung endeten die Amtszeiten der Aufsichtsratsmitglieder. Im Vorfeld wurden von der Belegschaft Jürgen Bolduan wieder- und Christine Coenen als Arbeitnehmervertreter neu gewählt. Christine Coenen ist als Dolmetscherin und Übersetzerin seit 30 Jahren für KWS tätig. Sie ist Vorsitzende der internationalen Arbeitnehmervertretung. Die Aktionärsversammlung bestätigte die Anteilseignervertreter Dr. Andreas J. Büchting, Cathrina Claas-Mühlhäuser und Dr. Marie Theres Schnell für eine erneute Amtszeit und berief Victor W. Balli, Zürich, als neues Mitglied in den Aufsichtsrat; dem ausscheidenden Aufsichtsratsmitglied Hubertus von Baumbach wurde für sein zehnjähriges Engagement gedankt. Er sei, betonte Dr. Andreas J. Büchting, ein kritischer und zuverlässiger »Sparringspartner« und ein tiefgründiger Diplomat gewesen, pragmatisch und lösungsorientiert: »Unser Mann mit Weitblick«. Er hat im Juli 2016 den Vorsitz der Unternehmensleitung des Familienunternehmens Boehringer Ingelheim übernommen und stand für eine weitere Amtszeit nicht zur Verfügung. Der Nachfolger, der 60-jährige Schweizer Victor Balli, ist Finanzvorstand bei Callebaut, dem größten Schokoladenproduzenten der Welt. Er erwarte in Einbeck »spannende Aufgaben«, sagte er.

Bei einer Präsenz von 84,92 Prozent der Aktienanteile wurden Vorstand und Aufsichtsrat mit klaren Mehrheiten entlastet. Ebenso deutlich war das Votum für die Anpassung des Vergütungssystems für den Aufsichtsrat auf eine reine Festvergütung.ek