Statt dekoriert wird kernsaniert

»Patente« Aufführung des Baumarkt-Musicals »Hammerfrauen« in Einbeck

Ein besondere, witzige, temparamentvolle und erkenntnisreiche Ladies Night feierten die »Hammerfrauen« im gehassten wie geliebten Baumarkt.

Einbeck. »Wir müssen flicken, reparieren, tapezieren, kleben – der Baumarkt ist unser Leben«, schon das musikalisch temperamentvolle Opening stimmte die Zuschauer auf einen abwechslungsreichen Abend im Wilhelm-Bendow-Theater ein. Organisiert von Einbecker Kulturring gastierten die Berliner Wühlmäuse in Einbeck und präsentierten »Hammerfrauen – mehr als ein Baumarkt-Musical«.

Mit viel Charme, Witz, Sangeskunst und Ironie wurde das Stück von Robert Löhr, Michael Frowin und Benedikt Eichhorn aufgeführt. Nach Erfolgen in den vergangenen Jahren war Einbeck nach Amberg einen Tag vorher erst die zweite Station der neuen Tournee. Gekonnt boten die Akteure das energiegeladene Musical dar – in der Männer-Domäne Baumarkt, in dem die Ladies Night startete. Neben Wortwitz, Schauspielkunst und gelungenen Choreografien garnierte die Musik die Aufführung. Zu hören waren bekannte Lieder wie »Dancing Queen«, »Sex Machine« oder »Wer will fleißige Handwerker sehen«, Eigenkompositionen wie das sentimentale »Wie lässt man das los?«, gekonnt dargeboten von Isabell Varell, oder Adapitonen von »One« aus »A Chorus Line« und »Lied des Volkes« aus »Les Misérables«.

Julia (Anastasia Troska) und Marc (Christian Mierach) wollen heiraten. Er ist passionierter Heimwerker, eine heruntergekommene Mühle will er komplett sanieren. Statt Flitterwochen soll es Dübelwochen geben. Da der Baumarkt sein Leben ist, dort hat er auch Julia kennengelernt, möchte er am liebsten dort auch heiraten. Da dies nicht geht, lässt er einen Hochzeitstisch einrichten – unter anderem mit Zement, um die Beziehung für immer zu festigen.

Seine Verlobte meldet er zudem beim Handwerkerkurs für Frauen an. Julia ist schockiert, denn sie hat eine »Obiphobie«, sie hasst die Heimwerkerei. Marcs Liebe dazu ist ihr unverständlich, wie auch das Lesen von Schmuddellektüre (Baummarktkataloge) und das Schauen von schmutzigen »Filmen« wie »Einsatz in vier Wänden«. Beim Kennenlernen war sie nur zum Erwerb einer Klobürste in Baumarkt. Bisher hatte sie sich aber noch nicht getraut, ihre Abneigung für das Handwerken ihrem Verlobten zu beichten.

Beim abendlichen »Fliesenlegen«-Kurs mit dem patenten Enno (Dirk Hinzberg) und dem Testosteron strotzenden, aber zur Sentimentalität neigenden Patrick (Marco Billep) lernt sie drei weitere Mitstreiterinnen kennen: Die perfekt anmutende und spießige Cornelia (Caroline Beil), die ausbrechen möchte, die martialisch scheinende Yvonne (Isabell Varell), die einen Verlust kompensieren will, und die Party orientierte Kim (Eva Löser), die lieber zur Ladies Night in den Baumarkt als in Clubs geht, da es Sekt, »Finger Food« und »Sahneschnitten« dort günstiger gibt.

Je mehr Drinks die Damen intus haben, desto hemmungsloser agieren sie. Ihre eigenen Probleme, das Dilemma mit Männern und Julias Hochzeitspläne diskutieren sie immer offenherziger, gemäß der Mottos »jetzt wird nicht mehr dekoriert, jetzt wird kernsaniert« und »Heimwerkerei hat schon so manche Ehe ruiniert«.

Die Baumarktprofis Enno und Patrick, die sich sonst gern vor Kunden hinter Jalousien verstecken, verzweifeln immer mehr an den Damen. Statt zu fliesen, soll bei den Kursteilnehmerinnen nur der Sekt ordentlich fließen. Angeheitert gehen die sie auf die Barrikaden. Angelehnt an das »Lied des Volkes« aus »Les Misérables« starten sie eine Revolution, besetzen den Baumarkt und kidnappen Enno und Patrick.

Sonst der Traum jedes Mannes, eine »Nacht im Baumarkt«, wird diese von Frauen zur Selbstfindung genutzt. Zahlreiche Erkenntnisse gewinnen sie. Schließendlich gibt es ein neues Paar; Julia und Marc finden auch wieder zueinander samt eigens konzipierter Hochzeitszeremonie im Baumarkt.

Zum Ende sind alle in guter Stimmung: stimmlich und tänzerisch angelehnt an »One« aus »A Chorus Line« heißt es: »Eine Frau muss tun, was eine Frau tun muss – das ist ein guter Musical-Schluss.« Viel Beifall gab es für die gekonnte Aufführung von »Hammerfrauen« im Einbecker Wilhelm-Bendow-Theater.mru