Wintermärchen

»Stark gemacht, Jugendkirche!«

Hervorragend gelungenes Theaterprojekt der »marie«-Akteure: »Des Kaisers neue Schneider«

Bis zum Ausruf des Dörflers (rechts), dass der König keine Kleider anhat, klatschen alle Beifall zu dessen »neuem« Umhang (von links): Prinzessin, die zwei Schneider, Beraterin sowie rechts die Räuberinnen und die Dörfler.

Einbeck. Der König denkt immer nur an sich, seine Kleider, seine prächtigen Umhänge und dass seine Beraterin Laila ihm, bevor er kommt, den roten Teppich ausrollt. Er denkt nicht an sein Dorf. Das muss geändert werden – der Kern des Theaterstücks »Des Kaisers neue Schneider«, des Wintermärchens, das die Jugendkirche »marie « jetzt auf die Beine stellte.

»Das ist absolut ein Sprung ins kalte Wasser«, erklärte Pastorin Anne Schrader. Sie leitete das Projekt, das per Livestream am Sonnnabend Premiere hatte und am Sonntag noch- mals gezeigt wurde. Für alle, die das Stück in der Regie von Henrieke Conrad und Louis Fis Francia nicht sehen konnten: Jetzt wird das Ganze überarbeitet und Anfang Januar dann wieder auf YouTube zu sehen sein, kündigten die Techniker an. Conrads Stück basiert auf den Märchen »Des Kaisers neue Kleider« und »Das tapfere Schneiderlein«.

Hauptfiguren sind zwei Schneider, mit Witz und Spielfreude verkörpert von Tarik Tappe und Jonathan Franke. Sie flüchten vor Räuberinnen (Svenja Thimm und Anna-Lena Böker), die gerade die Dörfler ausgeraubt haben – eine tobende und schreiende Maxi Leßmann mit »Ehemann« Benedikt Reichhardt. Luise, die Tochter des Königs, gespielt von Jana Bosse im rosa Kleidchen mit Krönchen, sucht Schutz für die Dörfler und eine Lösung für ihren Vater, König Leonardo, meisterlich in seinem Kleidungsfimmel dargestellt von Alfred Steinhoff. Denn da die Dörfler ausgeraubt wurden, denkt der König nur an Steuerausfälle, die ihm bei seiner Kleidung fehlen. Auch die Beraterin Laila (Leonie Tostmann), die sich als »BFF: Beste Freundin für immer mit Mindestlohn« sieht, versucht ihm zu verdeutlichen, dass das Materielle mal im Hintergrund stehen muss. Sie engagiert die Schneider für den König. Dieser bietet an: »Wenn ihr solche tollen Kleider machen könnt, dürft ihr auch das Dorf beschützen.« Conrads Stück sieht nun vor, dass die gewitzten Schneider die Räuberinnen mit den Dörflern versöhnen – und das Diebesgut zurückgeben. Die Dörfler sind so glücklich, dass sie den Zweien gleich eine Wohnung anbieten. Zerknirschung bei der Entschuldigung und Freude über das künftige »bürgerliche Leben« spielen die Räuberinnen gut.

In ihrem Arbeitsraum neben der leeren Kleiderpuppe erklären die Schneider Luise ihren Plan der unsichtbaren Kleider, die nur der sieht, »der ein reines Herz hat.« Die Königstochter freut sich und hofft, dass ihr Vater wirklich versteht, worauf es ankommt. Bei einem großen Fest mit den Dörflern kommt der König mit dem »neuen« Umhang, das heißt in der Unterhose. Erst als alle lachen und der Dörfler ruft, dass der König nichts anhat, kommt dessen Läuterung, und er wird einsichtig. Ein herrliches neues Märchen in hervorragend gelungener Umsetzung! Das bestätigten auch die vielen Kommentare und die Zuschauerzahlen während der Übertragung.

»Die Menschen mussten auf so vieles verzichten. Nun sollten sie wenigstens die Chance auf Freude an diesem Märchen haben. Das war den Jugendlichen wirklich wichtig«, berichtet Schrader. Für eine Unterstützung der Arbeit der Jugendkirche wären die Akteure dankbar. Spenden kann man auf das Konto des Kirchenkreisverbands Harzer Land und Leine-Solling, IBAN: DE25 2625 0001 0000 0238 87. Wichtig ist, dass unter »Verwendungszweck« dabeisteht: »Wintermärchen KJD Einbeck 301«.

In den Sommerferien fragte man nach, wer bereit sei, »ein großes Wagnis« einzugehen und viel Zeit, Energie und Kreativität in ein Projekt zu stecken, das vielleicht niemals vor Publikum zu sehen sein würde – und schon gar nicht wie sonst mit Vorstellungen vor insgesamt 2000 Zuschauern.
Die Jugendverbandsarbeit erlaubt, dass sich feste Jugendgruppen treffen, erläuterte Schrader. So unterschrieben alle einen Teamvertrag mit einer Selbstverpflichtung.

Zu den vielen weiteren Unterstützern gehörten Lisa-Marie Nord für den Maskenbereich und die Bühnenbildner unter Leitung von Dominik Wulff. Sie bauten eine herrlich echt wirkende Mauerwand aus Draht und Pappmaché, eine Dorfstube, ein Königszimmer mit herrschaftlichen Stühlen, eine Schneiderei mit einer Tret-Nähmaschine und einen Wald mit vielen Tannen. Die technische Leitung hatten Tim Rosenberg und Jonathan Heßler. Besonders dankbar sind die Pastorin und ihr Team Daniel Krümmel von Krümmel Events, der kostenlos sein Equipment zur Verfügung stellte und Bild- und Tonregie übernahm, sowie Lukas Beier, Mediengestalter-Azubi für Bild und Ton.

Das Wintermärchen ist eine Produktion der Jugend- & Kulturkirche »marie« Einbeck in der evangelischen Jugend Leine-Solling.des