So bleibt Udo Jürgens wirklich »Unvergessen!«

Mit Können und Charme: Alex Parker mit einer Hommage für den großen Künstler im Bendow-Theater

Am Flügel: Mit großem Können und Einfühlungsvermögen interpretierte Alex Parker die Lieder von Udo Jürgens. Dass der Künstler tatsächlich »Unvergessen!« ist, so das Motto des Abends, zeigte die Begeisterung des Publikums im Wilhelm-Bendow-Theater.

Einbeck. Der Kamillentee auf dem Flügel war selbstverständlich dabei, der Bademantel auch – allerdings nur überm Arm: Alex Parker hat Udo Jürgens interpretiert, nicht imitiert, und dabei freuten sich die Zuschauer im Einbecker Wilhelm-Bendow-Theater über einen sehr gelungenen Abend. »Udo Jürgens ... Unvergessen!«, mit einem Programm, das sowohl die bekanntesten Lieder des Sängers auf die Bühne brachte, aber auch weniger bekannte, dafür eindrucksvolle und tiefgängige Stücke, hat der Kulturring genau den Geschmack des Publikums getroffen, das mit stehenden Ovationen und langem Beifall dankte.

Mit gut 230 Zuhörern war das Bendow-Theater im Rahmen der Pandemie-Bedingungen ausverkauft; mehr ist unter der 3G-Regel derzeit nicht möglich. Diejenigen, die Karten bekommen hatten für die Show, die bereits im vergangenen Jahr stattfinden sollte, haben einen Abend genossen, an dem Udo Jürgens und seine Lieder noch einmal eindrucksvoll in Erinnerung gerufen wurden – vom bekanntesten Udo-Jürgens-Interpreten Deutschlands. Sie erlebten eine Würdigung und Huldigung, sympathisch und warmherzig, auf einer großartigen künstlerischen Basis.

Ein Band mit dem Publikum knüpfen, das wollte Udo Jürgens mit dem ersten Lied, das möchte auch Alex Parker, und das ist ihm gelungen: »Das Band, das uns verbindet, damit die Wärme nicht verschwindet.« Nach zunächst etwas verhaltenem Applaus, zumal von einem zahlenmäßig deutlich kleineren Publikum als sonst im ausverkauften Haus, zündete aber der Funke, als er in »Geradeaus« von Träumen sang, die raus wollten – und spätestens beim Satz »Ich war noch niemals ... in Einbeck« hatte er die Fans bei sich, verbunden mit dem Hinweis, »aber Einbeck war schon in mir.« Ein knappes Jahr später als gedacht, sei es nun möglich, endlich wieder Konzerte zu geben. »Kultur ist systemrelevant«, betonte er, in kleinen Schritten wolle man wieder loslegen.
»Bleib’ doch bis zum Frühstück«, viele werden dabei mitgesummt haben, auch die »mitgeschleppten« Männer, wie er augenzwinkernd meinte. Sie sollten den Nutzen des Abends sehen, denn Singen sei gut fürs Immunsystem, und sie würden am Ende des Abends eine glückliche Frau mit nach Hause nehmen – er gebe sich jedenfalls alle Mühe.

Beim »Ehrenwerten Haus« gingen alle begeistert mit, »Tante Emma« war ebenfalls noch in den Köpfen der Fans, und bei der Frage »Ist eine Gabi hier?« wussten – fast – alle, was kommt: »Gabi wartet im Park«. Alex Parker berichtete immer wieder über Udo Jürgens, der soeben seinen 87. Geburtstag hätte feiern können und der kurz vor Weihnachten 2014 in der Schweiz plötzlich verstorben ist. »Der gekaufte Drachen« habe er auf jeder Tour gespielt, Kinder und ihr Glück lagen ihm am Herzen. Unvergessen ist seine Musik aus dem 70ern und 80ern, etwa das Lied der Fernsehlotterie, »Zeig’ mir den Platz an der Sonne«, die Titelmelodie von »Tom und Jerry«, »Vielen Dank für die Blumen«, oder der Sommerhit à la »Sunshine Raggae«, »Die Sonne und du«.

»Die Zeiten sind schlecht«, das ist nicht etwa eine aktuelle Veröffentlichung, sondern der Sänger hat 2005 damit »Jetzt oder nie« begonnen. Für »Ich weiß, was ich will« und »Paris, nur so zum Spaß« gab es begeisterten Beifall. »Über 1.000 Lieder hat er geschrieben, wir könnten bis morgen früh weitermachen«, schmunzelte Alex Parker. »Ich war noch niemals in New York«, dabei konnte wohl jeder mitsingen, genau wie bei »Griechischer Wein«, über 40 Jahre alt und textlich eigentlich anders konzipiert: Es sollte jedoch, so Jürgens’ Idee, mehr in die Tiefe gehen, und das war mit riesigem Erfolg die richtige Entscheidung. »Mit 66 Jahren« und »Aber bitte mit Sahne« sind längst zu Klassikern geworden. Richtig Fahrt hatte seine Karriere 1966 mit »Merci, Chérie« aufgenommen, mit dem er für Luxemburg den Grand Prix Eurovision de la Chanson gewann, und darüber konnte sich das Einbecker Publikum ebenso freuen wie über »Im Kühlschrank brennt noch Licht«, ein nachdenkliches Stück von 1991.

Zum Schluss dann: der weiße Bademantel als typisches Requisit, ein Original, wie Alex Parker verriet. Entstanden sei dieser Kult bei der Udo-70-Tour, als das Publikum noch eine Zugabe verlangte, Jürgens aber vollkommen nassgeschwitzt die Garderobe hätte verlassen müssen. Im Bademantel ging er nochmal raus, und das behielt er dann bei.

»Es wird Nacht, Señorita«, »Immer wieder geht die Sonne auf«, natürlich »17 Jahr, blondes Haar« oder »Liebe ohne Leiden«, quer durch die Jürgens’sche Erfolgsgeschichte sang sich Alex Parker, mit Können und Klasse, souverän auf der Bühne, am Flügel vor einer Lichtwand.
»Was wäre diese Welt ohne Lieder?«, für die Gäste dieses Abends genau wie für den Künstler vermutlich grau und wenig liebenswert. »Nur ein Lächeln (und ein Fremder wird zum Freund)«, mit einer letzten Zugabe verabschiedete sich Alex Parker, nachdem die Zuschauer zuvor mit stehenden Ovationen ihre Begeisterung gezeigt hatten. Aber auch der Entertainer dankte den Besuchern im Bendow-Theater: »Es war mir eine Riesenfreude.«ek