Straßenausbaubeiträge sollen bleiben, über Höhe wird noch beraten

Deutliches Votum für Beibehaltung | Anpassung soll Anlieger entlasten

Eine volle Rathaushalle: Zwei Ausschüsse haben gemeinsam vor zahlreichen Zu­hörern getagt, als es ­einmal mehr um das Thema Straßenausbau­beiträge ging.

Einbeck. Viel diskutiert, zahlreiche Meinungen gehört, aber am Ende doch – noch – nicht zu einem Ergebnis gekommen: Ein erster Nachtrag zur Satzung der Stadt Einbeck über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen (Strabs) war Thema in der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Umwelt, Energie und Bau sowie für Finanzen und Rechnungsprüfung.

In großer Einigkeit – bei der Gegenstimme von Dietmar Bartels, Grüne, und Enthaltung von Dr. Reinhard Binder, FDP – haben sich die Ausschüsse zunächst dafür ausgesprochen, das bisherige System der Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen durch Straßenausbaubeiträge grundsätzlich beizubehalten. Die aktuelle Satzung soll gegebenenfalls angepasst werden.

Wie diese Anpassung erfolgen soll und welche Anteile zugrunde gelegt werden sollen, dazu gibt es noch Beratungsbedarf. Über die Satzung beziehungsweise ihre künftigen Auswirkungen wurde intensiv diskutiert. Es werde schwer fallen, auf Straßenausbaubeiträge zu verzichten, sagte Kämmerin Brigitte Hankel. Sie sei froh, dass das Land keine Abschaffung beschlossen habe, und sie warnte die Politik vor zu großen Geschenken an die Anlieger. Diese hätten durch einen Ausbau einen Vorteil, und dafür müsse man einen Ausgleich erheben. Ein Wegfall der Beiträge bedeutet den Ausfall einer Summe in sechsstelliger Höhe, für die sie keinen Deckungsvorschlag habe. Eine Finanzierung der Ausbaukosten aus Steuergeldern würde alle Bürger belasten.

Für die Bürgerinitiative Tiedexer Straße/Tiedexer Tor stellte Anja Linneweber fest, sie sehe mit Erschrecken, dass die Politik an der Satzung festhalte. Die Bürger dürften nicht für ­Projekte über einen Ausbau hinaus belastet werden, sie seien nicht dafür da, die Finanzierungslücken der Verwaltung zu schließen. »Warum halten Sie daran fest, den Bürgern so in die Tasche zu greifen und das Projekt Tiedexer Straße so durchzuziehen?«, fragte sie. Gesetze seien anzupassen und veränderbar. Und auch wenn die Politik diese Leier nicht mehr hören möge: Es handele sich hier nicht um einen normalen Straßenausbau, sondern um die Umsetzung eines touristischen Konzepts. Das zuzugeben, sei eine Sache der Ethik und Gerechtigkeit und des Blicks auf den Bürger. Ein Schandfleck, so hieß es aus dem Kreis der zahlreich erschienenen Zuhörer weiter, sei der Neustädter Kirchplatz, der nun endlich umgebaut werde – über Ausbaubeiträge von Bürgern finanziert, wobei die Verwaltung korrigierte, der Platz selbst sei nicht beitragsfähig, lediglich die Anlieger der angrenzenden Straßen würden beitragspflichtig. Viele Bundesländer beziehungsweise Kommunen hätten die Strabs schon abgeschafft und erkannt, was gerecht sei und was nicht. Welchen Vorteil der Bürger habe, müsse man in Frage stellen. Nicht beachtet seien bei den ohnehin veralteten Kostenaufstellungen, mit denen die Verwaltung arbeite, die Ausgaben für die Archäologie, beispielsweise bei der Suche nach den acht früheren Brunnen. Es seien die Bürger, die der Stadt ihr Gesicht geben würden, sie müsse man in den Häusern halten und so weiteren Leerstand vermeiden. Wenn die öffentlichen Kassen leer seien, dürfe man dieses Problem nicht auf dem Rücken der Bürger lösen. Das solle jetzt »keine Drohung« sein, so BI-Vertreter, »aber wir haben Bürgermeister- und Kommunalwahlen, und wir werden genau schauen, welche Projekte hier finanziert werden.«

