Stabile Mehrheit statt Schlingerkurs

Einbecker SPD legt Wahlprogramm für den Stadtrat vor und zieht Bilanz | Ziel: Stärkste Fraktion bleiben

Klaus-Reiner Schütte, Marcus Seidel, Rolf Hojnatzki und Eunice Schenitzki (von links) mit dem SPD-Wahlprogramm für die Stadtratswahl am 12. September.

Einbeck. Bilanz und Wahlprogramm, beides hat die SPD jetzt vorgelegt. Ziel ist es, bei der Kommunalwahl am 12. September eine Mehrheit im Stadtrat zu erreichen. Die Arbeit am Programm habe etwas länger gedauert, als man das zunächst gedacht habe, so Ortsvereinsvorsitzender Marcus Seidel und der Fraktionvorsitzende im Rat, Rolf Hojnatzki. Aber wie schon bei der Kandidatenfindung für die Bürgermeisterwahl im vergangenen Jahr hätten die Corona-Vorgaben die Parteiarbeit deutlich erschwert, gerade auch mit Blick auf die Formalien, die einzuhalten seien, bis hin zu rechtssicheren Abstimmungstools für Videokonferenzen. Das alles habe viel Zeit gekostet. Nun liege das Ergebnis aber vor.

Bis zur Kommunalwahl am 12. September, kündigte Rolf Hojnatzki an, werde man sich um jeden und jede bemühen. Hinter der Einbecker SPD liege in dieser Wahlperiode viel Arbeit: 212 Sitzungen von Fach- und Betriebsausschüssen, 115 Sitzungen und Klausuren, 92 Sitzungen des Verwaltungsausschusses und 23 Ratssitzungen, und das seien nur die offiziellen Gremien. Hinzu kamen weitere Arbeitsgruppen und Workshops, etwa zum Thema Friedhöfe oder zur Schulentwicklungsplanung. Das sei sehr zeitintensiv gewesen.

Vor das Programm habe die SPD ihre Leitideen gesetzt, erläuterten Hojnatzki, Seidel und die Vorstandsmitglieder Eunice Schenitzki und Klaus-Reiner Schütte. Diese Ideen machten deutlich, dass die Partei für alle Menschen da sei – nicht nur für die Bürger und somit für die Wähler, sondern auch für alle, die beispielsweise als Einpendler hierher kämen, und für Gäste. »Auch für die gestalten wir.« Die SPD wolle alle, die mit Einbeck zu tun hätten, im Blick behalten: »Auf uns ist Verlass. Sozialdemokraten kümmern sich. Für alle eine lebens- und liebenswerte Stadt«, heißt es im Programm.

Soziale Gerechtigkeit, das erwarte man natürlich von Sozialdemokraten. Es gehe aber darum, auch sozial gerecht zu agieren. Tätig werden müsse man im Bereich bezahlbarer Wohnraum. Einige werde es überraschen, dass das bei der SPD ein Thema sei: solide Finanzen. »Wir werden damit sonst nicht in Verbindung gebracht«, schmunzelte Hojnatzki mit Blick auf gängige Meinungen; aber tatsächlich gehe die SPD deutlicher auf andere auf die Finanzen ein.
Nach der Bürgermeisterwahl mit der niedrigen Wahlbeteiligung dort müsse die Situation im Bereich Kreiensen angeschaut werden. Dort dürften sich die Bürger nicht abgehängt fühlen. Die Eingemeindungen in den 70er Jahren hätten im Bewusstsein Jahrzehnte gedauert. Das Zusammenwachsen mit Kreiensen jetzt als erledigt anzusehen, wäre fahrlässig.

Die SPD habe 14 Ziele formuliert, für die sie arbeiten wolle. Dabei habe man nicht die ganz großen Visionen aufgemacht, sondern es gebe sehr viel Konkretes zu tun, und dabei werde schon viel Fantasie erforderlich. Dass Krippen und Kitas wichtig seien, hätten alle Parteien für sich erkannt – allerdings nicht viel gemacht. Die SPD sei gewesen, die sich sofort für einen Neubau in Vogelbeck stark gemacht habe, als es dort Probleme gab. Bei belegten und freien Plätzen dürfe man nicht nur auf die Statistik gucken, die bilde den Bedarf der Eltern nicht unbedingt ab. Und nicht jede Einrichtung müsse bis auf den letzten Platz ausgeschöpft werden. Neben den Plätzen müsse es auch um bedarfsgerechte Öffnungszeiten gehen, in Einzelangeboten vielleicht auch spätabends oder über Nacht, ergänzte Klaus-Reiner Schütte.

