»Deutscher Meister in Weltmusik«

So einfach kann Musik Grenzen überwinden

Einbeck. Mitreißende Künstler und ein begeistertes Publikum: Das Edgar Knecht Trio und Aeham Ahmad haben zur StadtpARTie ein Konzert unter dem Motto »Einbeck grenzenlos« gegeben. Es gebe unterschiedliche Gründe, warum Menschen fliehen müssten, stellte Jörg Bachmann vom StadtpARTie-Team fest; man sollte sie unterstützen, ein menschenwürdiges Leben führen zu können.

Der Abend sollte zeigen, was Musik bewirken könne. Edgar Knecht, Piano, Rolf Denecke, Kontrabass, und Tobias Schulte, Schlagzeug, sind gemeinsam mit dem palästinensisch-syrischen Pianisten Aeham Ahmad aufgetreten, der auf einem rollenden Klavier gegen die Hoffnungslosigkeit des Krieges in den Straßen von Damaskus gespielt hat – die Bilder gingen um die Welt. Nach seiner Flucht vor der syrischen Geheimpolizei habe er Edgar Knecht kennengelernt, und es habe sich gezeigt, wie leicht mit Musik Grenzen überschritten werden könnten.

Dank der Unterstützung durch den Lokalen Aktionsplan im Landkreis Northeim könne man dieses Konzert wie auch den Auftritt von »Banda Internationale« kostenlos anbieten. Die Besucher könnten sich auf eine Überraschung einstellen, kündigte er an. Volkslieder haben die beiden Pianisten in den Mittelpunkt des Konzerts gestellt: Während sich Edgar Knecht auf die Bearbeitung deutscher Stücke konzentriert hat, hat Aeham Ahmad eigene Kompositionen, aber auch Lieder aus seiner Heimat interpretiert. Dabei gab es natürlich Unterschiedliches, aber auch Ähnliches.

Ahmad berichtete, welche Gefahr den Menschen durch die Geheimpolizei drohe: Von einigen Familienmitgliedern und Freunden wisse er immer noch nicht, wo sie geblieben seien. Ihnen und allen, die damit leben müssten, widmete er ein »Lied ohne Namen«. Ein Lied aus dem Dreißigjährigen Krieg über einen »Schnitter, der heißt Tod«, fügt sich inhaltlich erschreckend glatt an. Aber dann ließen die Künstler in ihrem harmonischen Zusammenspiel auch Fröhliches durchklingen, animierten zum Mitsingen: »Nicht schüchtern sein.« Zeilen, die ein Freund in politischer Gefangenschaft an die Wände der Zelle geschrieben hat, bildeten einen starken Kontrast dazu. Zur Verleihung des Humanistischen Bürgerpreises Kassel an Joachim Gauck hat Edgar Knecht eine Komposition über das seiner Ansicht nach wichtigste Volkslied, »Die Gedanken sind frei«, geschaffen, ein Stück, das auch Ahmad kannte – vielschichtig war dieses musikalische Statement für Demokratie, Freiheit, Menschenrechte und Frieden. Man spürte geradezu, wie die freien Gedanken Fahrt aufnehmen konnten. Variationen zur »Carmina Burana« wechselten ab mit Melodien aus Syrien, um dann gemeinsam die »Ode an die Freude« anzustimmen. Das Schicksal der bekannten »Königskinder« geht sowohl auf deutsch als auch auf arabisch nahe.

In »Für Jene in den Wellen« ließen die Musiker das Wasser rauschen. Trotz des Horrors, berichtete Edgar Knecht, habe sein Kollege Stücke voller Lebensfreude geschaffen – das habe ihn beeindruckt. Glück und Trauer seien eng beieinander, und das Vermissen der Heimat höre nicht auf. Man könnte verrückt werden angesichts des schweren Schicksals, aber »wir schaffen das«, war Ahmad sicher. Mit Musik, wie sie auf dem gemeinsamen Album »Keys to Friendship« zu hören ist, haben sie den hessischen Weltmusikpreis und den Bundespreis gewonnen. »Wir sind Deutscher Meister in Weltmusik«, lachte Knecht.

Mit einem furiosen Abschluss sollte der großartige Abend enden, aber das Publikum erklatschte sich mit stehendem Beifall zwei Zugaben: zunächst ein Stück über Rhythmus, bei dem ein grandioses Schlagzeug-Solo zu feiern war, dann ein Schlaflied: Mit »Nami« oder »Schlaf, Kindchen, schlaf« haben syrische und deutsche Mütter ihre Kinder in den Schlaf gesungen.ek