Fachanwalt Dr. Christian von Waldthausen aus Hannover, der die Verwaltung bei diesem Thema berät, betonte, die Bedenken der Kämmerin seien rechtlich zutreffend. Es sei nicht zulässig, die Strabs abzuschaffen. Die Beiträge seien eine Mischfinanzierung, auch der Steuerhaushalt sei daran beteiligt. Beiträge, erläuterte er weiter, seien notwendig für die Nutzbarkeit der Grundstücke – er sehe nicht, dass das kein Vorteil sein solle. Während man bei Leitungsgebühren ganz selbstverständlich bereit sei, sie zu zahlen, werde das bei Straßen in Frage gestellt. Die Beiträge seien zudem, ergänzte Hankel, die einzigen Einnahmen, die eins zu eins für die konkreten Maßnahmen genutzt würden; bei allen anderen Einnahmen habe die Stadt Teile an den Landkreis oder ans Land abzugeben. Die Mehrheit der Schuldner könne die fälligen Gebühren zahlen – und tue es auch. Und keiner müsse, war sie sicher, sein Haus wegen der Beitragspflicht verkaufen. Als Kämmerin sei sie aber verpflichtet, darauf hinzuweisen, wo sich für die Stadt finanzielle Probleme ergeben würden.

Vertreter der Verwaltung betonten die Notwendigkeit der Sanierung: Die Straße befinde sich in desolatem Zustand; Borde, Gehwege und Platten seien beschädigt, und der Aufbau entspreche nicht mehr technischem Standard. Es seien immer nur Reparaturen durchgeführt worden, jetzt stehe ein grundhafter Ausbau an, zumal der Untergrund nicht mehr tragfähig sei für heutige Belastungen. Die bisherige Art der Instandsetzung reiche nicht mehr aus.
Sie bedauere, dass es keine Mehrheit gebe für die Abschaffung der Strabs, sagte Dr. Marion Villmar-Doebeling, FDP; das wäre grundsätzlich möglich als eine politische Willensentscheidung. Unangemessen finde sie den Hinweis aus der Verwaltung, die Bürger könnten sich das leisten. Ihrer Ansicht nach wäre es verantwortungslos, ohne Vorschlag der Gegenfinanzierung zu handeln, entgegnete Brigitte Hankel.

Der Beschlussvorschlag sah vor, dass für die Beitragsabrechnung ein beitragsfähiger Aufwand zugrunde gelegt wird, der prozentual beziffert wird. Entsprechendes gilt auch für die Berücksichtigung eventueller Zuschüsse. Mit beidem, so der Vorschlag von Albert Eggers, CDU, sollte man sich noch ein bisschen Zeit zur Beratung nehmen, bevor bei der Ratssitzung am 11. März darüber entschieden werde. Die Verwaltung sehe eine Satzung vor, die die Anlieger entlasten und den städtischen Anteil erhöhen würde, stellte Willi Teutsch, CDU, fest. Was auch immer er koste, ein Ausbau müsse bezahlt werden, betonte Marcus Seidel, SPD, und zwar immer von den Bürgern, entweder über Steuern oder über Beiträge. Das Landesgesetz eröffne aber die Möglichkeit, dass Zuschüsse nicht nur der öffentlichen Hand, sondern auch der Anliegerseite zugute kommen könnten.

Insgesamt habe man, zeigte Ausschussvorsitzender Frank-Dieter Pfefferkorn, Bürgerliste, auf, 16 Varianten, über die man entscheiden könne. Er sprach sich ebenfalls dafür aus, noch einmal in Ruhe darüber zu beraten. Berechnungsgrundlagen und prozentuale Faktoren sollten dann in einer kurzfristig anberaumten weiteren Sitzung geregelt werden. Diesem Vorschlag schloss sich der Ausschuss einstimmig an, bei Enthaltung von Dietmar Bartels.ek