Bei den Schulen freue man sich über den Erhalt des Standorts Greene. Es bleibe für die SPD bei der Bestandsgarantie für die Grundschulen, solange sie einzügig seien. Aber man müsse auch etwas daraus machen, etwa Inklusion ermöglichen.

Es kämen einige Millionen-Projekte auf Einbeck zu, im Bereich der Kindergärten, aber auch bei Feuerwehrgerätehäusern oder bei der Stadionhalle. Da müsse man perspektivisch denken. Mit Blick auf die Finanzen habe man sich vom Wissensquartier verabschiedet. Ein Vorhaben mit einem Kostenvolumen von 13 Millionen Euro sei so nicht machbar. So viel könne man nicht für ein Prestige- oder Leuchtturmprojekt ausgeben.

Die sogenannte klimagerechte Bereitstellung von Bauplätzen mit der Einschränkung von Baugebieten habe nichts mit Klima zu tun, sondern sei ein Dogma, kritisierte die SPD. Angesichts des tatsächlichen Bedarfs von Bauwilligen sei man froh, die Verwaltung von diesem Weg weggebracht zu haben. Neue Baugebiete seien in Planung, aber das sei mühsam gewesen. Die letzte Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses habe aber gezeigt, dass andere Fraktionen das inzwischen auch so sehen würden, Weinberg III sei nun angestoßen, und beim Deinerlindenweg gehe es ebenfalls voran. »Nur auf Baulücken oder Leerstände zu setzen, das wird nichts«, hieß es dazu.

Die zur Verfügung stehenden Häuser seien derzeit gleich weg, erläuterte Eunice Schenitzki, und Baulücken stünden nicht zur Verfügung oder seien nicht attraktiv. In verschiedenen Ortschaften tue sich inzwischen etwas, das sei gut, wenn es dort wieder Flächen gäbe; dagegen könne man in der Kernstadt gar nichts anbieten. Das Eigenheim sei aber nur eine Seite des Wohnens; auf der anderen Seite fehle unter anderem günstiger Wohnraum, und es seien auch nicht genügend Angebote für Alleinstehende da. Es müsse nicht sozialer Wohnungsbau sein, betonte Hojnatzki, sondern es gehe um preiswerte Angebote. Auch für Familien mit Migrationshintergrund sei die Lage nicht günstig. Es gebe durchaus viele schöne Angebote, aber Hochwertiges könnten sich nicht alle leisten. Ladenlokale zu Wohnraum umzugestalten, sei eine Idee, die dazu verfolgt werde, aber der dazu in Aussicht gestellte Mini-Zuschuss nutze nichts mit Blick darauf, was die Eigentümer investieren müssten. Bezahlbarer Wohnraum im Zentrum sei wichtig, denn Menschen seien für eine lebendige Innenstadt wichtig. Als tolles Projekt würdigte die SPD in diesem Zusammenhang das ehemalige Waisenhaus in der Baustraße, das vielschichtiges Wohnen ermögliche. Wichtig sei ein Gestaltungswille – man wolle Impulse geben, damit die Stadt vorankomme.

Bei Klima und Umweltschutz blickt die SPD unter anderem auf die Stadtwerke. Dort gebe es schon die richtige Zielrichtung, etwa zur Produktion grünen Wasserstoffs. Es sei aber noch mehr Engagement erforderlich. Für die Zeit nach dem Erdgas tue man schon viel, aber es würden rein betriebswirtschaftliche Punkte im Fokus stehen. Die SPD spreche sich für mehr aktive Beteiligung aus, um auch den Bürgern den Beitrag zu erleichtern, etwa durch Photovoltaik auf dem Dach. Da sei in Einbeck schon viel möglich. Gelungen sei die »Befriedung« in Sachen Windenergie durch die festgelegten Flächen.

Es gebe eine Menge konkreter Aufgaben, und auch nach dem Ende des Zukunftsvertrags müsse verantwortlich gehandelt werden.

Für die Arbeit im kommenden Rat wünscht sich die SPD eine Gestaltungsmehrheit, idealerweise eine klare sozialdemokratische Mehrheit. Derzeit suche man immer nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner, und das bringe die Stadt nicht unbedingt weiter, sondern berge die Gefahr, faule Kompromisse zu schließen. Ohne Mehrheit könne der Rat zum Spielball der Verwaltungsspitze werden. Dabei sollte die Zusammenarbeit ein Geben und Nehmen sein, so der Wunsch, nicht ein Gergeneinander ausspielen. Derzeit werde kein guter Kurs gefahren, sondern es sei eher ein Schlingern, die eindeutige Richtung fehle. Die SPD vermisse Stabilität für wichtige Dinge.ek